Wie verhält es sich mit Zahlungserinnerungen, wenn der Kunde nur einen Teilbetrag der Rechnung überwiesen hat?

4 Antworten

Da wir nicht wissen um welche Arbeiten es sich handelte, können wir schwerlich antworten. Er ist ja im Prinzip zahlungswillig, gab es einen Kostenvoranschlag oder Kostenrahmen? Wieviel % der Arbeit waren mit den 60 Std, erledigt?


HeidiPhoto 
Fragesteller
 22.09.2015, 15:59

Ursprünglich handelte es sich um einen Auftrag (Produktfotografien mit Abtretung aller Nutzungsrechte an den Kunden) von rund 10 Arbeitsstunden wozu ich ihm einen Kostenvoranschlag gesetzt hatte.

Letztendlich nahm der Auftrag dann allerdings gänzlich andere Ausmaße an (ich hatte mehrmals darauf hingewiesen), woran zum guten Teil der Kunde selbst Schuld war, da ich teils doppelte Arbeit durch sein Verschulden (alles im E-Mail-Verkehr gesichert) hatte, wobei ich wie gesagt zuletzt bei dem Stand von 60 Arbeitsstunden (75%) Zwischenbericht erstattet hatte, und letztendlich beim entgültigen Rechnungsbetrag über die 80 Arbeitsstunden der Stundensatz unter dem des Kostenvoranschlages über 10 Arbeitsstunden liegt.

Vielen Dank schonmal für die Antwort!

FordPrefect  22.09.2015, 16:47
@HeidiPhoto

da ich teils doppelte Arbeit durch sein Verschulden (alles im E-Mail-Verkehr gesichert) hatte

E-Mail hat diesbezüglich i.d.R.fast keine Beweiskraft. Genau deswegen sendet man solche Dokumente als Fax oder Brief. Vermutung: Gericht wird einen Teilbetrag anerkennen (z.B. 30 Stunden) und den Rest fallenlassen; beide Seiten tragen je Ihre Anwaltskosten.

Erstmal zum Mahnablauf:

Die Zahlungsfrist muss bereits bei Auftragserteilung wirksam vereinbart werden, sonst ist eine Fristsetzung auf der Rechnung wirkungslos und es gelten die gesetzlichen 30 Tage. Sinnvoll und wirksam wäre dann eine Erinnerung nach 20 Tagen mit 10 Tagen Frist, um Verzug auszulösen

Die Zahlungserinnerung ist bereits die erste Mahnung - egal wie du sie nennst.

Der kann man eine 2. Mahnung nachschieben und dann einen Mahnbescheid beantragen.

In diesem Fall wäre eine Erinnerung unnütz, da der Kunde ja die Zahlung nicht vergessen hat, sondern ablehnt.

Du solltest ihm schreiben, dass du auf der vollständigen Bezahlung bestehst und bei Nichtzahlung bis zum .... das gerichtliche Mahnverfahren auslöst.

Wenn er einen Gutachter beauftragen will, darf er das gerne tun. Ich hoffe dein Stundensatz wurde nachweisbar vertraglich vereinbart.

HeidiPhoto 
Fragesteller
 22.09.2015, 15:55

Ursprünglich handelte es sich um einen Auftrag von rund 10 Arbeitsstunden wozu ich ihm einen Kostenvoranschlag gesetzt hatte.

Letztendlich nahm der Auftrag dann allerdings gänzlich andere Ausmaße an (ich hatte mehrmals darauf hingewiesen), woran zum guten Teil der Kunde selbst Schuld war, da ich teils doppelte Arbeit durch sein Verschulden (alles im E-Mail-Verkehr gesichert) hatte, wobei ich wie gesagt zuletzt bei dem Stand von 60 Arbeitsstunden Zwischenbericht erstattet hatte, und letztendlich beim entgültigen Rechnungsbetrag über die 80 Arbeitsstunden der Stundensatz unter dem des Kostenvoranschlages über 10 Arbeitsstunden liegt.

Vielen Dank für deine Informationen zum Thema Zahlungsfrist und Mahnung, lieber Georg!

vierfarbeimer  22.09.2015, 16:05
@HeidiPhoto

Eine Mahnprozedur kannst du dir hier sparen. Zudem sind Mahnprozeduren mit 1. und 2. Mahnung usw. obsolet. Der Kunde hat ja deutlich gemacht, dass er deine Forderungen in dem genannten Umfang nicht akzeptiert. Wenn er dir klar mitteilt, dass er deine Rechnung für überzogen hält, kannst du ihm sofort eine gerichtliches Mahnverfahren oder ein privates Inkassoverfahren androhen und dann nach einigen Tagen einleiten, was natürlich immer suboptimal ist, denn es bedeutet Stress, Aufwand und Ärger für beide Seiten. Es ist allerdings ein Weg den du bestreiten musst, wenn ihr euch nicht einigen könnt.

Allerdings bist du in der Darlegung deiner Kostenrechnung und der Kostenentwicklung nicht sehr präzise, weswegen mich diese anstehenden Unstimmigkeiten nicht verwundern.

Georg63  22.09.2015, 16:10
@vierfarbeimer

Eine Mahnung mit Frist (Datum) ist nötig, um Verzug auszulösen.

Ein Inkassobüro zu beauftragen wäre völliger Blödsinn. Da lacht ein informierter Schuldner nur drüber.

Gerichtlicher Mahnbescheid und falls dem widersprochen wird Klage.

kevin1905  22.09.2015, 16:28
@vierfarbeimer

Der Kunde hat ja deutlich gemacht, dass er deine Forderungen in dem genannten Umfang nicht akzeptiert.

Eben und deshalb

ein privates Inkassoverfahren androhen

wäre eine strafbare Nötigung (§ 240 StGB). Eine widersprochene Forderung darf nicht an Inkassobüros weitergegeben werden und diese dürfen auch keine betreiben. Den Grund hast du selbst geliefert.

FordPrefect  22.09.2015, 16:44

Wozu mahnen, wenn der Kunde die Forderung bestreitet? MB, dann Klage, fertig.

da er diese als unrealistisch ansieht

Hast du im Vorfeld nicht besprochen wie du abrechnest und was es kostet? Wenn doch hat er die Kosten akzeptiert. Pacta sunt servanda.

Zahlungserinnerung über den noch ausstehenden Restbetrag? Wenn ja, welche Frist bis zur ersten Mahnung? 7 Tage?

Eine Zahlungserinnerung ist nur ein Euphemismus für eine Mahnung. 7 Tage (genaues Datum nennen!) sind angemessen. Bei Verstreichen gerichtliche Schritte ankündigen.

Welchen Chancen denkt ihr hat er durch die Befragung eines Gutachters?

Ein Gutachter entscheidet nicht über die Rechtmäßigkeit einer Forderung. Er gibt nur seine (Experten)meinung zum Thema ab. Entscheidungsfinder ist ein Gericht.

HeidiPhoto 
Fragesteller
 23.09.2015, 10:50

Tausend Dank für die hilfreiche Antwort, Kevin! Mal sehen wohin das noch führt..

ein Kunde ist nicht bereit den von mir in Rechnung gestellten Betrag über die geleisteten 80 Arbeitsstunden vollständig zu begleichen, da er diese als unrealistisch ansieht.

Hier ist entscheidend die Frage, welche Vertragsgrundlagen bestanden. Grundsätzlich bleibt hier nur der Weg der Zahlungsklage, wahlweise nach gerichtlichem Mahnverfahren (was aber wegen der strittigen Forderungshöhe vermutlich witzlos ist).

In der Rechnung hatte ich ihm eine Zahlungsfrist von 14 Tagen gesetzt.

Die Zahlungsfrist muss bei Auftragserteilung genannt werden, sonst wird sie nicht rechtswirksam Teil des Vertrages, und es gelten 30 Tage nach BGB.

In dieser Zeit hat er nun einen Teilbetrag, den er als realistisch betrachtete, überwiesen. Er meinte über den Restbetrag würde er einen Gutachter entscheiden lassen.

Das kann er tun, ist aber sinnlos. Das Gutachten kostet ihn bloß zusätzlich Geld, weil das Gericht ggfs. selbst einen Gutachter beauftragen wird.

-> Anwalt mit allen Unterlagen, Klage erheben. Als Selbstständige hast Du ja sicher auch die passende RSV, genau dafür ist sie da.

HeidiPhoto 
Fragesteller
 22.09.2015, 18:41

Siehe da.... wieder was gelernt. Dann muss ich ihm also die 30 Tage Zeit geben. RSV habe ich natürlich. Hatte nur gehofft mir diesen Stress wegen eines solchen Dösbattels sparen zu können. Ich danke dir ganz lieb für deine flotte detaillierte Antwort! Merci Beaucoup!

mepeisen  24.09.2015, 09:31
@HeidiPhoto

Nein, du musst ihm keine weitere Frist geben. Denn ein kleines Detail ist hier wichtig: Der Kunde hat endgültig und ernsthaft verweigert, noch irgendetwas zahlen zu wollen. Ab diesem Moment kannst du direkt den Weg zu Gericht gehen, wenn du das willst.