Darf ich mich wehren bei nicht gerechtfertigter Polizeigewalt?

14 Antworten

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Hallo Rriiccoo11,

rein rechtlich gesehen darfst Du Dich auch gegen Polizisten wehren, die gegen Dich ungerechtfertigt Gewalt ausüben.

Auch gegen Polizeibeamte greift der folgende Paragraph:


§ 32 StGB - Notwehr

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.


Zudem kannst Du dann den Polizisten nach folgender Rechtsgrundlage anzeigen:


§ 340 StGB - Körperverletzung im Amt

(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die §§ 224 bis 229 gelten für Straftaten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.


Sollte der Polizist verurteilt werden, droht dem Polizisten neben der Strafe auch noch die Entlassung aus dem Dienst und der Verlust aller Pensionsansprüche.

Wir leben in einem Rechtsstaat, wo sich Polizisten auch nicht alles erlauben können.

Soviel zu der Theorie


In Der Praxis sieht es aber so aus, dass Polizisten unglaublich oft und zu Unrecht wegen Körperverletzung im Amt angezeigt werden und dass wissen auch die Staatsanwälte und natürlich auch die Richter.

Das führt dazu, dass es in 99 der Fälle erst gar nicht zu Anklage kommt in dem einem Prozent, wo es zu einer Gerichtsverhandlung kommt, erfolgt wiederum zu 90 Prozent zu einem Freispruch.

In der Regel wird da draus sogar ein Bumerang

In vielen Fällen wo Polizisten wegen Körperverletzung angezeigt werden, wird im Gegenzug eine Strafanzeige wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte nach folgender Rechtsgrundlage gestellt:


§ 113 StGB - Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte

(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet oder ihn dabei tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.


In dem Fall droht Dir dann eine Verurteilung obwohl Du Dich gerechtfertigt gegen den illegalen Angriff des Polizisten verteidigt hast.

Aber nochmal ganz klar, wir leben in einem Rechtsstaat und man braucht sich keine illegale Polizeigewalt gefallen lassen und man darf sich dagegen wehren

Aber nochmal als Hinweis:

In jedem Polizeigesetz des jeweiligen Bundeslandes gibt es Paragraphen, die die Anwendung körperlicher Gewalt gegen Personen die den polizeilichen Maßnahmen nicht nachkommen unter ganz bestimmten Voraussetzungen erlauben. Die Voraussetzungen liegen öfter vor als man denkt.

Ein Polizeibeamter muss einen nicht unendlich oft auffordern einer Polizeilichen Maßnahme folge zu leisten. Kommt man einer (wohl gemerkt gerechtfertigten) Aufforderung nicht nach, darf auch körperliche Gewalt gem. den Gesetzen des Polizeigesetzes, aber auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeit angewendet werden.

Schöne Grüße
TheGrow

Wenn es sich denn tatsächlich um eine rechtswidrige Maßnahme handelt, darf man sich selbst dagegen wehren, für andere die zu Hilfe kommen greift u.U. §34 StGB (Rechtfertigender Notstand).

Folgende Probleme treten hierbei allerdings auf:

  • von außen und ohne alle Details zu kennen, ist es i.d.R. nicht möglich, die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme zu beurteilen.

  • Wenn man sich gegen eine rechtmäßige Maßnahme zur Wehr setzt oder gar von außen störend in eine rechtmäßige Maßnahme eingreift, wird dies sicherlich im Polizeigewahrsam enden.

  • Wenn man sich gegen die Maßnahme wehrt, werden die Polizeibeamten wohl nicht ablassen, sondern die Maßnahme fortsetzen und die Situation eskaliert weiter. Wenn weitere Polizeibeamte hinzukommen, werden diese sicherlich ihre Kollegen unterstützen.

Wenn es Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Maßnahme gibt, sollte man dies im Nachhinein durch das zuständige Gericht prüfen lassen.

Im Zweifelsfall beuge dich lieber der Polizei und erkläre später in Ruhe, dass das Verhalten des Polizisten unangemessen war. Wenn man sich während einer Festnahme oder der von dir erläuterten Situation wehrt gerät die Situation schnell völlig außer Kontrolle und damit ist niemandem geholfen.

Du darfst alles, wo du meinst, du seist im Recht. Und hinterher entscheidet dann der Staatsanwalt, ob du Widerstand gegen die Polizei geleistet haben könntest und er dich anklagt bzw. ein Richter in einem Verfahren, ob du dann auch wirklich zurecht gehandelt hast oder verurteilt wirst :-o

So, wie du den Fall schilderst - wenn es sich um einen überforderten oder ausrastenden Polizisten handelt, könnte ein Verfahren vielleicht sogar zu deinen Gunsten ausfallen, sprich es würde im Idealfall eingestellt werden. Vorausgesetzt du hast Beweise, Zeugen, Filmaufnahmen, die deine Version belegen.

zuschlagen ist immer der falsche Weg (im zweifelsfall wird das gedreht und es heißt wiederstand gegen die Staatsgewalt...), wenn die Polizei etwas dergleichen dreisterweise machen sollte, ist es immer am besten Anzeige zu erstatten! Das wichtigste hierbei sind natürlich Zeugen aber die gibts normalerweise vor dem Club zur genüge allein schon weils eine Schlägerei gibt. auch zu beachten: um die Aussage eines Polizisten zu entkräften braucht es glaube ich 5 Zeugenaussagen!