Wer war schon einmal in Erzwingungshaft und kann mir über seine/ihre Erfahrungen berichten?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich habe dort mal im Rahmen meines Studiums gearbeitet (im Bereich, wo freiwillige Therapien angeboten wurden). In dem Knast gab es auch Erzwingungshaft und U-Haft, von denen ich nicht so viel mitbekam, aber einige Probleme gelten für alle. Klar, mein Blick war ein anderer, aber ich halte mich für Mensch genug, um Probleme zu erkennen, auch wenn sie andere betreffen.

Was immer galt, war, dass man für alles und jedes einen (recht formlosen) Antrag stellen musste (schlecht kopierte A5-Zettel zum Ausfüllen): Teilnahme an irgendwas, aber auch Gespräche mit Sozialarbeitern (wenn es etwa drum geht, was für "draußen" zu klären, die meisten haben dort keine Unterstützung). Das verzögert natürlich alles immens. Es gibt nur bestimmte Zeiten, um Freizeiteinrichtungen zu nutzen, sich Bücher auszuleihen u.s.w.

Das weitere hängt stark vom Alter des Gefängnisses ab. Ich war damals in einem alten (mittlerweile geschlossen), das hatte ständig und überall Überbelegung, enge Räume, schlechte Sanitäranlagen, wenig Freizeitmöglichkeiten, Fenster, die man u.U. nicht öffnen konnte u.s.w. Dadurch gab es aber mehr Kontakt zwischen den Gefangenen, (halb bzw ganz) illegale Basteleien und eine Form von Beschäftigung in der Zeit, wo die Leute in den Zellen waren. Normalerweise sind Leute in U-Haft und Erzwingungshaft "privilegierte" Gefangene, keine Arbeitspflicht, z.B., kein Kontakt zu Leuten in Strafhaft, real finde ich aber, dass dadurch das Leben nicht gerade leichter wird. In älteren Knästen ist diese Trennung aber nicht ganz so strikt, weil es z.T. räumlich gar nicht möglich ist.

Ich habe mir im Rahmen meines Praktikums auch einen neueren Knast angesehen und ich habe da zum ersten Mal verstanden, warum man sich in den Knästen vor Jahren in der Türkei dagegen wehrte, die neuen, sauberen, "humanitären" Gefängnisse des Westens einzuführen. Viel mehr Einzelunterbringung (mehr Privatsphäre, aber massiv weniger Kontakt zu anderen Menschen), nahezu klinische Gänge, mehr Restriktionen bei der Gestaltung des eigenen Raumes u.s.w.

So, aber eh ich hier noch mehr schreibe, was mir spontan einfällt, sei dir dies ans Herz gelegt: http://ratgeberfuergefangene.blogsport.de/rohversion-1987/die-kapitel-als-pdfs/ (Schwerpunkt Straf- und U-Haft)

Ich hoffe, die Antwort erreicht dich noch. Alles Gute.

Gerberecht  17.08.2014, 15:37

Danke für das Sternchen und noch: Gute Nerven ;)

Leider kann ich dir nicht helfen. Aber ich möchte dir schreiben, dass ich dich verstehen kann.

Ich habe deinen Zusatz gelesen und auch für mich entschieden, wenn gewisse Sachen passieren, gehe ich lieber in den Knast, als DAS zu bezahlen....hört sich bekloppt an und auch mich verstehen nicht wirklich viele....aber sollte das bei mir eintreten, habe ich gesagt, fahre ich ein und ich nehme die Presse mit....ich glaube nicht, dass man sich alles gefallen lassen muss.

Ich bin ein treuer Bundesbürger aber irgend wann ist Schluß!