Warum fehlt überall Personal?

16 Antworten

Vor einem Fachkräftemangel wird seit Jahren, wenn nicht schon seit Jahrzehnten gewarnt, interessiert haben sich dafür jedoch die wenigsten. Jetzt, wo man plötzlich wieder unbeschwert in Urlaub fahren kann oder ins Café gehen könnte, fällt (zu spät) auf: Wo ist denn das ganze Personal hin?

Der eigentliche Fachkräftemangel und Corona haben zwar nicht so viel miteinander zu tun, aber hier zeigt sich, was in den nächsten Jahren in vielen Branchen los sein wird.

Das Bodenpersonal am Flughafen oder die Leute in den Cafés und Restaurants wurden in Kurzarbeit geschickt oder ihnen wurde gekündigt. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als sich einen Beruf abseits davon zu suchen. Jetzt, wo sie plötzlich in ihren alten Branche wieder gebraucht werden, kommen die wenigsten wieder, überwiegend aus Angst, in ein paar Monaten wieder arbeitslos zu sein.

Bei diesen Berufen handelt es sich überwiegend um schlecht bezahlte Berufe, in denen Tarifverträge den Seltenheitswert eines rosa Einhorns haben. Kurzum: Die Leute haben keinen Bock mehr auf solche Jobs, wenn sie an besseren Posten untergekommen sind.

Zum eigentlichen Fachkräftemangel: Während es in den 2000ern eine hohe Arbeitslosenquote gab und es völlig normal war, dass auf eine Stelle 100 Bewerber kamen, war das Thema Fachkräftemangel auch schon präsent. Kurt Beck brachte es damals auf den Punkt "Ausbilden, ausbilden, ausbilden" (an dieser Stelle möchte ich nicht zu tief ins Warum, Weshalb eingehen, sonst wird der Beitrag hier zu lange).

Priorität hatte dagegen die Quote der Studierenden. Im europäischen Vergleich war die in Deutschland sehr niedrig und man fürchete bei so wenig hochqualifizierten Leuten den Abrutsch in ein Zweite-Welt-Land (Achtung: Ironie), wenn man es nicht schaffen würde, mehr Menschen an die Uni zu kriegen. Es wurde dann recht schnell zur Selbstverständlichkeit für Eltern, dass das Kind Abi macht und danach studiert. Ohne Abi und Studium wurde man ganz schnell als Versager abgestempelt. Jemand der sich mit 100 anderen Leuten um eine Stelle streiten kann ehe er auf dem Hartz 4-Abstellgleis landet.

Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Arbeitswelt in eine Richtung, die viele nicht wahrhaben wollten oder wie beim Klimawandel auf "irgendwann später" verschoben haben. Die geburtenstarken Jahrgänge begannen plötzlich und unerwartet in Rente zu gehen, während der Nachwuchs noch an der Uni saß und kein Interesse für einen handwerklichen Beruf entwickeln konnte. Wozu auch? Das können die "Versager" ohne Abi machen. Wofür hätten sie sonst so viel gelernt? Um dann so eine Arbeit zu machen? Also bitte... (Achtung: Sarkasmus)

Der abi-lose Teil des Nachwuchs ist aber zu gering um die Arbeit der Boomer aufzufangen (Niemand kann diese Lücke auffangen, auch wenn der ganze Nachwuchs mit anpackt, der demografische Wandel schlägt nun voll ein)

Politiker können sich zwar damit schmücken, dass sie die Anzahl der Studierenden gesteigert haben, nur: Die schönste Studienquote bringt nichts, wenn keine Schreiner da sind, die die Unis bauen.

(Anmerkung: Vermutlich werden sich nun Nutzer durch meinen Beitrag auf dem Schlips getreten fühlen. Ich möchte hier keine Gruppe an Menschen schlecht machen. Es geht darum, aufzuzeigen, woher dieser Fachkräftemangel grundsätzlich kommt. Schließt daher nicht von einer Person auf andere und bleibt sachlich.)

micha259  28.06.2022, 10:13

Dem ist absolut nichts hinzuzufügen.👍🏻 Hier hat man einfach jahrelang gepennt und sich lieber auf der Generation Babyboomer ausgeruht, die man heute zum Dank auch noch mit Aussagen wie "Ok boomer" lächerlich macht (bei so einem Spruch könnte ich demjenigen einfach ohne weitere Kommentare aufs Ma*l hauen🤬).

Das hat mehrere Gründe die. Einer der wichtigsten ist, dass die geburtenstarke Generation Babyboomer (also die in den 50er und 60er geborenen) momentan in Rente gehen und nicht genug Personal da ist, um die alle zu ersetzen. Hier hat es die Politik einfach kollosal verpennt, darauf zu reagieren, obwohl das Problem seit mindestens 10 Jahren absehbar war. Man hätte frühzeitig anfangen sollen, Fachkräfte aus dem europäischen Ausland anzuwerben (und ich rede hier von echten Fachkräften und nicht bin dem, was uns seit jahren als solche verkauft wird) etwa aus Spanien, wo die Jugendarbeitslosigkeit bei fast 40% liegt.

Ein weiterer Grund ist, dass durch corona in vielen Branchen Jobs weggefallen sind, vorallem im Hotel und Gaststättengewerbe. Die haben sich dann halt neue Jobs gesucht und kommen natürlich nicht mehr zurück. Klar, wer will schon für knapp über Mindestlohn zu Zeiten arbeiten, wo alle anderen frei haben?

Und dann ist da natürlich noch der "Druck" das man heute ohne Studium ja quasi wertlos ist. Jeder will auf die Uni, egal was studieren und dann für lau die fette Kohle verdienen. Wirklich arbeiten für sein Geld will (und kann) heute kaum noch jemand. Wenn man sieht, was aktuell an Lehrlingen und Jobeinsteigern nachkommt , wird mir Angst und Bange. Außer einem riesen Ego nichts vorhanden, Leistungsbereitschaft bestenfalls mangelhaft, aber Hauptsache die "Work-Life-Balance" stimmt.🤦🏼‍♂️ Der jetzigen Generation hat man einfach nicht beigebracht, dass man für sein Geld auch durchaus mal was tun muss...

Zu Corona-Hoch-Zeiten wurden viele Stellen abgebaut, die jetzt nicht besetzt sind.

Sieht man schön an den Flughäfen. Die paar Figuren, die die ganze Arbeit stemmen müssen, machen krank, offiziell wegen Überlastung.

Zum Personalmangel, war es weniger die altuelle Inflation. Die Schuld ist.

Die zum Teil massiven Personalprobleme gab/ gibt es während der vergangenen Pandemie-Jahre, als fröhlich entlassen wurde.

Siehe Lufthansa, während, die Fluggesellschaft selbst mit Milliarden gerettet wurde.

Das diese Politik irgendwann sich rächt, sollte klar sein.

Natürlich gibt es die Menschen, die zu faul sind, für per saldo 50 oder 100 € mehr im Monat arbeiten zu gehen.

Der Fachkräftemangel ist aber zu großen Teilen auch hausgemacht:
Da hat man die Menschen mit der Rente mit 63 zielstrebig aus dem Arbeitsmarkt gelockt, die geburtenschwachen Jahrgänge können das nicht ausgleichen, es herrscht Branchenselektion, denn es fällt auf, dass einige Branchen - vor allem die mit schlechten Arbeitsbedingungen und schlechter Bezahlung - weitaus stärker betroffen sind als andere Branchen, ...

Paulchenoo9 
Fragesteller
 28.06.2022, 08:32

unser Hausmeister sagt jedes mal, dass er nur 100 Euro mehr hat wie Leute die zu Hause bleiben ....

LetMeAskYou112  28.06.2022, 08:38
@Paulchenoo9

Ging es nicht um Fachkräfte? Hausmeister ist ein anlern und kein Ausbildungs/Studienberuf. Natürlich machst du mit wenig Qualifikationen weniger Geld.

HugoHustensaft  28.06.2022, 13:08
@LetMeAskYou112

Vorsicht: Es gibt genügend Berufe, die eine vollständige Ausbildung voraussetzen (Friseur, Sicherheitsfachkraft, diverse Jobs in Gastro und Hotellerie etc.), die aber dennoch oft genug nur mit oder knapp über Mindestlohn bezahlt werden.

LetMeAskYou112  28.06.2022, 13:41
@HugoHustensaft

Das ist mir durchaus klar. In der allgemeinen bürgerlichen Dienstleistung ist es schwer gute Verdienste zu erzielen da hier direkt die Kunden mehrbelastet werden.