Wie wirkt sich ein Tatbestandsirrtum beim Diebstahl aus?

4 Antworten

Nach meinem Rechtsverständnis müssen hier zwei Dinge unterschieden werden.

Du schreibst:

Wenn der A dem B drei Goldketten klaut

Damit sind die Voraussetzungen für den Straftatbestand Diebstahl nach § 242 StGB erfüllt.

§ 242 Diebstahl

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

https://dejure.org/gesetze/StGB/242.html

Du schreibst:

Der Dieb dabei denkt, es handelt sich um drei echte Goldketten, in Wahrheit sind es aber zwei echte und ein Imitat (Wert 10€)....

Der Wert der Beute bezieht sich auf den Schadenersatz und ist somit in erster Linie zivilrechtlich relevant.

Bei der Strafzumessung spielt sicher die Schwere der Tat eine entscheidende Rolle.

Als einfacher Diebstahl gelten Tatbestände, die weder dem Einbruch noch der Beraubung zugeordnet werden können.

Beispiel: (A) hat die 3 Ketten im Badezimmer von (B) gesehen und eingesteckt.

Auf einen Tatbestandsirrtum kann (A) sich nicht berufen, wenn das Diebesgut nicht dem erhofften Wert des Diebes entspricht.

Der Tatbestandsirrtum (lateinisch ignorantia facti), auch Tatumstandsirrtum, ist eine der im Strafrecht auftretenden Irrtumsformen. Er ist auf der Ebene des strafrechtlichen Tatbestandes angesiedelt. Die rechtliche Behandlung seiner Erscheinungsformen wird vorwiegend gegenüber dem Verbotsirrtum abgegrenzt.

Ein Tatbestandsirrtum liegt beispielsweise vor, wenn jemand aus dem Gasthaus einen fremden Regenschirm aus dem Schirmständer mitnimmt, weil dieser dem eigenen zum Verwechseln gleicht. Nach den objektiven Straftatbestandsmerkmalen des § 242 StGB liegen damit die Voraussetzungen für einen vollendeten Diebstahl vor, denn der Täter hat eine fremde bewegliche Sache weggenommen. Subjektiv glaubte er aber, dass der Schirm ihm gehörte, er also nicht fremd sei.

https://de.wikipedia.org/wiki/Tatbestandsirrtum

Du schreibst:

Oder sollte ich besser die echten Ketten einzeln anprüfen und bejahen, und das Imitat auch einzeln und dann wegen Geringwertigkeitsgrenze aus § 248a verneinen?

Strafrechtlich handelt es sich um nur eine Straftat - nämlich um Diebstahl.

Es wird der Wert jeder einzelnen Kette bestimmt um die Höhe des Schadenersatzes festlegen zu können. Diesen müsste (B) ggf. zivilrechtlich einklagen.

Meine persönliche Meinung ist:

  • (A) hat sich des Diebstahls nach § 242 StGB schuldig gemacht.
  • Ein Tatbestandsirrtum liegt nicht vor.

Ich bin zwar kein Jurist, aber Diebstahl ist Diebstahl und wird nicht weniger strafbar, wenn das gestohlene Gut sich nachträglich als wertlos herausstellt.

Ich studiere zwar (noch) nicht Jura, allerdings lautet die Definition des unbeachtlichen error in persona/objectp, dass es sich hierbei um einen unbeachtlichen Motivirrtum handelt, sofern es um eine rechtliche Gleichwertigkeit geht. Also keine wirtschaftliche Gleichwertigkeit. Meines Erachtens geht es nicht um den preislichen Wert, sondern schlussendlich um den Diebstahl, der ausgeführt worden ist. Somit müsstest du nicht einzeln vorgehen.

Also wie gesagt, das ist nur meine Meinung. Und ich studiere noch kein Jura.

besseranonym 
Fragesteller
 25.03.2021, 15:46

Das klingt aber sehr einleuchtend! Vielen Dank! Bestimmt wirst du sehr gut im Studium!:)

Dieser Irrtum hat keine Auswirkung, da der Diebstahl der Ketten eine Handlung ist und nicht bzgl. der einzelnen Diebesgüter unterschieden wird.

Auch wird keine Schwelle durch diese falsche Kette unterschritten, aus der sich eine Änderung ergeben würde.