Darf ein Lehrer seine politische Haltung kundtun?

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ja das Verhalte ist legitim, was nicht bedeutet dass es auch gut und vorbildlich ist. Ein Lehrer muss nicht neutral in seiner Person sein, jede Lehrerin und jeder Lehrer hat ein Recht darauf, sich zu positionieren. Stichwort (falls es dich interessiert): Beutelsbacher Konsens. Die Neutralität gebietet lediglich, dass man Schülerinnen und Schüler nicht nach politischen Einstellungen bewerten oder behandeln darf, er ist also zu Neutralität euch gegenüber verpflichtet, er darf niemanden bevorzugen oder benachteiligen oder die politische Gesinnung in die Note einfließen lassen.

Ich selbst verachte die AfD auch in ihrer jetzigen Form ( - angehender Politiklehrer - ) da sie massiv anti-demokratisch eingestellt ist und - wie neuerdings die Bertelsmann-Stiftung sogar empirisch zeigt - eine Sammelstelle für Extremisten und Populisten ist. Toll finde ich es natürlich trotzdem nicht, wie der Lehrer hier handelt, aber es ist sein gutes Recht und auch der Vergleich mit der NSDAP ist zwar sehr kritisch, jedoch auf faktischem Fundament. Dagegen kannst du nicht vorgehen, da keine Regelverletzung vorliegt, lediglich könntet ihr das Gespräch mit ihm suchen und darum bitten, er möge Kommentare gegenüber einzelnen Parteien unterlassen. Fraglich, ob das was bringt. Ihr könntet aber auch über eure Klassenlehrer*innen Kontakt aufnehmen. Allerdings sind eure Mittel auf das Bitten beschränkt, er kann darauf eingehen, muss es aber nicht.

Einen Einfluss auf Schüler*innen kann man schwer messen, die direkte Beeinflussung ist natürlich strengstens untersagt (siehe nochmals: Beutelsbacher Konsens), allerdings würdet ihr da faktisch wenig Erfolg haben, denn wenn nur die bloße Aussprache einer Meinung als Beeinflussung gelten würde, dürfte kein Mensch mehr Lehrer oder Lehrerin werden, dann müsste man Kinder von Maschinen unterrichten lassen.

Zusammengefasst: ihr könnt über verschiedene Kanäle versuchen, darüber zu sprechen, ihn bitten, dies zu unterlassen, eine Verletzung irgendwelcher Regeln oder Gesetze liegt aber nicht vor.

Zum Schluss ein Gedankenanstoß: der Beutelsbacher Konsens gibt ebenfalls vor, man müsse der Kontroverse der Gesellschaft gerecht werden. Sprich: was gesellschaftlich kontrovers diskutiert wird muss auch im Unterricht kontrovers dargestellt werden. Somit könnte man argumentieren, ein Politiklehrer (was jetzt in diesem Fall nur bedingt zutrifft, sofern der Herr nicht auch Politik unterrichtet gilt der Beutelsbacher Konsens nicht für ihn, da dieser spezifisch für den Politikunterricht erstellt wurde soweit ich das noch im Gedächtnis habe...) MUSS die AfD kritisch und kontrovers behandeln, denn auch in der Gesellschaft ist sie sehr umstritten!

So gern ich dem Lehrer inhaltlich zustimmen möchte - während des Unterrichts darf er das auf keinen Fall.

Es wäre selbst dann kritisch, wenn das Thema "Parteien in Deutschland und ihre Haltung zum Nationalsozialismus" explizit Unterrichtsthema wäre.

Ich würde empfehlen, das zunächst mit dem Vertrauenslehrer zu besprechen.

guitarbassman  01.02.2021, 14:08

da muss ich widersprechen, er darf das absolut. Siehe GG und Beutelsbacher Konsens.

 z.B. meinte er, dass die AfD-Politiker und Wähler den 9. November nicht als Feiertag wegen dem Fall der Mauer feiern würden, sondern am liebsten wegen dem Putschversuch Hitlers.

Wenn das mal ein Witz wäre, der Verdacht liegt durchaus nah

https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/region-und-hessen/afd-in-hessen-will-den-9-november-als-gedenk-und-feiertag-sehen-16979093.html

Auch sagte er, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er Verfassungsschutz die Partei beobachtet und bis wieder ein Skandal passiert.

Und was stimmt daran nicht? Soll der Lehrer lügen?

 Ich weiß zwar nicht, wie ernst man diese Aussagen nehmen darf und wie weit die Meinungsfreiheit als Lehrer geht, jedoch finde ich, dass sein Verhalten eine gewisse Beeinflussung auf die Schüler hat. Ein Lehrer sollte neutral bleiben!
Deswegen frage ich; ist dieses Verhalten als Lehrer noch legitim? 

Auch ein Lehrer darf seine Meinung äußern, aber im Unterricht gibt es natürlich Grenzen. Das ist so aber schwer zu beurteilen.

Wenn nicht, könnte ich irgendwie dagegen vor gehen?

Das hat(te) die AfD eine prima Lösung:

https://www.welt.de/debatte/kommentare/article182070516/Denunzierung-Der-AfD-Internetpranger-hat-nur-ein-Ziel-Lehrer-einschuechtern.html

Und bewies damit das dein Lehrer wahrscheinlich gar nicht so falsch liegt.

Inhaltlich darf er zu politischen Themen und Ereignissen Stellung nehmen. Allerdings darf er nicht die Parteien an sich als gut oder schlecht bezeichnen. Deinen Ausführungen nach hat er letzteres nicht getan, somit dürfte sein Verhalten in Ordnung sein. Bei extremistischen Parteien ist es sogar ein Stück weit die Aufgabe des Lehrers, auf ihre Radikalität hinzuweisen.

Was der Lehrer euch erklärt, sind keine Witze, sondern Fakten und die darf er euch selbstverständlich erzählen! Sein Auftrag ist es, euch im Sinne von unserer demokratischen Verfassung zu unterrichten und dazu gehört, euch Fakten über die AfD näherzubringen. Fakten sind neutral und haben nichts mit seiner politischen Haltung zu tun.

Ein Lehrer ist nicht nur Lehrer, sondern nebenbei auch noch "normaler" Bürger bzw. Privatperson. Deshalb darf er selbstverständlich auch seine persönliche Meinung äußern. Er hat dasselbe Recht auf freie Meinungsäußerung wie jeder andere Bürger.

Allerdings sollte er im Schulunterricht darauf hinweisen, wenn er seine persönliche Meinung kundtut.