Steuerpflicht als Freiberufler mit Wohnsitz in Tschechien und Auftraggeber in Deutschland?

1 Antwort

Verlegst Du nur den Wohnsitz nach Tschechien, oder auch Deine Betriebsstätte?

Wenn Du Deine Arbeit zukünftig in Tschechien verrichtest, ist der Gewinn auch nur dort steuerpflichtig (also ab dem Jahr, das auf den Umzug folgt). Im Umzugsjahr ist es in Deutschland ein Fall der Wegzugbesteuerung und in Tschechien Zuzugbesteuerung).

§ 2 AStG gilt für Gewerbebetrieb, nicht für freien Beruf. Welche Tätigkeit übst Du denn genau aus?

§ 2 AStG:

(3) Eine Person hat im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 wesentliche wirtschaftliche Interessen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, wenn

  1. sie zu Beginn des Veranlagungszeitraums Unternehmer oder Mitunternehmer eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes belegenen Gewerbebetriebs ist
Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Zunächst vielen Dank für die schnelle Antwort.

Ich würde mich komplett aus Deutschland abmelden, d.h. sowohl Wohnsitz als auch Betriebsstätte, die identisch sind, da ich als IT-Architektin - beim hiesigen Finanzamt als Freiberuflerin gemeldet, nicht als Gewerbe - meine Leistung via Telearbeit in einem Arbeitszimmer erbringe. My home is my office.

In Deutschland habe ich - wenn die Umsetzung terminlich mit dem Umzug in diesem Jahr so klappt wie geplant - ab 01/2020 keine Ankünpfungspunkte mehr. Weder Wohnung (= Betriebsstätte), noch Eigentum, Mitgliedschaften, Anteile an irgendwelchen Gesellschaften etc.pp. Womöglich noch ein Girokonto, welches in Rücksprache mit der Bank (ING) auch mit Wohnsitz im Tschechien weitergeführt werden kann. Ansonsten nur die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit für das in Deutschland ansässige Unternehmen, das aber keine Anwesenheit vor Ort fordert.

Mich hatte die erweiterte beschränkte Steuerpflicht verunsichert, weil ich ja die 3 Merkmale erfüllen würde, wobei ich den Terminus "wirtschaftliche Interessen" nicht eindeutig verstehe. Und weil in manchen Blogs/Foren auf den Begriff Niedrigsteuerland verwiesen wird, z.B. "wenn du weitere Anknüpfungspunkte bzw. wirtschaftliche Interessen in Deutschland hast aber bspw. in ein Land ziehst wo du niedriger besteuert wirst, dann findet der deutsche Staat auch dort passende Anknüpfungspunkte. Denn dann werden die gewerblichen Gewinne nach wie vor in Deutschland versteuert."

Deshalb - und weil ich in diesem Portal schon oft hilfreiche, weil fachkundige Antworten gefunden habe - hatte ich die Frage gestellt. Ich habe das Angebot, in Tschechien eine (frei)berufliche Zukunft aufzubauen, müsste aber (zunächst) vorwiegend vor Ort sein. Angesichts fehlender Mittel für zwei Wohnsitze bzw. Zeit für ständiges Pendeln habe ich mich für das Land mit langfristig besseren Perspektiven entschieden - und die vorzeitige Klärung aller (steuer)rechtlichen und sonstigen Anforderungen, die durch den Wohnsitzwechsel auf mich zukommen.

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@kbaur

Da in der Frage ausdrücklich auf § 2 AStG verwiesen wurde, ging ich davon aus, dass ieser Bereich abgeprüft war.

Tschechien ist in dem Sinne ein Niederigsteuerland, richtig.

Aber auch im Kommentar schreibst Du ja selbst:

Denn dann werden die gewerblichen Gewinne nach wie vor in Deutschland versteuert."

Aber bei dir geht es nicht um gewerblich.

Wirtschaftliche Interessen ist übrigens ziemlich eindeutig in § 2 AStG definiert (siehe meine Antwort)

Unternehmer oder Mitunternehmer eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes belegenen Gewerbebetriebs ist



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@wfwbinder

Erneut vielen Dank.
Für mich als Laie ist es etwas schwer, in der Masse der Steuergesetze einen konzentrierten Blick für einzelne Begriffe zu behalten. Aber es wird langsam.

Um sicher zu gehen:
Als Freiberufler mit Wohnsitz/Arbeitsstätte in Tschechien werden Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit für in Deutschland ansässiges UN werden in Tschechien versteuert. Wenn das tschechische Finanzamt meine Tätigkeit als gewerblich einstuft, werden diese Einkünfte in Deutschland versteuert. Die Einstufung der Tätigkeit des deutschen Finanzamts als freiberuflich wäre dann irrelevant. Richtig?

Ich habe noch keine Kenntnis darüber, ob es in Tschechien ähnlich "fliessende Übergange" bei der Bewertung von Tätigkeiten im IT-Bereich gibt, möchte aber gerne auf mögliche Szenarien vorbereitet sein.

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@kbaur

Für das deutsche Finanzamt zählt die deutsche Betrachtungsweise.

Auch wenn es um Doppelbesteuerungsabkommen, oder Progressionsvorbehalt geht, werden die Beträge, die in Deutschland zu berücksichtigen sind, nach deutschem Recht ermittelt, also nicht die Werte aus dem Ausland übernommen.

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