Gibt es in der Schule ein Briefgeheimnis?

2 Antworten

§202 StGB definiert den Straftatbestand der Verletzung des Briefgeheimnisses, das durch Erwähnung in Art. 10 GG einen besonderes schützenswerten Rang einnimmt.

Wer unbefugt
1. einen verschlossenen Brief oder ein anderes verschlossenes Schriftstück, die nicht zu seiner Kenntnis bestimmt sind, öffnet oder
2. sich vom Inhalt eines solchen Schriftstücks ohne Öffnung des Verschlusses unter Anwendung technischer Mittel Kenntnis verschafft,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 206 mit Strafe bedroht ist.

§206 StGB bezieht sich auf das Post- und Fernmeldegeheimnis, das hier nicht anwendbar ist.

Wenn im Unterricht also ein Schüler einem anderen Schüler eine Nachricht übermittelt, ist davon auszugehen, dass in Abwesenheit sonstiger Kennzeichnungen diese sich auf den Unterricht bezieht, denn einen akuten Anlass oder eine Erlaubnissituation für eine persönliche, vertrauliche Nachricht innerhalb des Unterrichts zwischen Schülern gibt es nicht. Also kann ein Lehrer diese Nachricht öffnen und lesen, denn die Befugnis ist durch die Rolle von Lehrern im Unterricht gegeben.

Wäre der Umschlag mit etwas wie "vertraulich, persönliche Informationen, nur für den Empfänger bestimmt" gekennzeichnet, so befindet man sich zwar ggf. in einem Graubereich, was das Öffnen des Umschlags anbelangt (wobei aber die Verantwortung des Lehrers für die Klasse als überwiegendes Rechtsgut anzusehen ist), aber die Beschlagnahme des Umschlags durch den Lehrer zur späteren Vernichtung wäre dennoch problemlos möglich. Da es bei solchen "Nachrichten" auch um Mobbing oder gezielte Bloßstellungen handeln kann, dürfte das Schutzinteresse der anderen Schüler gegenüber der Vertraulichkeit der Kommunikation überwiegen. Dies wäre im Einzelfall zu betrachten.

Die Preisgabe der im Brief enthaltenen Informationen, die ggf. persönlich sind, z.B. durch Vorlesen vor allen anderen Schülern, wäre eine Datenschutzverletzung. Die Kenntnisnahme durch den Lehrer als Verantwortlichen für den Ablauf der Unterrichtsstunde wäre dies noch nicht. Würde in dem Brief eine Straftat zugegeben oder die Planung einer solcher angekündigt, so wäre es im Rahmen der Fürsorgepflicht des Lehrers für die Schüler ebenso problemlos möglich, den Inhalt bzw. die problematischen Teile davon anderern Lehrern, der Schulleitung oder der Polizei gegenüber offenzulegen, um Schaden von Dritten abzuwenden.

Die Lehre daraus: wirklich vertrauliche Nachrichten teilt man idealerweise nur in den Pausen oder außerhalb des Unterrichts mit.

Weiß ich nicht aber meine Lehrerin hat es schon gemacht.