Auslandsstudium (Medizin) abbrechen? Was dann?
Hallo,
ich möchte anonym bleiben und verwende daher diesen Account einer guten Bekannten. Ich habe mich letztes Jahr für ein Auslandsstudium (Medizin) in Rumänien entschieden. Medizin wählte ich, da ich in anderen Bereichen aufgrund meiner Herkunft keine Chance sehe. Zunächst war das für mich eine billige Möglichkeit trotz eines schlechten Abiturs Medizin zu studieren, da mir ursprünglich ein Studium nicht mehr wert war. Inzwischen musste ich aber die Erfahrung machen, dass diese Universität nicht einmal ansatzweise mit westeuropäischen Universitäten vergleichbar ist. Nach einem Jahr bin ich aufgrund der Studienbedingungen psychisch am Ende und überlege, das Studium hinzuwerfen, da ein Transfer aufgrund des Platzmangels (und weiteren Gründen) unmöglich ist.
Für meine Uni sind wir Studenten wandelnde Euroscheine und wir, besonders die "reichen" Deutschen, werden behandelt wie Abschaum. Fairness gibt es nicht. Als meine Uni erfuhr, dass ich mich um einen Wechsel bemühe, fiel ich durch alle noch ausstehenden Prüfungen mit einer Note durch, die nicht einmal im rumänischen System existiert, obwohl ich vorher einer der besten Studenten war. Prüfungseinsicht wurde mir verwehrt. Für jede Nachprüfung musste ich 200€ zahlen. Das Abiturzeugnis, das wir zu Beginn des Studiums abgeben mussten, wird mir nicht mehr herausgegeben. Mein Transkript erhielt ich erst Ende August, da offiziell einige Profs meine Noten monatelang nicht eingetragen haben. Und das sind nur ein paar knappe Beispiele. Das Problem ist bekannt und ich wurde von anderen Studenten vorgewarnt, aber ich wollte es nicht glauben. Nun belastet mich diese Situation so sehr, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich ein weiteres Jahr bzw. alle restlichen an dieser Universität durchstehe.
Eine Alternative habe ich (noch) nicht. Ursprünglich wollte ich Jura studieren, aber ich traue mich das aufgrund der hohen Durchfallquoten und den schlechten Berufsaussichten nicht, zumal mir auch die nötigen Kontakte fehlen. In allen anderen Bereichen sieht es auch so aus :/
Mein direktes Umfeld kann mich nicht wirklich beraten. Sie alle mussten sich durchbeißen und hatten nie wirklich eine Wahl. Ich bin aber vermutlich zu sensibel.
Daher hoffe ich hier guten Rat zu finden :)
2 Antworten
Also, es kommt jetzt drauf an was dir liegt: Wenn du dich für Jura interessierst kannst du dich vielleicht für ein duales Studium bei einer Behörde erwärmen (ich bin beim Finanzamt und das ist Jura non stop).
Gäbe es vielleicht eine Möglichkeit gegen die Uni zu klagen? Abizeugnisse etc. werd ich aber wahrscheinlich auch nicht wiederbekommen,a ber du kannst dir ja beglaubigte Kopien anfertigen alssen, insofern ist das nicht ganz so schlimm
Kommst du dieses Jahr noch mal nach Deutschland? Dann würde ich dir raten, zur Studienberatung des ASTA und vielleicht eines Fachbereichs (Medizin als Erstes) zu gehen und dich nach Alternativen umzuhören. Andere Fächer mit ähnlichen Inhalten. Alternative Ausbildungswege.
Ich weiß von einem Arzt, der jetzt ca. Anfang 50 ist, dass er vor dem Studium eine Ausbildung als Krankenpfleger machte und ein paar Jahre in dem Beruf arbeitete und noch eine Zusatzausbildung als Homöopath (kann man drüber streiten). Diese Zeit wurde ihm meines Wissens als Wartesemester angerechnet, so dass er nach dieser Zeit sein Medizinstudium begann und heute als Landarzt tätig ist. Möglicherweise gibt es ja ähnliche Wege für dich.
Von Medizin auf Jura würde ich nur gehen, wenn dich Jura wirklich irgendwie interessiert. Soweit ich das sehe - hatte mal Kontakt mit einem Anwalt und kenne jemanden, der ein paar Semester Jura studiert hat - ist das ziemlich langweilig, sowohl das Studium (Fleißarbeit, besonders im Lesen/ Textverständnis/ Formulieren) als auch insbesondere im Beruf. Nach meiner Einschätzung ist Anwalt einer der Berufe, die man sich immer interessant vorstellt, die dann aber doch sehr, sehr langweilig sind.
Auf der anderen Seite gibt es rund um die Medizin auch viele gefragte Ausbildungsberufe. Ich würde bei der Studienberatung fragen, ob einer davon sich erst mal lohnen würde. Wenn nicht, hast du wenigstens eine Ausbildung, wenn doch, hast du schon etwas Paxis. Ich denke da an MTA, PTA, BTA - also entweder etwas im Labor oder auch teilweise hinter dem Empfangstisch, aber verbunden mit medizinischem (oder Labor-) Wissen.
Du kannst auch einen Freund zu Studienberatung mitnehmen. Wenn du die Flucht nach vorn antrittst, sagst, dass das Abi schlecht ausgefallen ist, du aber großes Interesse an Medizin hast, dürftest du bei den meisten Beratern auf freundliche Resonanz stoßen. Es geht ja auch erst mal um eine reine Information. Was ist wie möglich? Mehr sollen sie dir ja nicht sagen. Natürlihc dürfen sie sagen, "bei Ihren Abinoten schaffen sie das Studium vielleicht nicht oder nur mühsam" - das ist aber deren private Meinung. Es gibt Menschen, die sehr gut in der Schule waren und im Studium versagen und umgekehrt, die sehr schlecht in der Schule waren und im Studium erst richtig aufblühlen. Wenn du einen guten Freund/ Freundin mitnimmst, wird man dich möglicherweise erst mal komisch anschauen, aber meist trotzdem beraten. Die meisten Zimmer dieser Dozenten/ Sachbearbeiter (je nachdem) haben schon zwei Besucherstühle. Ich war übrigen mal bei einer Studienberatung, musste recht lange warten und konnte mir dann ansehen, wie andere sich kurzentschlossen ihr Studienfach aus einer Liste zulassungsfreier Fächer aussuchen - also, hm, was studiere ich denn mal? Oh, Geschichte - und prompt immatrikuliert! Das war nicht nur eine Person, sondern mehrere, unter anderem Fachwechsler! Wenn die Studienberatung auch solche Leute zu sehen bekommt, wird sie bei dir und deinem ernsthaften Interesse eher nichts Fieses sagen!
Danke für deine ausführliche Antwort. Ich bin momentan noch in Deutschland, aber ich traue mich kaum zu einer Studienberatung, da ich mich wirklich schäme. Auch musste ich damit schlechte Erfahrungen machen.
Jura interessiert mich. Ich liebe "trockene" Theorie und Gedankenspiele und hasse alles Praktische. Mich interessieren mich v.a. die Möglichkeiten der Unternehmensberatungen, da in diesem Bereich nichts eindeutig ist. An den Tätigkeiten eines Richters oder Staatsanwaltes bin ich nicht interessiert, an den Aufgaben eines "normalen" Anwaltes nur bedingt. Viel mehr interessieren mich auch die Hintergründe, die hinter jedem Prozess stecken, also warum eine Person so gehandelt hat, die andere aber anders. Und mit diesen Dingen werde ich nach einem Jurastudium eher weniger zu tun haben.
Eine Ausbildung kommt für mich nicht in Frage. Das ist nicht mit meiner Persönlichkeit und meinen Fähigkeiten kompatibel und ich würde maßlos scheitern. Auch hätte ich dann keinen Anspruch mehr auf finanzielle Unterstützung. Leider wurden/werden die Wartesemester abgeschafft. Somit werde ich nie eine Chance auf einen Studienplatz in Deutschland haben.