Mal zuerst kurz den gesetzlichen Anspruch des Halbbruders aufdröseln:
- Gegenüber Deiner Mutter ist er nicht erbberechtigt, da er kein "leiblicher Abkömmling" ist.
- Gegenüber dem gemeinsamen Vater ist er erbberechtigt, weil ihr beide "leibliche Abkömmlinge" seid.
- Besteht ein Testament, in welchem er überhaupt nicht erwähnt ist oder nur den gesetzlichen Pflichtteil bekommen soll, dann ist der Pflichtteil 1/2 des ihm zustehenden Teils als wenn es kein Testament gäbe, also die gesetzliche Erbregelung gälte.
- Der Pflichtteil ist immer ein Anspruch auf (Bar)Geld gegenüber dem/den Erben
Variante 1: Vater stirbt zuerst
Das Erbe wird so verteilt wie im Testament festgelegt ist, also alles zuerst mal komplett an die Mutter. Von ihr kann der Halbbruder aber seinen Pflichtteil einfordern, und zwar als Bargeld im Wert 12,5% der kompletten Erbmasse (gesetzliche Erbregelung wäre 50% die Mutter, 25% für Dich und 25% für Halbbruder).
Variante 2: Mutter stirbt zuerst
Das Erbe wird so verteilt wie im Testament festgelegt ist, also alles zuerst mal komplett an den Vater. Der Halbbruder hat hier keinen Pflichtteilsanspruch.
Variante 3: Vater stirbt zuerst, anschliessend Mutter
Nach dem Tod der Mutter bist Du Schlusserbe und erbst den kompletten Nachlass. Der Halbbruder hat hier keinen Pflichtteilsanspruch gegen Dich, denn Du hast ja von Mutter geerbt, gegen die er keinen gesetzlichen Erbanspruch hat.
Variante 4: Mutter stirbt zuerst, anschliessend Vater
Nach dem Tod des Vaters bist Du Schlusserbe und erbst den kompletten Nachlass. Jetzt hat aber der Halbbruder einen Pflichtteilsanspruch gegen Dich, denn Du hast ja vom Vater geerbt, gegen den er ebenso einen gesetzlichen Erbanspruch hat. Er kann den Pflichtteil von Dir einfordern, und zwar als Bargeld im Wert von 25% (gesetzliche Erbregelung wäre 50% Du und 50% Halbbruder) aus dem kompletten Nachlasswert.
Um den Pflichtteil für den Halbbruder so niedrig wie möglich zu halten gibt es nur 1 Lösung, und zwar, auch die Erbmasse, aus welcher der Pflichtteil berechnet wird, so niedrig wie möglich zu halten. Das bedeutet, wenig Erbe zu hinterlassen, sondern es vorher selbst verbrauchen.
Auch zwischenzeitliche Schenkungen an Dich sind hier nicht unbedingt die Lösung, da es Fristen gibt, innerhalb von denen diese Schenkung ganz oder in Teilen der Erbmasse zugerechnet wird.
Merke: ein Berliner Testament ist nicht in allen Fällen eine sinnvolle Erbregelung, sondern verlagert lediglich potentielle Erbstreitigkeiten.
Und der Vollständigkeit halber abschliessend auch ein Hinweis an Dich: Du hast ebenfalls einen Pflichtteilsanspruch, sowohl gegen Vater als auch Mutter.