Moralische Frage.. Polizist oder nicht?

11 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Im Grunde hast du schon genug Antworten bekommen, aber ich gebe dennoch meinen bescheidenen Senf dazu.

Ich habe in der Familie einen fertigen Polizisten und 2 Anwärter. Alle drei sind völlig unterschiedliche Charaktere. Alle drei lieben ihren Beruf und sind gut darin.

Der "Große" ist inzwischen etwas desillusioniert. Die Menscheit will nicht erzogen werden. Viele Verkehrssünder lernen einfach nicht, auch nicht durch hohe Geldstrafen. Viele Jugendliche gleiten ab, trotz unzähliger Präventionsmaßnahmen. Die Graffitti-Jungs können einfach nicht die Sprühdose vom Privateigentum lassen. Dabei ist es manchmal wirklich Kunst. Das ist mühsam, erfordert Geduld, muss mit der Uniform in den Schrank, bevor man nach Hause fährt.

Diensthosen landen oft nach einer einzigen Nachschicht in der Wäsche, weil die Kontaktpersonen gerne etwas darauf hinterlassen. Das darf man nicht persönlich nehmen und auch das muss man lernen. Der Bürger ist generell Kontra Beamte, besonders gegen die Blauen. Es wird immer gefragt: Darfst du das? Ist das nicht Willkür - jedesmal die gleiche Prozedur - nicht jeder ist dafür gemacht. Aber die meisten gehen jeden Tag mit unverminderter Ernsthaftigkeit in ihren Dienst.

Die beiden jüngeren haben unterschiedliche Interessen. Einer will unbedingt in die Ermittlungen, der andere auf die Straße. Der eine groß, breit, unheimlich ruhig. Sehr kontrolliert, hat aber eben auch nur eine Lunte, wenn auch eine sehr lange und breite. Der/die (!) andere eher klein, zierlich, ganz hübsches Gesicht, blond - aber wehe, du kommst ihr dumm ... kurze Lunte, großer Wums - hoppala ...

Gerade diese Vielfalt ist es, die die Polizei sucht. Sie wollen keine Großmäuler. Sie wollen besonnene, charakterfeste Menschen. Man muss eine Menge Empathie mitbringen und ein gesundes - nicht übersteigertes - Selbstwertgefühl. Man muss den Respekt behalten. Vor dem Obdachlosen, vor dem Türsteher, vor der 14jährigen Ladendiebin. Es sind immer noch Menschen mit all ihren Rechten. Dabei muss man auf sich selber achten, denn auch als Polizist behalte ich alle meine Menschenrechte. Ich muss mich nicht beleidigen lassen. Man muss - und das lernt man auch - genau wissen, was und in welcher Form zu tun ist und gemacht werden darf.

Die Eignungs- und Auswahltest haben schon ihren Sinn. Da sitzen Psychologen -man munkelt, sogar Graphologen!!! - und Leute mit Erfahrung. In vielen kleinen gezielten Fragen lotet man die Gesinnung der Bewerber aus und die Prüfungskommission täuscht sich selten.

Es gibt Suizide bei der Polizei. Nicht selten mit der Dienstwaffe. Aber die gibt es auch anderswo und die Gründe liegen ja auch immer sehr in privaten Bereichen. Die Dienstwaffe bietet da vielleicht eine Gelegenheit, ohne daß die Gründe in der Tätigkeit liegen.

Das Privatleben muss nicht mehr leiden, wie unter jedem anderen Vollzeit-Schichtdienst. Manchmal ist die Schweigepflicht bedrückend, aber dann kann man immernoch fiktiv erzählen und wir als Fast-Polizisten-Familie wissen auch, was man über den Gartenzaun weitererzählen kann und was nicht.

Denn man muss dazu sagen ich bin die Art von Mensch, die zwar durchgreifen kann, aber auch herzensgut ist, was das Gewissen angeht. Ich sehe auch eigentlich immer das gute im Menschen. Das ist wohl nicht die beste Vorraussetzung oder?

DOCH !!!

Nur Mut - viel Glück bei der Bewerbung. Innerhalb des EAV kannst du immer noch entscheiden und bis einen Tag vor Dienstantritt bleibt ein JA genauso möglich wie ein NEIN.

Gruß S.

Timo2105 
Fragesteller
 02.07.2014, 17:35

Vielen Dank..! :)

Hat mir sehr geholfen.. Auch alle anderen Antworten unter diesem Beitrag!

Viele Grüße Timo

Sirius66  02.07.2014, 18:53
@Timo2105

Danke für das Sternchen - es ist eben eine Auslese, wobei Auslese nicht bedeuten soll, daß man etwas Besonderes ist. Man scheint besonders geeignet. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ob man geeignet erscheint, entscheiden widerum zum großen Teil andere. Man bekommt aber Gelegenheit, überzeugend für sich selbst zu werben :))

Gruß S.

Es gibt bei Polizisten eine klare Trennung von Privat und Arbeitsleben :) du musst nicht total der Moralapostel sein ;) Aber du musst auch wissen das Polizist sich oft besser anhört als es ist! Mittlerweile sind viele respektlos "sche** Bullen" - Zitat und sehr verachtend Zudem ist der Job eines Polizisten mittlerweile auch auf Party und Alkoholkontrollen sowie Eskalationen von jungen Betrunkenen zu verhindern fixiert :( Wenn du dir wirklich sicher bist das Polizist dein Traum ist solltest du dich aber nicht abhalten lassen :)

Es ist so, das Polizeibeamter sowohl körperlicher als auch seelische Belastungen stand halten müssen. Dies schaffen leider nicht alle und wissen dann nichtmehr weiter.

Es wäre also ein fehler, wenn ein Polizeibeamter Privat und Beruf nicht trennen kann. Die höchste belastung ist bei Leichenfund, den sowas geht immer nahe. Ich weis das, weil ich selber ne Zeit lang bei der Feuerwehr wahr und Einsätze erlebt habe, die mir an die Nieren gegangen sind.

Sirius66  02.07.2014, 07:46

Stimmt - und stimmt nicht. Ich unterscheide gern die Aussagen:

Ich arbeite als ....

Ich bin ....

Unser Beruf macht ja auch viel von dem aus, was wir SIND. Wir wählen das nach unseren Stärken und Schwächen, nach unseren Interessen und Neigungen. Wie könnte das rein privat und/oder rein beruflich sein?

Ein bisschen was von unserer beruflichen Tätigkeit ist dann in uns, wenn wir unsere Arbeit mit Leib und Seele tun. Ich glaube, daß dies in den Berufen unterschiedlich erforderlich sein kann. Es gibt Jobs, die macht man, weil man Geld verdienen muss. Feierabend. Umschalten. Job aus. Privat an.

Dann gibt es aber Jobs, die man der Tätigkeit wegen macht. Man IST Therapeut, Mechaniker, Polizist. Ein Stück davon lässt sich nicht in den Spind sperren.

Ich gebe dir recht, daß man nicht mehr hergeben soll, als einem gut tut. Eine Abgrenzung muss schon sein. Pflegende, Betreuende, Sozialwesen ... dürfen nicht zu viel mit nach Hause nehmen, sonst gehen sie kaputt. Aber ihr(e) Beruf(ung) lässt sich ja nicht abschalten, weil sie viel von dem ist, was einem Menschen ausmacht und worüber er sich selbst definiert

Heute müssen leider zu viele Menschen den Job machen, der ihnen lediglich das lebensnotwendige Geld einbringt. Verdienen mit dem, was man tun möchte, können viele nicht. Darum gilt heute eher ein ich arbeite als als ein ich bin.

Gruß S.

Lass Dich nicht vom Hören-Sagen abschrecken. Die meisten Schauergeschichten kommen von Außenstehenden. Mit der Ausbildung bei der Polizei kannst Du dich immer noch umorientieren, sollte es Dir tatsächlich nicht zusagen. Tue das, was Dir Dein Gefühl sagt. Und es bringt sicher auch Vorteile "der Polizist" zu sein ;)

Wenn du denkst, dass Polizist der richtige Beruf für dich ist, dann geh diesen Weg! Denk daran, dass der Beruf etwas ist, das dir Spaß mache sollte, immerhin wirst du viel Zeit deines Lebens damit verbringen. Da sollte es doch unwichtig sein, was andere über deinen Beruf denken. Wer dich mag, so wie du bist, mit allem, was zu dir gehört, der sollte einen Platz in deinem Leben bekommen und nicht jene, die dich auf Grund deines Berufes ablehnen. Schade, dass der Mensch dazu neigt, alles von anderen abhängig zu machen. Geh deinen Weg, so wie du es dir für dich wünscht!

Übrigens, auch ich habe einen Polizist in meinem Bekanntenkreis. Und ich würde ihn nicht als langweiligen Spaßverderber darstellen sondern als jenen, mit dem man gerne zusammen ist. So lange dein Freundeskreis nicht aus Verbrechern und kriminellen Machenschaften besteht, wirst du wohl auch nicht den Polizisten raushängen lassen müssen.