Wann kommt eine Anzeige an?

3 Antworten

Es ist - wie sehr oft - zu trennen zwischen zivilrechtlichen und strafrechtlichen Konsequenzen deines Verhaltens. Und - wie leider auch sehr oft - wird in den bisherigen Antworten eine solche Trennung nicht klar vorgenommen. Das führt zu Missverständnissen und falschen Antworten.

Zum Strafrecht

Du hast offensichtlich eine Straftat begangen, nämlich Sachbeschädigung, § 303 StGB. Gegen dich wurden bzw. werden Ermittlungen geführt, du bist also Beschuldigter in einem Strafverfahren.

Zur Klarstellung: Dir wurde bestimmt nicht gesagt, dass du "eine Anzeige kriegst". Denn eine Anzeige ist die Mitteilung einer Person an die Ermittlungsbehörden, dass eine Straftat begangen worden sei. Diese Anzeige gegen dich wurde also schon vor der Vorladung erstattet - denn ansonsten wäre gegen dich (in der Regel) kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.

Was dir vielleicht gesagt wurde ist, dass du angeklagt werden wirst. Ob das allerdings wirklich so ist, ist fraglich.

Du wurdest also von der Polizei vorgeladen, bist erschienen und hast ausgesagt. Zur Info: Du hättest auf die Vorladung der Polizei hin weder erscheinen noch aussagen müssen. Jedenfalls liegt der Polizei nun deine Aussage vor und wohl auch die Aussage des Geschädigten, eventuell auch noch weitere Beweismittel.

Wie geht es jetzt weiter? Die Polizei wird ihre Ermittlungsergebnisse an die Staatsanwaltschaft weiterleiten (oder hat dies schon getan). Diese muss dann entscheiden, wie es mit dem Fall weitergeht. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten:

  • Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit, § 153 StPO
  • Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen, § 153a StPO
  • Beantragung eines Strafbefehls, §§ 407 ff. StPO
  • Erhebung der Anklage, § 170 Abs. 1 StPO

Die Konsequenzen der einzelnen Möglichkeiten wären die folgenden:

  • § 153 StPO: Das Verfahren ist für dich beendet; du kommst (strafrechtlich) ungeschoren davon. Du musst also weder eine "Strafe" zahlen noch sonst etwas tun.
  • § 153a StPO: Das Verfahren wird ohne Urteil beendet (du bist dann auch nicht vorbestraft). Allerdings musst du dazu die von der Staatsanwaltschaft gestellte Auflage erfüllen. Du musst diesem Verfahren allerdings zustimmen. Mögliche Auflagen können sein: Die Zahlung einer bestimmten Summe an den Staat oder eine gemeinnützige Einrichtung; die Verpflichtung, Schadensersatz an den Verletzten zu zahlen; gemeinnützige Arbeit.
  • Strafbefehl: Der Staatsanwalt beantragt ihn beim zuständigen Richter am Amtsgericht; dieser erlässt den Strafbefehl, wenn er nichts daran auszusetzen hat. Du bekommst dann Post vom Gericht, in der du aufgefordert wirst, die Strafe zu zahlen, die im Strafbefehl festgesetzt wurde. Entweder du zahlst - dann steht der Strafbefehl einem Urteil gegen dich gleich (was aber nicht bedeutet, dass du dann vorbestraft wärst; du darfst dich bei Geldstrafen bis 90 Tagessätzen als nicht vorbestraft bezeichnen) - oder du legst Einspruch gegen den Strafbefehl ein - dann kommt es zur mündlichen Gerichtsverhandlung.
  • Anklage: Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage. Du bekommst dann Post vom Gericht, in der dir die Anklage mitgeteilt und dir Gelegenheit gegeben wird, dich dazu zu äußern. Nach einer bestimmten Frist entscheidet das Gericht, ob die Anklage zugelassen wird, falls ja, kommt es zu einer mündlichen Hauptverhandlung - an deren Ende steht in der Regel ein Urteil (wenn das Verfahren nicht in der Hauptverhandlung noch nach den oben genannten Vorschriften eingestellt wird).

Das Ganze sieht etwas anders aus, falls du zum Zeitpunkt der Tat noch Jugendlicher oder Heranwachsender warst (also entweder unter 18 oder 18 bis 20 Jahre alt). Solltest du noch unter 18 gewesen sein, fällt in jedem Fall der Strafbefehl als Möglichkeit weg. Der Rest bleibt in etwa bestehen - allerdings kommen andere Sanktionen in Betracht. Vor allem gibt es im Jugendstrafrecht keine Geldstrafe (was aber nicht ausschließt, dass der Richter die Auflage oder Weisung erteilen kann, dem Opfer oder einer gemeinnützigen Einrichtung eine Summe zu zahlen).

Das Ganze kann jedenfalls auch länger als 6 Monate dauern. Es ist eine recht kleine Sache, und die Staatsanwaltschaften haben viel zu tun. Vor allem Sachen, in denen der Beschuldigte in Untersuchungshaft sitzt, gehen vor. Du wirst dich also vielleicht noch etwas gedulden müssen.

In jedem Fall wirst du informiert, wie die Sache weitergeht. Denn: Du wurdest als Beschuldigter vernommen, dann musst du auch informiert werden, wenn die Sache eingestellt wird. Solltest du angeklagt oder die Sache verbunden mit einer Auflage eingestellt werden, musst du ja schon logischerweise informiert werden. Du musst also bloß warten, auch wenn dir das schwerfällt.

Zum Zivilrecht

Im Zivilrecht geht es nicht darum, dass der Staat jemanden für sein Verhalten bestraft, sondern es geht um die Beziehungen zwischen den Privaten. Du hast das Eigentum eines anderen beschädigt oder zerstört und somit einen finanziellen Schaden angerichtet. Zivilrechtlich bist du dazu verpflichtet, diesen Schaden zu ersetzen. Die Anspruchsgrundlage, auf die der Geschädigte seinen Anspruch gegen dich gründet, ist § 823 BGB.

Du wirst also den Schaden, den du dem Eigentümer zugefügt hast, ersetzen müssen - allerdings nicht mehr. Hast du also beispielsweise eine Sache zerstört, deren damaliger Wert bei 100 Euro lag, so musst du 100 Euro zahlen. Hast du eine Wand bemalt und das Neustreichen der Wand oder das Entfernen des "Kunstwerks" kostet 500 Euro, so musst du diese 500 Euro zahlen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Die Zahlung von Schadensersatz kann (muss aber nicht) auch eine Auflage im Rahmen des Strafverfahrens sein. Sollte das Verfahren also gegen eine Auflage eingestellt werden, so kann diese Auflage auch darin bestehen, dass du deine ohnehin bestehende zivilrechtliche Verpflichtung erfüllst - diese Auflage wäre für dich ziemlich günstig, denn es ist keine wirkliche "Strafe", da du diese Summe sowieso zahlen müsstest.

Du musst ansonsten aber trennen zwischen der strafrechtlichen Sanktion und dem zivilrechtlichen Schadensersatz. Wenn du beispielsweise einen Schaden von 500 Euro angerichtet hast, so musst du diesen so oder so begleichen. Hinzu kommen kann dann aber eine strafrechtliche Sanktion, die mit der Begleichung des Schadens nichts zu tun hat, sondern einfach die vom Staat auferlegte Sanktion für dein verbotenes Verhalten darstellt.

JuraWissen  04.05.2017, 17:06

Eine so lange, verständliche, sehr kompetente Antwort ohne einen einzigen Fehler auf Gutefrage - heftig!

An den Fragesteller:  besser hätte dir auch ein Rechtsanwalt nicht auf deine Frage geantwortet.

Nur der hätte mindestens 15 € ( bei Beratungshilfe ) von dir dafür verlangt.

hilfeussdf9 
Fragesteller
 04.05.2017, 17:43
@JuraWissen

Vielen, vielen Dank für die Mühe !!!!

ja

die anzeige wird wohl fallengelassen, aber der schadensersatz kommt auf jeden fall

du hast ja etwas kaputt gemacht, das wird der fordern

hilfeussdf9 
Fragesteller
 04.05.2017, 16:21

Warum wird sie aber fallen gelassen hat der Typ sie zurück gezogen oder wurde es so von der Staatsanwaltschaft entschieden ?

MuratisstLamm  04.05.2017, 16:22
@hilfeussdf9

weiß ich nicht, vielleicht kommt es auch noch

sachbeschädigung ist nicht so die imba straftat, da geht es auch dem richter meist um regulierung des schadens nur

Wenn in den nächsten 6 Monaten keine Anklageschrift kommt, müsste es sich erledigt haben.

Allerdings sollte dann zumindest ein Brief von der Staatsanwaltschaft kommen, dass sich das Verfahren wegen Geringfügikeit nach 153 StPO erledigt hat.

Oder der Betroffene seinen Strafantrag zurückgenommen hat.

Wenn du schon bei der Polizei gewesen bist, ist bereits davor eine Anzeige gestellt worden. Nicht erst danach.

Sachbeschädigung nach 303 StGB ist ein relatives Antragsdelikt. Normal wird diese also nur auf Antrag des Betroffenen verfolgt.

Der Betroffene kann bis zu einer Anklageerhebung seinen Strafantrag jederzeit zurück nehmen. Dann ist die Sache erledigt.

Allerdings kann die Staatsanwaltschaft auch selbst ermitteln, wenn sie ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung sieht.

http://www.rodorf.de/03_stgb/02.htm

hilfeussdf9 
Fragesteller
 04.05.2017, 16:31

Aber bei der Vorladung haben die nichts von einer Anzeige gesagt erst da wo die Polizisten mir gesagt haben du kriegst ne Anzeige wegen dies und das und es kam auch keine Rechnung wegen der Beschädigung 

JuraWissen  04.05.2017, 16:38
@hilfeussdf9

Ohne Anzeige/Strafantrag gibt es in der Regel keine Polizei Vorladung.

Wegen der Rechnung hat man bis 31.12.2019 Zeit sie dir zuzuschicken. Erst dann verjährt die Sache nach 195 und 199 BGB .

Ein eventuelles Urteil kann die Verjährung aber hemmen. Wenn also das Urteil im August 2017 ergeht, würde die Forderung erst zum 31.12.2020 verjähren.

Geh bitte nie wieder als Beschuldigter zur Polizei.

https://www.anwalt.de/rechtstipps/pflicht-zum-erscheinen-bei-der-polizei-zur-zeugenaussage-was-tun-als-gefaehrdeter-zeuge\_069447.html

https://www.hok-online.de/service-und-tipps/faq-tipps/vorladung-durch-polizei/

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/\_\_195.html

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/\_\_199.html

hilfeussdf9 
Fragesteller
 04.05.2017, 16:44
@JuraWissen

Wenn ich da anrufen würde und fragen würde ob ich eine Anzeige habe würden die mir antworten? Oder wenn ich persönlich dahin fahre 

JuraWissen  04.05.2017, 16:52
@hilfeussdf9

Ja, geht.

Die brauchen aber mindestens die Polizei Vorgangsnummer ( steht in der Polizei Vorladung ), deinen Namen, deine Anschrift, sowie dein Geburtsdatum.

Wenn du dort persönlich hingehst, denke an deinen Personalausweis ( sofern schon vorhanden ) und das du die Polizei Vorladung mit nimmst.

Du kannst auch per Post anfragen. Da auch Name, Anschrift und Polizei Vorgangsnummer angeben.

Die Antwort per Post wird aber 1 - 4 Wochen brauchen.