Ausbildung Verspätung Strafe Rechtens?

13 Antworten

Ob die Regelung rechtens ist bezweifle ich. Allerdings sehe ich das Problem nicht. Wenn du pünktlich kommst, musst du auch keine Überstunden machen. Und pünktlich zu kommen, ist wirklich das Mindeste, was man von einem Azubi verlangen kann.

Eigentlich solltest du sogar froh sein, dass eine derartige Erziehungsmaßnahme bei dir gewählt wurde und du stattdessen nicht abgemahnt wurdest und die Kündigung bekommen hast.

Familiengerd  13.02.2019, 14:10
Ob die Regelung rechtens ist bezweifle ich.

Darum geht es bei der Frage und nicht um die - fraglos vorhandenen - Pflichtverletzungen des Auszubildenden!

Sie ist übrigens eindeutig nicht rechtens!

Ich beschränke mich auf Deine Frage und enthalte mich einer Bewertung Deines häufigen Fehlverhaltens (denn darum geht es nicht bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der "Strafen"):

Meine Frage ist jetzt ob dies Rechtens ist oder nicht und wenn bitte ich um eine Quellenangabe.

Schlicht und einfach: Nein!

Der Arbeitgeber kann nicht einseitig eine Betriebsbuße bestimmen - auch nicht dann, wenn der Arbeitnehmer/der Auszubildende eine entsprechende Vereinbarung unterschreibt.

Betriebsbußen - die genau das zu bestrafende Fehlverhalten beschreiben und eine angemessene Strafe formulieren müssen - können nur aufgrund einer Regelung in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung verhängt werden: sie setzen also einen anzuwendenden Tarifvertrag mit einer entsprechenden Regelung voraus oder einen Betriebsrat im Betrieb, der mit dem Arbeitgeber eine entsprechende Betriebsvereinbarung schließt.

So heißt es im Leitsatz eines Urteils des Bundesarbeitsgerichts BAG vom 17.10.1989, Az.: 1 ABR 100/88:

Betriebsbußen können nur aufgrund einer zwischen den Betriebspartnern vereinbarten Betriebsbußenordnung und nur für Verstöße gegen die Regeln über das Ordnungsverhalten verhängt werden.

Das Gericht nennt auch die Mittel, die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen:

Auf Verstöße des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten kann der Arbeitgeber mit individual-rechtlichen Mitteln, einer Abmahnung, einer Versetzung, einer Kündigung oder einer vereinbarten Vertragsstrafe [Anmerk. von mir: Vertragsstrafen sind in Ausbildungsverhältnissen generell unzulässig] reagieren.

(Quelle: https://www.hensche.de/Arbeitsrecht_Urteile_Betriebsbusse_Mitbestimmung_des_Betriebsrats_BAG_1ABR100_88.html )

Dein Arbeitgeber hat also nicht das Recht, Dich dadurch zu "bestrafen", dass er Dich über das Ausmaß der Verspätung hinaus ohne Entgelt nacharbeiten lässt!

SgtAkira 
Fragesteller
 13.02.2019, 15:34

Vielen Dank für die ausführliche Antwort.

Familiengerd  13.02.2019, 16:09
@SgtAkira

Gerne geschehen.

Nachtrag:

Du kannst den Ausgleich von unberechtigt nicht bezahlten Stunden (sofern Du sie und ihren Geldwert nachweisen/beziffern kannst) gegebenenfalls auch noch nachträglich einfordern, auch nachdem das Ausbildungsverhältnis regulär oder vorzeitig beendet wurde.

Dafür sind aber Fristen zu beachten:

Entweder gibt es vertraglich vereinbarte kurze Ausschlussfristen (einzelvertraglich mindestens 3 Monate, tarifvertraglich mindestens 1 Monat, meist 3 Monate), nach deren Verstreichen ab Fälligkeit der Forderung diese verfallen ist, oder es gilt (ohne vereinbarte Ausschlussfristen) die gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch BGB § 195 "Regelmäßige Verjährungsfrist" - für Forderungen aus 2018 also bis zum 31.12.2021, aus 2019 bis zum 31.12.2022).

Lehrjahre sind keine Herrenjahre....

So oft zu spät kommen geht gar nicht.... Und die Regelung hat Dir wohl geholfen, Du schreibst, es hat sich gebessert.

In 20 Jahren bist Du dankbar für diese Regelung.

Familiengerd  13.02.2019, 14:02

Auch wenn Lehrjahre keine Herrenjahre sind (ein dämlicher Spruch!):

Das berechtigt den Arbeitgeber absolut nicht zu diesen Maßnahmen!

Maxxxxxxxi  13.02.2019, 21:07
@Familiengerd

Stimmt. Ich finde die Sanktionen ja auch unpassend. Aber mal ehrlich, das macht der Arbeitgeber wohl nicht nur deshalb. Andererseits wenn es nur paar Minuten sind, und der Fragesteller sonst ein Musterschüler ist, wäre das völlig übertrieben.....Die ganzen Umstände zu kennen wäre gut, bevor wir urteilen. 🙂

Familiengerd  13.02.2019, 22:08
@Maxxxxxxxi

Die Maßnahmen des Arbeitgebers sind schlicht und einfach rechtswidrig, und um diese Maßnahmen geht es bei der Frage.

Zweifellos sind dem Fragesteller Pflichtverletzung vorzuwerfen, die sind hier aber nicht Thema und spielen für die Einschätzung der Rechtswidrigkeit auch keine Rolle.

Für diese Beurteilung braucht man auch keine weiteren Umstände zu kennen.

Deine vertragliche Arbeitszeit steht im Ausbildungsvertrag. Nur wenige Minuten zuspät kommen, rechtfertigt keine unbezahlte Nacharbeit von einer oder zwei Stunden. Bei 2 Stunden dürfte u. a. eine Verletzung des Arbeitszeitgesetzes vorliegen, wenn du deine Stunden überschreitest.

Man kann dich nicht zwingen, etwas zu unterschreiben. Du unterschreibst nicht und gut ist. Der Ausbildungsbetrieb kann zwar erzieherische Maßnahmen ergreifen, aber diese sollte schon in Relation stehen. Bei deiner zu prüfenden Kammer gibt es Ansprechpartner für Probleme im der Ausbildung. Frage dort einfach nach.

Außerdem solltest du dich fragen: Was ist so schwer daran, pünktlich zu erscheinen? Der Ausbildungsbetrieb hätte dich abmahnen können oder vor Ablauf der Probezeit kündigen können. Er muss sich auf dich verlassen können. Im Arbeitsleben sieht sich dein Chef das einmal an, dann kannst du dir die Kündigung abholen.

ZuumZuum  13.02.2019, 09:34

Warum nur sehen das alle als einen Vertrag? Ich kann als Arbeitgeber meine Mitarbeiter, auch Auszubildende, zu einem Personalgespräch einladen. Dort werden dann Mängel besprochen, Vorschläge zum Ausgleich oder Beseitigung gemacht, das ganze protokolliert und von beiden unterzeichnet. Das hat nichts mit Sanktionen oder Bereicherung des Arbeitgebers zu tun.

Appelmus  13.02.2019, 09:38
@ZuumZuum

Wenn aufgrund von Minuten die Arbeitszeit um eine bis zwei Stunden unentgeltlich verlängert wird, der Azubi zur Unterzeichnung gezwungen wird usw. sehe ich da beim besten Willen kein positives "wir besprechen die Mängel und finden eine Lösung"-Gespräch.

Wenn der Ausbildungsbetrieb merkt, dass er damit vor allem auch nicht weit kommt, sollte er seine Maßnahme überdenken.

ZuumZuum  13.02.2019, 09:46
@Appelmus

Das er zu der Unterschrift gezwungen wurde, oder sich hat zwingen lassen, ist leider sein persönliches Problem. Mich würde niemand, auch nicht unter Androhung des Verlustes des Arbeitsplatzes, zu einer Unterschrift auf irgendein Dokument zwingen, das ich nicht unterschreiben will, und das Zwangsmaßnahmen beinhaltet. Das würde den Starftatbestand der Nötigung erfüllen.
Genausowenig braucht er aber auch ein Protokoll eines Personalgespräches nicht zu unterschreiben. Allerdings erweckt das dann den Eindruck als sei das Gespräch einseitig und zur Unzufriedenheit eines der Partner verlaufen. Ein solches Gespräch soll ja für beide positiv verlaufen. Das signalisert ein jeder mit seiner Unterschrift, denn auch der Chef muss sich dann an die darin enthaltenen Grundzüge halten.
Nur so mancher Mitarbeiter verkennt den Sinn eines solchen Zusammentreffens.

Familiengerd  13.02.2019, 14:09
Man kann dich nicht zwingen, etwas zu unterschreiben.

Auch die Unterschrift unter eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Auszubildenden zu solchen "Strafen" ändert nichts daran, dass eine solche Vereinbarung nichtig ist und solche "Strafen" rechtswidrig sind.

Hi,

ich habe leider keine Quellenangabe, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass es nach Deutschem Recht legal ist. Mehrere Stunden unbezahlter Arbeit als Strafe für wenige Minuten zu spät kommen? Lachhaft!

Ich sehe allerdings nur 2 Möglichkeiten:

  • Augen zu und durch
  • Neue Stelle suchen

Natürlich kannst du einen Anwalt zu Rate ziehen, aber wenn mal einmal gegen den Arbeitgeber klagt, ist die Stelle sowieso durch... Nicht das es Gründe gibt zu klagen und man es dann auch tun sollte. Man muss sich nur im klaren sein, dass es danach kein angenehmes Arbeiten mehr gibt und eine Übernahme nach der Ausbildung auch kaum

LuckyJack1986  13.02.2019, 09:22

Was zählt denn bei euch als zu spät kommen?

SgtAkira 
Fragesteller
 13.02.2019, 09:24
@LuckyJack1986

1 sek sind 15min zu spät

LuckyJack1986  13.02.2019, 11:13
@SgtAkira

Das finde ich fragwürdig... Ausserdem dann gleich solch drakonische Strafen.

Auch wenn regelmässiges zu spät kommen schon nicht in Ordnung ist