Ist es erlaubt, wenn bei einem 40h Arbeitsvertrag 10h pro Woche mit dem Gehalt abgegolten werden?

4 Antworten

Ich nehme an, Du meinst eine Klausel, dass mit dem Entgelt für die vereinbarte Wochenarbeitszeit von 40 Stunden eventuell zu leistende 10 Überstunden in der Woche bereits abgegolten sein sollen.

Grundsätzlich sind solche Klauseln zur Pauschalabgeltung von Überstunden erlaubt.

Aber sie müssen in ihrer Formulierung und inhaltlichen Ausgestaltung bestimmten Kriterien entsprechen und dürfen den Arbeitnehmer nicht "unangemessen" benachteiligen; sie müssen also der AGB-Inhaltskontrolle (auch Arbeitsverträge gelten in der Regeln als AGB) nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch BGB § 307 "Inhaltskontrolle" standhalten können.

Ist das nicht der Fall, sind solche Klauseln insgesamt unwirksam.

Leider gibt es keine konkreten Vorgaben nach dem Gesetz oder aus der Rechtsprechung, die die Anzahl pauschal abgegoltener Überstunden bestimmen; sie liegt je nach Einzelfall bei 10 - 20 % der vereinbarten Stundenzahl.

Eine Bestimmung von 10 wöchentlichen Überstunden bei einer 40-Stunden-Woche dürfte also als unangemessen und die Klausel insgesamt damit als unwirksam angesehen werden, die Überstunden müssten dann nach dem BGB § 612 "Vergütung" bezahlt werden.

Es kommt also ganz auf die konkrete Formulierung der Klausel an; Du solltest sie darum hier einmal wörtlich zitieren.

Die oben genannten Voraussetzungen sind nur dann nicht anzuwenden, wenn das Einkommen des betroffenen Arbeitnehmers über der Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung liegt (seit dem 01.01.2017 West 6.350 €/mtl., Ost 5.700 €/mtl.).

Wegen des fehlenden Kündigungsschutzes in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses (sofern das Kündigungsschutzgesetz KSchG wegen der Betriebsgröße - mehr als grob umgerechnet 10 dauerhaft beschäftigte Vollzeitkräfte - überhaupt anwendbar ist) hast Du bei einem "bösmeinenden" Arbeitgeber allerdings kaum Chancen, Dein möglicherweise bestehendes Recht ohne Gefahr für Deine Arbeitsverhältnis durchzusetzen.

Allerdings kannst Du die Bezahlung der Überstunden - die von Dir unbedingt dokumentiert werden sollten - auch noch nachträglich (z.B. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses) einfordern, sofern die Forderung aufgrund von Ausschlussfristen nicht erloschen sind (arbeitsvertraglcihen mindestens 3 Monate, tarifvertraglich - was wohl irrelevant sein wird, weil hier kaum von einer Tarifanwendung auszugehen ist - mindestens 1 Monat). Ohne vereinbarte Ausschlussfristen gilt die gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren nach dem BGB § 195 "Regelmäßige Verjährungsfrist".

MeSoFail 
Fragesteller
 03.07.2017, 07:27

§ 4 Vergütung

1. Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit eine monatlich im Nachhinein zu zahlende Vergütung, die gesondert in der diesem Vertrag beigefügten Vergütungsregelung festgelegt wird.

2. Mit dieser Vergütung sind eventuell anfallende Mehrarbeitsstunden bis zu maximal 10 Stunden wöchentlich abgegolten.

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Ich habe eine Probezeit von 3 Monaten, und die Ausschlussfrist beträgt 3 Monate. Unter 6350€ monatlich verdiene ich definitiv.

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Was wäre denn ihr persönlicher Rat? Das ist nämlich mein erster Arbeitsvertrag und ich kenn mich noch nicht so gut aus.

Familiengerd  03.07.2017, 13:19
@MeSoFail

Die Klausel zur Pauschalvergütung ist zunächst einmal in soweit nicht zu beanstanden, als sie die wesentliche Voraussetzung erfüllt: dass der Arbeitnehmer nämlich weiß, "was auf ihn zukommt".

Unerheblich ist es dabei, dass aus der Formulierung nicht hervorgeht, ob es sich dabei um Mehrarbeit handelt, die vom Arbeitgeber angeordnet oder die freiwillig erbracht wurde.

Allenfalls die Menge von 10 pauschal abgegoltenen Mehrarbeitsstunden pro Woche könnte diskutiert werden, denn sie ist "relativ" hoch.

Hier kommt es auf die konkreten Umstände an, bei denen hier die Höhe des vereinbarten Entgelts zu beachten ist; denn die Anzahl der pauschal abgegoltenen Mehrarbeitsstunden muss nicht nur in einem angemessenen Verhältnis zur vereinbarten Arbeitszeit, sondern auch zum vereinbarten Entgelt stehen.

Es macht nämlich einen Unterschied, ob von einem Arbeitnehmer mit z.B. nur dem Mindestlohn 10 zusätzliche Wochenstunden bei vereinbarten 40 Wochenstunden nicht bezahlt werden (was sicher wegen unangemessener Benachteiligung nicht zulässig wäre) oder von einem Arbeitnehmer mit z.B. einem Einkommen nahe an der Beitragsbemessungsgrenze (ab der kein Anspruch mehr auf Mehrarbeitsvergütung besteht).

Eine "kleine, aber feine" Unterscheidung ist hier aber auch noch zu beachten, der die Angelegenheit weiter verkomplizieren und die Klausel wegen Unklarheit unwirksam machen könnte:

In der Klausel wird "Mehrarbeitsstunden" gesprochen, nicht von "Überstunden".

"Mehrarbeitsstunden" liegen aber nur vor, wenn die tarifliche oder gesetzliche Arbeitszeitgrenze überschritten wird, "Überstunden" dann, wenn die davon abweichende individuell vereinbarte geringere Arbeitszeit überschritten wird.

Man kann die Klausel jetzt dahingehend interpretieren, dass Überstunden nur dann nicht bezahlt werden, wenn sie gleichzeitig auch Mehrarbeitsstunden sind, damit also die gesetzliche Arbeitszeitgrenze von 8 Stunden werktäglich (48 Stunden wöchentlich) überschreiten, aber bezahlt werden müssen, so lange sie nur Überstunden sind, also unterhalb der gesetzlichen Arbeitszeitgrenze bleiben.

Hier wird es kompliziert; ob das - die Zahl der Mehrarbeitsstunden in Zusammenhang mit dem vereinbarten Entgelt und die Unklarheit bezüglich "Mehrarbeitsstunden" und "Überstunden" - tatsächlich Argumente gegen die Wirksamkeit dieser Klausel zur Pauschalabgeltung sind (oder sein können), wird Dir nur ein versierter Arbeitsrechtler sagen können.

Unabhängig davon:

Die Vereinbarung über die Pauschalabgeltung bedeutet nicht, dass Du damit gleichzeitig auch generell gezwungen bist, Überstunden/Mehrarbeit zu leisten, nur weil der Arbeitgeber es so will.

Zu einer solchen Anordnung bedarf es notwendigerweise eines dringenden betrieblichen Grundes, der Überstunden/Mehrarbeit erforderlich macht. Nebenbei: Überstunden müssen immer (von tatsächlichen Notfällen abgesehen) "rechtzeitig" angeordnet werden mit einer Vorlaufzeit von 4 Tagen, und der Arbeitgeber muss bei seiner Anordnung zwingend Deine persönlichen Belange berücksichtigen und mit den betrieblichen abwägen.

Zum Schluss:

Du solltest den Vertrag unterschreiben und beobachten, wie sich die Situation in der Probezeit (3 Monate) und der Zeit des fehlenden Kündigungsschutzes (6 Monate) entwickelt. 

Sollte es in dieser Zeit für Dich "unzumutbar" werden, könntest Du die Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber bezüglich dieser Bedingungen suchen; wenn es dann zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber käme, wäre wenigstens (mit Blick auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld) nicht Dir die "Schuld" anzulasten.

Geh mit dem Arbeitsvertrag zu einem Anwalt und lass den checken.

DerHans  02.07.2017, 19:32

Und was soll das bringen? Dann muss man eben anderswo arbeiten.

PhoenixXY  02.07.2017, 19:44
@DerHans

Sich beraten lassen ist ja wohl nicht schädlich.

DerHans  03.07.2017, 14:24
@PhoenixXY

Dann rät der Anwalt, sich einen anderen Job zu suchen. Also den Vertrag nicht zu unterschreiben. Dann schreibt er seine Rechnung.

So einen Vertrag würde ich nicht unterschreiben. Das wären 40 Std. im Monat.

Die Frage ist, ob solche ein Passus nicht schon von vorne herein ungültig ist.

MeSoFail 
Fragesteller
 02.07.2017, 18:40

Eben, das ist soweit ich das verstehe eh nicht zulässig, aber meine Option ist arbeitslos oder den Vertrag vielleicht noch drehen, damit das passt :|

DerHans  02.07.2017, 19:31

In Deutschland gilt freies Vertragsrecht. Insbesondere für leitende Mitarbeiter.

Niemand wird in diesen Job hinein gezwungen.

Familiengerd  02.07.2017, 23:34
@DerHans

In Deutschland gilt freies Vertragsrecht.

Das heißt aber noch lange nicht, dass damit Beschränkungen durch Gesetze oder durch Richterrecht aufgehoben wären!!!

DerHans  03.07.2017, 14:22
@Familiengerd

Bei einem Angestelltenvertrag kann ohne weiteres eine gewisse Anzahl Überstunden mit dem Gehalt abgegolten werden. Dabei sind 10 Stunden wöchentlich natürlich grenzwertig.

Aber noch mal. es wird ja niemand in ein solches Vertragsverhältnis gezwungen.

Als leidender Angestellter hast du einen Einzelvertrag.

Wenn dir diese Klausel nicht gefällt, musst du dir eine andere Stelle suchen.

Du wirst ja nicht gezwungen, das zu unterschreiben.

PhoenixXY  02.07.2017, 19:43

"...Ich bin kein leitender Angestellter ..."

MeSoFail 
Fragesteller
 02.07.2017, 20:24
@PhoenixXY

Ein leidender wäre ich aber ;)