Ab welchem Nettoeinkommen und Eigenkapital kann man über den Kauf von einem Haus + Grundstück (geschätzt mind.600.000€) nach denken?

12 Antworten

Erst mal wäre die Frage, ob es in der momentanen Lebenslage überhaupt Sinn macht ein Haus zu kaufen. Sie ist noch sehr jung, ihr Freund auch. Ob bzw. wie lange sie zusammen bleiben ist eine große Frage - bei einem gemeinsamen Hauskauf haftet letztlich jeder voll für die Hausraten und damit für den Partner. Ein Streit und Trennung geht dann schnell richtig ins Geld.

Allgemein zur Hausfinanzierung:

Bei einem Hauskauf ist das für den Zinssatz mit am entscheidensten das verfügbare Eigenkapital. Die goldene Regel besagt, dass man 20-30% der Kaufsumme plus aller Nebenkosten aus Eigenkapital bezahlen sollte. Bei einem Haus für 500.000€ sind das also 100 - 150.000€ für die Kaufsumme und - je nachdem ob mit Makler oder ohne - noch mal 10-15% oben drauf (50 - 75.000€). Das ist dann eine 70-80% finanzierung. Es sind auch 100% (man zahlt nur die Nebenkosten) oder 110% finanzierungen (Bank übernimmt auch die NK) möglich, sorgen aber erstens für einen starken Zinsaufschlag (1-2% sind das schnell) und natürlich eine noch genauere Abwägung, ob sich das für die Bank lohnt, sprich ob das Haus das Wert ist.

Dann ist die Frage, was monatlich abbezahlt werden kann. Auch bei niedrigen Zinsen sollte die Tilgung möglichst hoch sein. Vom Gehalt nach Steuern zieht man grob für die erste Person im Haushalt 750€ und für jede weitere 500€ ab und erhält einen ersten Näherungswert, was als freihes Gehalt übrig bleibt. Je nach Lebensstil / Bedürfnissen sollte man das aber deutlich erhöhen.

Vom Rest sollte man maximal 50% für die Rate verwenden, damit für Notfälle Geld übrig bleibt.

Auch wichtig, die Schufa. Gerade bei jungen Leuten ist diese oft nicht toll, da die Schufa über Kinderkonten usw. keine Informationen bekommt, und bei jungen Menschen daher fast keine Daten vorliegen.

Ich würde denen raten, spart ein paar Jahre Geld, überlegt euch so lange was ihr überhaupt für ein Haus wollt und braucht, und ob ihr die nächsten Jahrzehnte zusammen leben möchtet.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Lass sie erst einmal anfangen zu sparen. Je nachdem wo sie wohnen, wird es aufgrund der Mietkosten schwer bis unmöglich damit viel zu sparen. Aus eigenen Erfahrungen kann ich sagen, dass sich die Vorstellungen vom Eigenheim schnell relativieren wenn man mit den Jahren selber erst einmal merkt, wie mühselig es ist, solche Beträge zusammen zu sparen. Da ich in näherer Zukunft in eine bestimmte Großstadt ziehen möchte, hat auch mein Traum vom Haus mittlerweile auf eine bezahlbare Wohnung relativiert. Und wer weiß, ob deren Beziehung bis dahin überhaupt noch besteht.

Die Preise werden sicher nicht sinken. Heute etwas zu kaufen scheint wie Du selber schon angedeutet hast, aber unmöglich für die beiden zu sein. In dem jungen Alter sollen sie die Sparjahre erst einmal nutzen um gemeinsam herauszufinden, ob es wirklich Wohnort X sein soll.

Alles Gute wünscht

Sasnrw (25 Jahre, Immobilienkauffrau)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Man sagt, dass man mindestens 20% des Kaufpreises an Eigenkapital vorweisen sollte.

Bei einem Kaufpreis von 600.000 € + Nebenkosten können/sollten das also schon mindestens 130.000 € sein.

Aber wer kann soviel EK vorweisen? Mit einem derzeitigen Einkommen von weniger als 3.000 € netto ist das nicht mal ansatzweise drin.

Je nach Höhe des Eigenkapitals sollten schon mindestens 4.000 € netto pro Monat nötig sein.

Es gibt zwar auch Banken, die mittlerweile sogenannte 110% Finanzierungen machen, d.h. ohne einen Cent Eigenkapital, allerdings ist hierfür das Zinsniveau höher und man zahlt die Immobilie bis zum St. Nimmerleinstag ab.

Unabhängig davon, dass das mit 3.000 € im Monat nicht funktioniert, weiß man auch nie, wie die Zinsen in 10-20 Jahren aussehen. Keine Bank der Welt gibt eine Zinsbindung von > 20 Jahren.

Leider werden dann die Immobilienpreise auch höher sein. 

Das ist nicht gesagt, bzw. ist es schwer, eine Prognose zu machen. Durchaus möglich, dass in den kommenden Jahren die Zinsen wieder ansteigen, auf der anderen Seite ist es aber auch nicht ausgeschlossen, dass die Immobilienblase platzt.

albatroz1102 
Fragesteller
 01.02.2021, 16:30

Ich gehe fest davon aus, daß die Immobilienpreise in den nächsten 5 bis 10 Jahren um 2% im Jahr steigen, wenn nicht sogar noch mehr. Meine konservative Einschätzung. Natürlich kann ich mich auch irren. Aber wenn ich schaue wie die Preise in den letzten 10 Jahre gestiegen sind, liege ich damit nicht schlecht.

ChristianLE  01.02.2021, 16:32
@albatroz1102

Es kommt auf die Region an. In der Region Grünheide (Stichwort Tesla) kann es sein, dass die Grundstückspreise massiv steigen, in anderen Regionen kann es aber auch eine Entwicklung nach unten gehen.

In meiner Region stagnieren die Grundstückspreise schon seit Jahren und eine Änderung ist nicht in Sicht.

albatroz1102 
Fragesteller
 01.02.2021, 16:38
@ChristianLE

Wir sind nicht die teuerste Gemeinde aber immer begehrter wegen der Stadtnähe zu Mannheim und die Grundstückspreise sind in den letzten 10 Jahre von 400€ /qm auf 1.000€ /qm gestiegen. Billiger werden die nicht mehr, denn die Nachfrage ist einfach zu groß. Es wird nur teurer Schrott angeboten und was richtig gut ist kann man nicht mehr bezahlen. Selbst im Nachbarort werden neue Wohnungen mit 60 qm / 2 Zimmer für 300.000€ angeboten und die werden gekauft wie warme Semmel. Auch bei uns entsteht nochmals Bauland mit Neubauwohnungen in den nächsten Jahren. Das Bauamt meinet unter 5.000€ / qm gibt es nichts. Tolle Aussichten, oder? Wie soll sich da noch eine junge Familie eine Immobilie leisten. Im Grund genommen gar nicht, es sei denn die Erben mal gut 300.000€.

ChristianLE  01.02.2021, 16:51
@albatroz1102

Das ist das Problem in den Metropolregionen. Dort explodieren die Preise.

Bei uns (Kleinstadt mit 20.000 Einwohnern) bekommst Du die Grundstücke teilweise hinterhergeworfen. Vor einiger Zeit wurde am Stadtrand ein neues Baugebiet erschlossen. Die Preise bewegen sich zwischen 80-120 €/m².

Mir hat es vor geraumer zeit in den Fingern gejuckt, als mir ein (voll erschlossenes) Baugrundstück für 19€/m² angeboten wurde. Das ganze am Stadtrand und in ruhiger Lage am Feld.

Das Bauamt meinet unter 5.000€ / qm gibt es nichts. Tolle Aussichten, oder? Wie soll sich da noch eine junge Familie eine Immobilie leisten

Da der Markt an Mietwohnungen aber ebenso schlecht aussieht, werden viele junge Menschen dennoch was Eigenes kaufen und (aufgrund des Zinsniveaus) auch einen Kredit bekommen.

Diese Kredite werden haarscharf kalkuliert, d.h. bei den kleinsten finanziellen Einbußen (Kurzarbeit o.ä.) kann der Kredit nicht mehr gezahlt werden.

Wenn das dann vielen Menschen so geht, wird die Blase halt platzen.

albatroz1102 
Fragesteller
 01.02.2021, 16:54
@ChristianLE

Es gibt genügend Kapital das dann den fallenden Markt aufkauft, somit glaube ich nicht an dem Platzen einer Blase.

ChristianLE  01.02.2021, 16:56
@albatroz1102

Das hat man damals in den USA und in Spanien auch gedacht.

Sobald 1-2 Großbanken Probleme durch platzende Kredite bekommt, war es das.

albatroz1102 
Fragesteller
 01.02.2021, 16:59
@ChristianLE

Das Platzen der Kredite beeinflußt doch nur die Banken aber nicht die Nachfrage nach Immobilien. Wem interessiert es wenn Banken in Schieflage geraten, wenn man persönlich einen Unmenge Geld anzulegen hat? Da freut man sich auf günstigere Preise und kauft ein. Von einer Blase sind wir bei dem Zinsniveau noch lange entfernt und eine Zinssteigerung ist nicht in Sicht.

ChristianLE  02.02.2021, 07:48
@albatroz1102
Das Platzen der Kredite beeinflußt doch nur die Banken aber nicht die Nachfrage nach Immobilien.

Und wer gewährt Dir deine Kredite, wenn die Banken in Schieflage kommen? Es ist ja nicht so, dass jeder 500.000 € auf der hohen Kante hat, um das Haus zu finanzieren.

Keine Bank = Keine Kredite= Keine Investitionen .

Von einer Blase sind wir bei dem Zinsniveau noch lange entfernt und eine Zinssteigerung ist nicht in Sicht.

Die Blase hat doch nichts mit dem steigenden Zinsniveau zu tun. Ganz im Gegenteil: Je niedriger der Zins, desto schneller wächst die Blase.

Bei einem niedrigen Zinsniveau, steigt die Nachfrage an Immobilien, wodurch wiederum die Preise steigen (was bei Euch ja schon an den hohen Grundstückspreisen erkennbar ist).

So war es ja damals in Spanien: Aufgrund des niedrigen Zinses wurde massig investiert und die Nachfrage/Preise stiegen. Viel zu spät wurde das Zinsniveau angehoben, in Folge dessen die Nachfrage gesunken ist, bzw. Darlehen nicht refinanziert werden konnten.

Die Blase ist aktuell schon vorhanden, es stellt sich nur die Frage, wie das Platzen verhindert werden soll.

Das Nachdenken schadet auf jeden Fall nichts - es zeigt ihnen nur auf, was sie JETZT schon tun müssen: Erst einmal auf getrennten Konten Eigenkapital ansparen. Wie das geht, solltest Du mit Deinem Wissen um Aktien ja mit Tipps unterstützen können. Wenn dann an die 150 k € zusammen sind und auch Deine Tochter nebst Freund, macht es erst Sinn, auf Immobiliensuche zu gehen. Die jetzt vorhandenen sind dann garantiert schon weg.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Kann man ABSOLUT nicht sagen. Mein Partner und ich haben mit 23 ein Mehrfamilienhaus gekauft mit 0€ Eigenkapital und 4.000€ Nettoeinkommen monatlich gemeinsam. Das Haus hat 500.000€ gekostet, wir haben 520.000€ Kredit genommen.
Ja, einige Banken haben uns abgelehnt, einige haben uns einen Kredit zugesichert. Das liegt sehr stark an der Bank bzw dem Kreditgeber. Ich würde immer wieder so jung was eigenes kaufen.