Welche Möglichkeiten bleiben trotz gerichtlich gekippter Fristenregel in Mietvertrag von 1999 dennoch?


11.10.2021, 17:21

Bestehen realistische Chancen, über Verhandlungen doch noch die Renovierungskosten erstattet zu bekommen? bzw. kennt jemand den Usus bzw. die Rechtsprechung dazu?

Wenn ich dann noch erzähle, dass dieser Mieter als kleiner Junge mit seinen Eltern eingezogen war und seither alle überlebt hat - die Tapeten also noch von Anno Sonstwann stammen - bekomme ich vielleicht noch den Tipp, das Gesamtkunstwerk als Museum zu vermarkten ....!

8 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Eine Alternative wäre gewesen, eine Änderung des Mietvertrages zu verlangen und ggf. auf Zustimmung zu eine solchen Änderung zu klagen.

https://www.promietrecht.de/Prozess/Prozessarten/Zustimmungsstreit/Zustimmungsklage-Vermieter-Zustimmung-zu-Vertragsaenderung-E1679.htm

Der Link betrifft zwar nicht dein spezielles Problem, doch es gab in deinem Fall gerechtfertigte Gründe für ein solches Begehren.

Dadurch, dass sich die Rechtsprechung bzgl. Renovierungspflicht und Vertragsklauseln geändert hat, wäre es unbillig, dadurch ungültig gewordene Klauseln dauerhaft als Nachteil für Vermieter bestehen zu lassen. Angemessen wäre eine Zustimmung des Mieters zu einer dann rechtskonformen Klausel oder ersatzweise zu einer Mieterhöhung, welche die entstehenden Renovierungskosten abdeckt.

DIesen Schritt nicht zeitnah gegangen zu sein kann dir natürlich als Unterlassung vorgeworfen werden, für deren Folgen du dann selbst einstehen musst. Andererseit wäre es aber eher unwahrscheinlich, dass ein Gericht einer solchen Klage stattgegeben hätte, weil entgegen der überwiegend verbreiteten Meinung gar nicht der Mieterschutz im Vordergrund stand, sondern die hohen Kosten für so viele Sozialhilfe- und HartzIV-Empfänger, die auch einen Erstattungsanspruch für notwendige Renovierungskosten haben, weil solche Kosten nicht im Regelsatz enthalten sind.

Spielwiesen 
Fragesteller
 12.10.2021, 10:21

Hab vielen Dank für deine Antwort und die Beleuchtung der verflossenen Möglichkeiten - die meine Familie seinerzeit nie genutzt hätten: gegen den langjährigen Mieter prozessieren?? Nie im Leben!

Wenn dann, wie du sagst, die Maßgabe für die Rechtsprechung insgeheim ohnehin bloß in einer Kostenbeschränkung für die öffentliche Hand bestanden hätte, kann ich ja nur aufatmen, dass meine Mutter sich damals nicht für diesen Weg entschieden hat (auf den sie nebenbei auch niemand gebracht hätte).

So muss ich mal Charme und Verhandlungsgeschick versuchen...! ♤◇♧ Danke und Gruß!

Der Nachlassverwalter meines verstorbenen Mieters lehnte jetzt zum Vertragsende Schönheitsreparaturen ab, da im Mietvertrag von 1999 - wie damals gültig - starre Fristen genannt werden.

Zurecht. Derartige Klauseln sind nunmal ungültig - soweit sie in Formularmietverträgen standen. Privatrechtlich konnten und können VM und Mieter selbstverständlich völlig andere Regelungen vereinbaren.

hier findet mein Rechtsempfinden es unangemessen, für eine seinerzeit rechtskräftige Regelung nun gar nichts mehr vorzusehen.

Das mag sein, ist aber schlicht so. Risiko des Vermieters.

Immerhin hat der Mieter 22 Jahre keine Renovierung, nichts, NULL! machen lassen - und entsprechend museal sieht es auch aus.

Dafür genau hat der Mieter auch 22 Jahre Miete gezahlt. Der BGH hat ja nicht geurteilt, dass der Mieter grundsätzlich zu solchen Leistungen nicht verpflichtet werden könnte, sondern nur, dass starre Fristen unabhängig vom tatsächlichen Grad der Abnutzung den Mieter unangemessen benachteiligen.

Wäre es angebracht gewesen, den Mietvertrag gleich nach dem Richterspruch um eine Klausel mit flexiblen Renovierungsfristen zu ergänzen, damit überhaupt irgendwas noch Gültigkeit hat?

Das hätte der Mieter aber auch unterschreiben müssen - und warum hätte er das tun sollen? Ansonsten wäre es ebensowenig relevant wie die bereits als unzulässig beurteilten Fristenregelungen.

Davon abgesehen ist jede Wohnung nach 22 Jahren Mietdauer ohnehin generalsanierungsbedürftig - ELT Installationen prüfen und aktualisieren, Böden schleifen oder erneuern usw. usf. Inwiefern dich die Weigerung des Nachlassverwalters nun dadurch in Nachteil setzen soll, vermag ich daher nicht zu erkennen. Und ich würde sehr stark vermuten, dass es das zuständige Gericht ähnlich sehen würde.

Bestehen realistische Chancen, über Verhandlungen doch noch die Renovierungskosten erstattet zu bekommen?

Nein. Der Nachlassverwalter kennt die Rechtsprechung.

lutzd  11.10.2021, 22:47

Hallo

Ihre Ausführung stimmen so nicht.
natürlich sind die Klauseln unwirksam,

aber die Gerichte haben genauso entschieden das die Mietsache entsprechend in regelmäßigen abständen Renoviert werden muss.
davon ab wenn bei jeder Mietwohnung nach 20 Jahren eine Generalsanierung inklusive Elektrik gemacht werden müsste würde niemand mehr Wohnungen vermieten. Wäre ein negativ Geschäft. Ein Mieter ist grundsätzlich dazu verpflichtet die Mietsache in Ordnung zu halten. Das beinhaltet auch Renovierungen in Regelmäßigen abständen.

FordPrefect  12.10.2021, 06:31
@lutzd
Ihre Ausführung stimmen so nicht.

Doch, das ist sehr wohl der Fall.

natürlich sind die Klauseln unwirksam,

Und genau darum geht es ja.

aber die Gerichte haben genauso entschieden das die Mietsache entsprechend in regelmäßigen abständen Renoviert werden muss.

Nein. Es ist zwar korrekt, dass der Mieter die Mietsache in einem ordnungsgemäßen Zustand zu halten hat, aber daraus erwächst eben gerade *nicht* ein Anspruch auf regelmäßige Renovierung, sondern entsprechende Arbeiten sind je nach Falllage durchzuführen, sprich nach Bedarf.

Und da der Mieter hier verstorben ist, sind entsprechende Forderungen an den Nachlassverwalter chancenlos, denn dem VM bleibt dafür immer noch die Kaution - soweit Mängel an der Mietsache vorliegen.

davon ab wenn bei jeder Mietwohnung nach 20 Jahren eine Generalsanierung inklusive Elektrik gemacht werden müsste würde niemand mehr Wohnungen vermieten.

Quatsch. Nach mehr als 20 Jahren haben sich die gesetzlichen Normen und Bestimmungen erheblich weiterentwickelt, und es ist schon aus Vetsicherungsgründen dem Vermieter dringend anzuraten, den Bestand auf das aktuelle Niveau zu modernisieren - selbst dann, wenn das gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben wäre (Bestandsschutz). Wenn eine Wohnung in 20 Jahren nicht so viel Gewinn abgeworfen hat, dass sich das von selbst finanziert, dann stimmt schlicht die ganze Kalkulation vorne und hinten nicht.

bwhoch2  12.10.2021, 09:12
@lutzd
aber die Gerichte haben genauso entschieden das die Mietsache entsprechend in regelmäßigen abständen Renoviert werden muss.

Welche Gerichte, wo?

Zunächst einmal ist es lt. BGB so, dass Vermieter dafür zuständig sind, dass die Mietsache immer in dem Zustand ist, in dem sie vermietet wurde. Mit gültigen Klauseln zu Schönheitsreparaturen kann aber geregelt werden, dass die Verantwortung bei Wohnungen auf die Mieter übertragen wird.

Klauseln, die sich irgendwann als ungültig heraus stellen führen dazu, dass die Übertragung nicht stattgefunden hat und der Vermieter letztlich dafür zuständig ist, dass die Wohnung ständig in ordentlichem Zustand ist.

Somit stimmt dieser Satz nicht:

Ein Mieter ist grundsätzlich dazu verpflichtet die Mietsache in Ordnung zu halten. Das beinhaltet auch Renovierungen in Regelmäßigen abständen.
lutzd  20.10.2021, 20:30
@bwhoch2

Sind interessante Kommentare die sie hier geben. Was qualifiziert sie denn hierzu? Das die Kalkulation nicht stimmt das merken sie daran das die Mietpreise gerade durch die Decke gehen. Vielleicht mal die Urteile ganz durchlesen und nicht nur unlogische Kommentare geben. Es ist im Grunde so das eine Mietsache im Grundsatz in Ordnung gehalten werden muss. Das ist bei 20 Jahren nichts tun dann wohl nicht der Fall. Es gibt keine Farbe keinen Lack keinen Boden der nach 20 Jahren nicht völlig abgewohnt ist.
Ganz ernsthaft so Menschen die Ihre Meinungen vertreten ist es zu verdanken das die Mieten immer teurer werden.
Ein Vermieter stellt eine Wohnung zur Verfügung. Rechnen sie doch mal logisch. Wenn tatsächlich alle Wohnungen alle 20 Jahre vollsaniert nach neuestem Technisch machbarem saniert werden müssten. Das kann sich nicht rechnen. Woher ich das weiß. Ich habe einen Handwerksbetrieb und bin Vermieter. Ich gehöre zu der Kategorie die die Mieten nicht ständig erhöhen. Wenn es mehr Leute mit ihrer Einstellung gibt bin ich in Zukunft wohl dazu gezwungen auch ständig zu erhöhen. Eigentlich sollte das ein Miteinander sein.

bwhoch2  20.10.2021, 21:49
@lutzd

Ich vermute mal, Du meinst jetzt nicht nur mich, sondern auch oder vor allem den perfekten Ford, denn das mit der Kalkulation stammt von ihm.

Über seine Qualifikation weiß ich nichts, aber ich selbst bin auch Vermieter und weiß schon deswegen, weil ich mich immer gut informiere und viel praktische Erfahrung habe, recht gut Bescheid.

Wenn ein alter Mietvertrag ungültige Klauseln enthält oder wenn ein Vermieter nicht darauf achtet, dass sich Mieter an ihre vertraglichen Pflichten aus neueren Mietverträgen halten, machen viele Mieter schlicht nichts!

Für Farbe und Lack und Böden sehen sie allein den Vermieter in der Pflicht. Ist der Teppichboden nach 6 Jahren versifft, fragen sie den Vermieter, Parkett nach 10 Jahren total ramponiert -> Vermieter, Wände verdreckt? Vermieter! Da muss man als Vermieter natürlich dagegen halten und man kann schon viel erreichen, wenn man beizeiten auf Einhaltung der übertragenen Renovierungspflichten achtet. Wenn es dann so ausgeht, dass der Mieter zum letzten Mal die Wohnung waagrecht verlässt, kümmert sich erst recht keiner mehr und wo soll man sich dann noch hinwenden? Immer wieder ein heißes Thema.

Auch wir wollen die Mieten allenfalls moderat erhöhen und treffen fast immer auf Verständnis, wenn es mal wieder so weit ist. Wir haben mit den meisten Mietern in der Tat ein gutes Miteinander. Das musste aber auch erst mal erarbeitet werden. Von selbst kam das nicht und da gab es dann einige Mieterwechsel, bis es passte.

In der Tat ist es aber so, dass immer neue Gesetze und Vorschriften im Baubereich und eine Reihe mieterfreundlicher Urteile dazu geführt haben, dass man sehr auf der Hut sein muss, damit einem nicht die Kosten davon laufen, also irgendwann die Kalkulation nicht mehr aufgeht. 

Der Nachlassverwalter hat leider recht.

Mir ist bekannt, dass Gerichte gern zugunsten von Mietern urteilen

Glücklicherweise kann man das nicht so pauschal sehen.

aber hier findet mein Rechtsempfinden es unangemessen, für eine seinerzeit rechtskräftige Regelung nun gar nichts mehr vorzusehen. 

Da gebe ich Dir recht, aber diese Änderung in der Rechtsprechung ist nun auch schon mehr als 10 Jahre alt und als Vermieter hätte man dementsprechend auch schon mindestens so lange Zeit gehabt, darauf zu reagieren.

Immerhin hat der Mieter 22 Jahre keine Renovierung, nichts, NULL! machen lassen - und entsprechend museal sieht es auch aus.

Und mindestens 10 Jahre lang hat hier der Vermieter seine Pflichten versäumt und darf sich daher nicht wundern, wenn die Wohnung nun eher einem Museum gleicht.

Wäre es angebracht gewesen, den Mietvertrag gleich nach dem Richterspruch um eine Klausel mit flexiblen Renovierungsfristen zu ergänzen, damit überhaupt irgendwas noch Gültigkeit hat?

Das wäre nicht möglich gewesen, wenn der Mieter das einfach abgelehnt hätte.

Oder aber hätte man die Renovierungsfristen im Mietvertrag als privatrechtliche Absprache in die 'Besonderen Vereinbarungen' übernehmen sollen/müssen?

Auch eine solche nachträgliche Änderung des Mietvertrags hätte der Mieter ohne weiteres ablehnen können.

Die einzig richtige Reaktion wäre gewesen: Erhöhung der Miete immer dann, wenn es vom Markt her möglich ist und man feststellt, dass der Mieter immer noch nichts renoviert hat. Dann hätte man über die Jahre das Polster aufbauen können, das man jetzt braucht, um die Wohnung in einen aktuellen und weit besser vermietbaren Zustand zu bringen.

Konsequenz für die Zukunft: Wohnung immer unrenoviert vermieten. Gute Mieter machen dann selbst die Wände und alles schön und weil sie selbst investiert haben, achten sie auch darauf. Dauert ein Mietverhältnis länger, sollte man auf Einhaltung der nicht starren Fristen der neueren Mietverträge drängen. Nach ca. 7 Jahren sollte alles mal wieder aufgehübscht werden.

Spielwiesen 
Fragesteller
 12.10.2021, 10:29

Danke, das klingt sehr vernünftig!

Für alle gilt das aktuell geltende Wohnraummietrecht.

Starre Renovierungsklauseln sind mit der neuen Gesetzeslage ersatzlos hinfällig geworden.

Den Mieter freut´s, den Vermieter reut´s!

Wenn ich dann noch erzähle, dass dieser Mieter als kleiner Junge mit seinen Eltern eingezogen war und seither alle überlebt hat

Einer unserer Mieter hat vor ein paar Jahren nach über 40 Jahren Mietdauer das Zeitliche gesegnet. Allerdings hat er seine Wohnung immer peinlich akkurat gehalten. Nichtsdestotrotz haben wir natürlich die Neuvermietung zum Anlass genommen, eine Kernsanierung durchzuführen, was halt mal schnell eine mittlere fünfstellige Summe verschlungen hat (ELT neu, Gasleitungen neu, Bad/WC neu, Böden abschleifen, Stuckdecken sanieren usw.). Das ist eben Sache des Vermieters. Es ist ja auch sein eigenes Vermögen, in das er da investiert.

Spielwiesen 
Fragesteller
 11.10.2021, 17:32

Das, was wir ohnehin sanieren müssen, steht ja hier nicht zur Debatte. Es geht einzig um Renovierungskosten nach dieser langen Zeit. Ich will nichts Unangemessenes - nur so ist es einfach nicht angemessen.

FordPrefect  11.10.2021, 17:33
@Spielwiesen

Die gefühlte Nichtangemessenheit ist aber juristisch ohne Belang. Solche Übereinkünfte hätte man mit der betreffenden Mietpartei schließen müssen zu Lebzeiten. Jetzt ist der Zug sehr buchstäblich abgefahren.

schleudermaxe  11.10.2021, 17:36
@Spielwiesen

Die Malerei wird bei mir über die Miete geordnet, ich benötige eben alle 5 Jahre rd. 10.000 EUR und somit rd. 150 EUR obendrauf.

Wird auch in den MV von Haus- und Grund bei uns so vorgeschlagen.

Spielwiesen 
Fragesteller
 11.10.2021, 17:39
@schleudermaxe

Also haben Mieter bei dir weder am Vertragsanfang noch am Ende Renovierungsarbeiten zu machen? Oder hast du die Klausel trotzdem noch drin?

Bei Haus&Grund habe ich von dieser Empfehlung noch nie etwas gehört. Viell. sollte ich mal die Zeitschrift gründlicher lesen :-) ?

schleudermaxe  11.10.2021, 17:41
@Spielwiesen

Mit den Mehreinnahmen wird der Mietgegenstand natürlich frisch gemalert übernommen, sodass die zukünftigen Schönheitsreparaturen vom Mieter zu leisten sind.

Spielwiesen 
Fragesteller
 11.10.2021, 17:43
@schleudermaxe

Na so war es ja auch bei uns - und da wären wir wieder am Anfang: die künftigen Arbeiten sind vom Mieter zu leisten. Wären! Wenn .....

Mit anderen MIetern in einer neubauartig sanierten Wohnung läuft es ja auch so. Nur bei diesem Langzeitmieter ließ sich all das nicht umsetzen.

schleudermaxe  11.10.2021, 17:49
@Spielwiesen

Der neue Mieter spült mir aber rd. 150 EUR/Monat in die Kasse, denn auch ich bin lernwillig.

schleudermaxe  11.10.2021, 17:50
@Spielwiesen

Es gibt im MV von denen mehrere Möglichkeiten, ich wähle das Geld, sicher ist sicher.

Spielwiesen 
Fragesteller
 11.10.2021, 17:52
@schleudermaxe

Das ist in einer Großstadt im Ballungsraum, oder? Bei uns nicht denkbar - Haus von 1887, zwar schön, mit Charakter und toller Lage, aber nur etwas für Genießer!

schleudermaxe  11.10.2021, 17:54
@Spielwiesen

Und? Deine PLZ eingeben und gut ist. Für jedes Kaff gibt es sonne Liste.

Spielwiesen 
Fragesteller
 11.10.2021, 17:59
@schleudermaxe

Hättest du evtl. einen Link, in den ich die PLZ eingebe?

schleudermaxe  11.10.2021, 18:15
@Spielwiesen

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