Ist eine wöchentliche Arbeitszeit von 50-60 Std. im Sommer und 40-45 im Winter im Arbeitsvertrag zulässig?

3 Antworten

Selbst wenn man von beiden Arbeitszeiten jeweils das Mittel (55 bzw. 42,5 Wochenstunden) nimmt und den Durchschnitt berechnet, kommt Du auf eine (leichte: 8,12) Überschreitung der erlaubten regelmäßigen Höchstarbeitszeit . was zwar streng juristisch unerlaubt wäre, in der Praxis aber eventuell tolerabel (in diesem Zusammenhang sei der Hinweis erlaubt, dass bei Ärzten - mit ihrer viel gravierenderen Verantwortung gegenüber Patienten - es der Gesetzgeber viel großzügiger handhabt!).

Ob das für Dich selbst tolerabel ist, musst Du alleine beurteilen.

Eindeutig und nicht zu diskutieren ist dagegen die Unwirksamkeit der Überstundeklausel.

Eine Klausel dieser Art, die nicht den genauen (und der Gesamtarbeitszeit sowie dem vereinbarten Entgelt angemessenen) Umfang der pauschal abgegoltenen Über-/Mehrarbeitsstunden beziffert, ist grundsätzlich unwirksam - auch wenn Du sie "zehnmal" unterschreibst.

Da in Deinem Fall die wöchentliche Arbeitszeit in einem gewissen Rahmen "variabel" ist, würden Überstunden erst ab der oberen Arbeitszeitgrenze beginnen (also nach 60 bzw. 45 Stunden); Mehrarbeitsstunden - von denen in dieser Klausel die Rede ist - beginnen aber erst mit Überschreiten der gesetzlich zulässigen Normalarbeitszeit von 48 Stunden - d.h. dass der Arbeitgeber in Deinem Fall die Mehrarbeit im Sommer (also Überschreitung von mindestens 2 - 12 Stunden und alle Stunden, die noch darüber hinaus gehen würden) nicht hätte bezahlen wollen.

Da aber diese Klausel wegen ihrer Unbestimmheit ohnehin unwirksam ist, muss er auch alle über 60 bzw. 45 Stunden anfallende Arbeitszeit bezahlen.

bausilein 
Fragesteller
 05.09.2016, 08:39

Nur damit ich das richtig verstehe: der AG müsste Überstunden lt. diesem Vertrag (für den Fall das er die Mehrarbeitsklausel streicht) erst ab der 61. bzw. 46. Wochenstunde bezahlen, oder schon ab Überschreitung der gesetzl. zulässigen Normalarbeitszeit?

Familiengerd  05.09.2016, 13:26
@bausilein

Nach dieser Klausel (wenn sie denn wirksam wäre) würde der Arbeitgeber die Stunden, die über die gesetzliche Regelarbeitszeit von täglich 8 Stunden/48 Wochenstunden hinaus gehen (in Deinem Fall im Sommer mit 50-60 Wochenstunden wären das dann 2-12 Wochenstunden), nicht bezahlen wollen.

Im Winter würden Mehrarbeitsstunden erst anfangen, wenn Du Deine individuelle Arbeitszeit durch Überstunden verlängerst bis zum Erreichen der gesetzlichen Arbeitszeitgrenze von 48 Stunden; bei 40-45 Wochenstunden würden Dir also - immer streng nach der Formulierung dieser Klausel - nur 8-3 zusätzliche geleistete Überstunden entgolten, die 49. Stunde also schon nicht mehr.

Da aber die Klausel insgesamt unwirksam/nichtig ist, muss der Arbeitgeber alle über Deine vereinbarte Arbeitszeit hinaus gehenden Stunden zusätzlich bezahlen, also alles, was über 60 (im Sommer) bzw. 45 (im Winter) Wochenstunden hinaus geht.

Nach §3 des Arbeitszeitgesetzes beträgt die Tägliche Arbeitszeit max. 8h, 10h sind möglich, wenn im Durchschnitt eines halben Jahres die Arbeitszeit täglich nicht mehr als 8h beträgt. (z.B. mittels Gleitzeitregelungen). ich bezweifle das man bei einer 60h Woche im mittel auf einen 8h Tag kommt.

Die sogenannten Überstunden, also ab nehr als 10h täglich sind in §14 des Arbeitszeitgesetzes geregelt. Diese sind nur zulässig wenn "aussergewöhnliche Fälle" eintreten. Dies kann insbesondere sein wenn: Rohstoffe oder Lebensmittel zu verderben, oder Arbeitsergebnisse zu misslingen drohen. (§14 Abs. 1 ArbZG)

Ferner sind sind Ausergewöhnliche Fälle wenn: "

1.
wenn eine verhältnismäßig geringe Zahl von Arbeitnehmern vorübergehend mit Arbeiten beschäftigt wird, deren Nichterledigung das Ergebnis der Arbeiten gefährden oder einen unverhältnismäßigen Schaden zur Folge haben würden,
2.
bei Forschung und Lehre, bei unaufschiebbaren Vor- und Abschlußarbeiten sowie bei unaufschiebbaren Arbeiten zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen oder zur Behandlung und Pflege von Tieren an einzelnen Tagen,

wenn dem Arbeitgeber andere Vorkehrungen nicht zugemutet werden können." (§14 Abs. 2 ArbZG).

Selbst wenn der Arbeitgeber solche "Außergewöhnlichen Fälle" (ugs. Überstunden) anordnet, darf die Wochenarbeitszeit im Durchschnitt eines halben Jahres 48h nicht überschreiten (§14 Abs. 3 ArbZG). Eine Regelung von 60h in der Woche in der Sommerzeit erachte ich daher als Rechtswidrig.

Die Klausel " sämtliche anfallende Mehrarbeitsstunden sind mit dem Gehalt abgegolten" ist nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichtes unwirksam (Az.: 5 AZR 765/10).

Somit ist nach §612 Abs. 1 BGB die Mehrarbeit entsprechend zu vergüten.

Um es kurz zu fassen: Das ist nicht zulässig, ich würde den Vertrag nicht so unterschreiben.

Du darfst nicht mehr als 10h am Tag, und das auch nur in der Ausnahme arbeiten. Des weiteren, sollte über einen längeren Zeitraum mal 10h gearbeitet werden, muss das danach auch wieder ausgeglichen werden über einen längeren Zeitraum und da ist eine 40-45 Std Woche noch immer zu viel.

Erst recht bei einem Bürojob! Das ist ja praktisch als ob sie dir von vornerein sagen, dass du dauernd unbezahlte Überstunden machen musst.

Such dir einen anderen AG.