Negtaive Beträge in der Bilanz / Negtives Eigenkapital
Hallo zusammen,
bislang bin ich immer davon ausgegangen, dass in der Bilanz ausschließlich positive Beträge stehen, Aktivseite (Mittelverwendung) und Passivseite (Mittelherkunft) sich ausgleichen müssen und der Differenzbetrag, der auf der Passivseite notwendig ist damit diese der Aktivseite entspricht, gerade das Eigenkapital ist.
Ich bekomme aber jedes Jahr wieder eine Bilanz vorgelegt, in der auch negative Zahlen auftauchen. Das einfachste Beispiel: Ein Kredit wird nicht als positiver Betrag auf die Passivseite geschrieben (als Verbindlichkeit) sondern als negativer Betrag auf die Aktivseite im Abschnitt Umlaufvermögen/Kassenbestand/Guthaben. Darf man das so machen?
An sich ändert sich dadurch die Höhe des Eigenkapitals nicht. Wenn ich den positiven Betrag auf der Passivseite als Verbindlichkeit wegnehme, würde sich das EK natürlich erhöhen, weil es aber als negativer Betrag auf der Aktivseite landet, schrumpft diese natürlich und das EK bleibt das gleiche. Trotzdem bin ich verwirrt, ob das so in Ordnung ist.
Umgekehrtes Bespiel: Anstatt den Fuhrpark als positiven Betrag auf der Aktivseite unter Sachanlagen zu buchen, landet dieser als negativer Betrag auf der Passivseite.
Ich bin verwirrt!?
Zweite Frage: Ich habe auch mal gelernt, dass die Veränderung des EK zwischen zwei Bilanzen der Periodenerfolg des Geschäftsjahr ist und dem Ergebnis aus der GuV ensprechen muss. Also Erträge übersteiegn Aufwendungen -> positive GuV -> EK zwischen Bilanz Vorjahr und aktueller Bilanz ist um entsprechenden Betrag gewachsen. Bei den mir vorliegenden GuVs sowie den zugehörigen Bilanzen kommt das aber kein einziges Mal auch nur annähernd hin. Ich habe auch sämtliche Vorzeichenkombinationen. Also: GuV positiv, EK gewachsen. GuV positiv, EK geschrumpft. GuV negativ, EK trotzdem gewachsen. GuV negative, EK geschrumpft.
Habe ich so schlecht in meiner Rechnungswesen-Vorlesung aufgepasst?
Letzte Frage: Wenn die Passivseite (ohne EK) bereits größer ist als die Aktivseite, man also quasi ein negative EK bräuchte, dann besteht doch Überschuldung, also Insolvenz oder nicht? Konkret ist folgendes passiert: Kreditaufnahme, d.h. Passivseite weist eine Verbindlichkeit auf. Der Kredit wurde in eine technische Anlage investiert. Deren Buchwert auf der Aktivseite ist aber nur die Hälfte des Kredits. Die andere Hälfte ist quasi "verpufft" bzw. sofort als Aufwendung in der GuV ausgewiesen. Das Ergebis: Das EK hätte um die Hälfte des Kredits sinken müssen, weil ja nur die eine Hälfte als Buchwert auf der Aktivseite auftaucht, die andere Hälfte wurde quasi "verbrannt". Man könnte auch einfach sagen: Es war ein schlechter Kauf, weil man viel zu viel bezahlt hat.
Ist das nicht genau der Insolvenzfall?
2 Antworten
Sehr eigentümlich. In der Fülle findet man das nur bei Vereinen.
Bei Verbindlichkeiten/Darlehen wird manchmal nicht auf die Bilanzzuordnung geguckt. Das es sich real tatsächlich um eine Forderung handelt. Aber schon da würde ich fragen und mir auch Verträge zeigen lassen.
Es kann auch sein, dass es sich um einen "Ansparvertrag" handelt, der "etwas unkonventionell gebucht wurde.
Oder aber ein Auto-Verkauf wurde falsch gebucht. Dann wären noch weitere Fehler versteckt. Etwas könnte man dann vielleicht im Anlagenspiegel sehen. Vielleicht auch nur in den Vorjahren.
Das Eigenkapital wird nicht nur durch das Betriebsergebnis entwickelt, sondern auch durch Privateinlagen und -Entnahmen.
Eine bilanzielle Überschuldung braucht keine tatsächlich Überschuldung zu sein. Schließlich könnten Wirtschaftsgüter mit einem Wert im Unternehmen stehen und in der Bilanz sind sie abgeschrieben.
Allerdings klingt hier alles so dubios, dass ein Gutachten über die Buchführung der letzten Jahren erstellt werden sollte. Danach wären die Rückschlüsse zu ziehen. Ein hier enorm wichtiger Punkt ist aber auch die Inventur. Schließlich müssen die Inventurwerte mit den bilanziellen Ausweisen überein stimmen.
Zur Überfinanzierung der Maschine gibt es auch freundliche Sichtweisen. So könnten z.B. Materialien im Sinne von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen finanziert worden sein. Im Extremfall kann es sich hier allerdings auch um Veruntreuung handeln.
Da Du mit Deinen Rechnungswesen-Kenntnissen am Hadern bist, solltest Du eben eine Prüfung/ein Gutachten bestellen. Mindestens aber die Personen, die so etwas vorlegen damit konfrontieren und Dir erklären lassen.
Es ist durchaus möglich, dass da auf eine ganz primitive Art und Weise in die eigene Tasche gearbeitet wurde. Deshalb solltest Du zu einem Gespräch eine neutrale Person zuziehen. Sei es einen Unternehmensberater, der sich in dem Bereich auskennt oder einen Steuerberater/Wirtschaftsprüfer.
Auf alle Fälle gibt es hier einen massiven Handlungsbedarf! Denn auch eine Bilanzberichtigung (unterstellt es handelt sich lediglich um Falschbuchungen) wirft natürlich ein fürchterliches Licht auf das Unternehmen. Und wenn hier unter dem Strich durch die Korrekturen ein Gewinn entsteht, kann man das nächste Problem haben. Nämlich die Unfähigkeit die resultierenden Steuerzahlungen zu leisten.
Den Kopf in den Sand zu stecken bringt allerdings gar nichts. Denn bei so eklatanten Ungereimtheiten kann es schließlich auch in Deinen Verantwortungsbereich fallen und ggf. eine Haftung auslösen. Daher ist ein verspätetes Handeln immer noch besser und eher "rein waschend" als den Mantel des Schweigens weiter darüber halten.
Wie gesagt, dass hat nichts mit zu blöd sein zu tun. Ein Verein kann nicht ordnungsgemäß nach Handelsrecht bilanzieren.
Euer Bilanz-Bastler wird vermutlich auch damit zum Finanzamt gehen und die prüfen die Gemeinnützigkeit sofort.
Es gibt eklatante Unterschiede vom Verein zum Kaufmann. Der darf Gewinne haben. Ein Verein muss schon beim Sparen für große Anschaffungen "Ansparrücklagen" bilden.
Abschreibungen gibt es aber auch nicht. Die Einnahmen sind im Prinzip gleich für die Tätigkeit zu verballern.
Wichtig ist die Kassenprüfung. Wurden Einnahmen und Ausgaben korrekt zusammen gefasst. Ist der Unterschiedsbetrag auf Bankkonten und der Kasse vorhanden. Wenn das so ist, dann ist alles andere schon irgendwie in Ordnung zu bringen.
Genieße das Vereinsleben und lasse es Dir dadurch nicht versauen.
Schönen Dank übrigens für den Stern!
Eine Verbindlichkeit mit negativem Vorzeichen auf der Aktivseite ist mehr als ungewöhnlich, ebenso wie Anlagevermögen mit negativem Vorzeichen auf der Passivseite.
Da müsste ich mal die Bilanz sehen, in der so etwas steht.
Handelt es sich um eine Einzelfirma oder Personengesellschaft?
Dann wird sich das Ergebnis der G+V nicht direkt auf das Kapital auswirken. Da werden nämlich auch Entnahmen und Einlagen berücksichtigt.
Und ein negatives Kapitalkonto ist bei einem Einzelunternehmen oder bei einer Personengesellschaft nicht unbedingt ein Insolvenzfall, weil da immer noch das Vermögen der natürlichen Personen mit haften.
Die Insolvenz wäre in diesen Fällen nur bei Zahlungsunfähigkeit gegeben.
Mit Deinem zweiten Satz hast Du übrigens Recht. Es handelt sich tatsächlich um einen als gemeinnützig anerkannten eV.
Alle Mitglieder (also auch ich) bekommen halt jedes Jahr die Bilanz/GuV vorgelegt, um dann den Vorstand zu entlasten. Als ich dann mal Nachfragen hatte, waren >90% der anwesenden Mitglieder nur genervt, weil von denen eh keiner Ahnung in dem Bereich hat. Ein Einzelgespräch mit dem Vorstand war auch nicht sehr ergiebig. Dabei hieß es nur, dass hat der Herr XYZ so gemacht, dass wird schon stimmen, schließlich habe der mal vor Jahren Buchhalter gelernt. Damit war sie Sache für den Vereinsvorsand erledigt. Im Gegensatz zu Herrn XYZ bin ich auch nur Informatiker, der mal vor Jahren während des Studiums zum Spaß in einer ReWe-Vorlesung gehockt hat.
Ich glaube nicht, dass hier irgendwo Vorsatz, böswillige Absicht oder sonst was hinter steckt, sondern - falls es überhaupt falsch ist - Lustlosigkeit. Frei nach dem Motto: Wir müssen das halt jedes Jahr für das Finanzamt machen, also wird der Herr XYZ halt gebeten, dass "irgendwie" mal zu machen.
In erster Linie sehe ich dies auch als Problem des Vereinsvorstandes bzw. des Herrn XYZ. Bevor aber weiter Leute nerve, wollte ich erstmal sichergehen, dass es nicht doch eine ganz einfache Erklärung gibt und ich nicht einfach nur zu blöd bin, die Bilanz korrekt zu lesen.