Ladendiebstahl 80€ Womit muss ich rechnen?

8 Antworten

Aus kriminologischer Sicht (die strafrechtliche wurde schon gut gewürdigt) ist der gar nicht so spektakuläre Ladendiebstahl ein höchst interessantes Delikt. Hier finden sich in der Tat alle gesellschaftlichen Schichten wieder und nach meiner Erinnerung beendete ein beklannter Kriminaldirektor seine Karriere mit einem Ladendiebstahl. Hintergrund des Ladendiebstahl ist der archaische Wunsch zu sammeln; Gutes mit in die eigene Höhle zu bringen. Dafür mussten unsere "grunzenden Vorfahren" große Mühen auf sich nehmen. Was also hält uns noch davon ab, in einem "Selbstbedienungsladen" (man achte auf die Bezeichnung)die frei dargebotene Ware einzustecken?. Was ist nun stärker verankert, der uralte Wunsch "Beute zu machen" oder die Angst vor Entdeckung inclusive verschiedenenr Peinlichkeiten. Die Konzerne, deren Verkaufspsychologen dieser "Sammlertrieb" hinreichend bekannt ist,erkennen eine Parallele zwischen Umsatz und Verlust durch Diebstahl. Wenn man den "Zugreifreflex erhöht, dann gibt es mehr Diebstähle aber auch einen messbar höheren Umsatz. Ideal wäre natürlich eine Erhöhung des "Appetits" ohne Zunahme der Ladendiebstähle, doch alle werden angesprochen,insbesondere wenn der "Zugreifreflex" mit unterschiedlichen Methoden verstärkt wird. Das beginnt bei dem Angebot überdimensionierter (kleine gibt es nicht) Einkaufswagen. Ein oder zwei Artikel (die man eigentlich kaufen wollte) sehen darin sehr verloren oder gar erbärmlich aus. Dies widerspricht auch unserem gewachsenen Gefühl für Proportionen. Wenn dann noch ein anderer Kunde oder Bekannter stolz mit einem vollen Einkaufswagen vorbeirollt, dann ist der Punkt erreicht. An der Kasse, wenn der Scanner unbarmherzig zusammenzählt, wundert man sich nicht selten über den eigenen Einkauf. Weitere Methoden: Im Laden werden mittlere Pyramiden oder andere Großbehälter mit Ware aufgebaut. Unser Gefühl sagt uns, dass doch bei dieser Menge auch etwas für uns abfallen muss. Hinzu kommt beruhigende speziell zusammengestellte Musik aus dem Lautsprecher, die unsere anfängliche Eile vertreibt und zu weiterem Rundgang verführt. Ein weiteres Merkmal zeigt sich in der Preisgestaltung und Ausschilderung. Ein Artikel der 99 Cent kostet, liegt eben unter einem Euro und 99,99 Euro liegen unter dem magischen Hunderteuro-Schein. Glatte Summen sucht man inzwischen vergeblich. Das dann ein Artikel als "einmaliges Sonderangebot" angepriesen wird (ohne den Preis zu reduzieren) ist nur eine der Spielarten. Zuletzt ,an der Kasse, befinden sich regelmäßig in Kinderaugenhöhe Süßigkeiten. Das Kind quält und die die Eltern geben nach. Häufigster Spruch:"Aber nur ein Stück!". Ich erlebte, dass ein Kind Süßigkeiten direkt auf das Band legte und die (erfahrene) Mutter der Kassierin sogleich klarmachte, dass sie schauen solle, wie sie von dem Kind das Geld erhalte. Was also diesen, in der Psychologie bekannten, "Appetenz-Aversions-Konflikt angeht, hier noch eine kleine Einführung: Die Griechen kannten das Beispiel von dem hungrigen Esel der an zwei verschiedenen Punkten, doch in gleicher Entfernung gleichgroße Heuhaufen sah. Es handelte sich hier um einen "Appetenz-Appetenz-Konflikt; der Esel musste theoretisch verhungern, weil eine Entscheidung nicht erfolgen konnte. Dann gibt es den gegenteiligen Aversions-Aversion-Konflikt, nämlich die Wahl zwischen zwei Übeln. So können sich theoretisch der Zahnschmerz und andererseits die schmnerzhafte Behandlung beim Zahnarzt die Waage halten. Erst wenn der Schmerz unerträglich wird, kippt die Waage und der Zahnarzt wird aufgesucht. Beim Ladendiebstehl gibt es die (durch Verkaufspsychologie angeheizte) Appetenz und auf der anderen Seite die Aversion, nämlich die Angst vor dem Entdecktwerden. Bei jedem Kunden besteht inmitten eines Überangebots an Waren, mehr oder weniger bewusst, dieser Konflikt, und das Nichtwegnehmen kommt oft schon einem Verzicht gleich. Eine Ladenkette für Havarie-Artikel schrieb gar auf die Plakate "Kommen Sie, brandschatzen Sie!" Dazu Bilder von umgekippten Lkw und brennenden Lagern. Dieser Entscheidungsprozess verläuft ebenso bewusst als auch unbewusst (Bewusst: "Soll ich mir nun hier das Kleid noch leisten? Was wird mein Mann sagen? Ich sage ihm einfach:...."). Er wird äußerlich -mit Ausnahmen- nicht sichtbar. Gesehen habe ich, wie eine ältere Dame die Fahrbahn überqueren wollte (Appetenz = andere Straßenseite erreichen / Aversion = Angst überfahren zu werden). Sie startete und ging wieder zurück als ein Auto auftauchte, dann startete sie erneut, etc.Das sehen wir auch, wenn sich zwei Fußgänger begegenen und gleichzeitig ausweichen. Nun ein themenbezogenes zweistufiges Beispiel: 1.) Sie finden auf einem einsamen Waldweg einen Hundert-Euro-Schein. Es ist kein Mensch zu sehen. Was machen Sie mit dem Geld? 2.) Situation wie 1.), jedoch sehen sie, wie in der unmittelbaren Nähe eine alte Frau/Rentnerin weinend nach etwas sucht.Was machen Sie mit dem Geld? Hier erkennt man die Konfliktverschiebung; die Gewichte auf den Waagschalen verändern sich. Das Beispiel zeigt auch, dass bei dieser Konfliktlösung wichtig ist, ob man einem Amnonymus (die Versicherung, der Konzern, die "herrenlose Sache") schadet oder einem Menschen, den man wahrnimmt. Insoweit ist z.B. der Raub strafrechtlich höher angesiedelt, obwohl die Beute gleichwertig sein kann. Man spricht in der Kriminologie vom dem sich "verflüchtigenden Opferbegriff". Der Ladendieb empfindet nicht, dass er jemanden persönlich schädigt. Erst die gedankliche Kette, dass nämlich alle Ladendiebstähle in der Gesamtkalkulation auf die Preise und damit auf andere Kunden umgelegt werden, kann den Blick für ein Opfer andeutungsweise öffnen. Aus gleichem Grund besteht allgemein nur eine geringe Hemmschwelle, wenn es darum geht, den Versicherungsschaden etwas zu erhöhen oder zu reklamieren, wenn die Kassiererin einen Artikel versehentlich nicht gescannt hat. Dieser verkürzte Ausflug in die Kriminologie soll keinesfalls Menschen ermutigen nun nach Art der Vorfahren "Beute" zu machen. Es lebt sich heute vergleichsweise besser, wenn sich alle an die Regeln halten. Kleine Ausbrüche in die Zeit unserer "grunzenden Vorfahren" sollten mit einer kleinen angemessenen Strafe den "Aversionssektor" stärken.

tachyonbaby  23.01.2014, 13:05

Vielen Dank für diese interessanten Informationen, die eine ganz neue Sichtweise ermöglichen.

Ja, das ist typisch, erst macht man Unsinn und hinterher ist das Gejammer dann groß.Ich hoffe du bekommst eine ordentliche Strafe und Hausverbot. Wahrscheinlich wird es zur Verhandlung kommen.Du solltest halt vorher nachdenken, bevor du so einen Unsinn machst.

Ladendiebstahl durch Erwachsene Bei einem erwachsenen Straftäter wird das Erwachsenenstrafrecht angewandt (§ 242 Strafgesetzbuch ). Wird er zum ersten Mal beim Ladendiebstahl gestellt, so muss der Ladendieb mit einer Geldstrafe rechnen.( ca. ein Monatsgehalt ) Der Arbeitgeber wird über die Straftat nicht informiert und der Ladendieb bekommt als Ersttäter keinen Eintrag ins Führungszeugnis. Ein Wiederholungstäter muss mit einer empfindlichen Strafe rechnen (Geldstrafe Bewährungsstrafe) und er bekommt einen Eintrag ins Führungszeugnis. Wer einmal beim Ladendiebstahl aufgefallen ist, der sollte die Finger in Zukunft von fremdem Eigentum lassen. Ein Ladendieb schädigt nicht das Kaufhaus sonder sich selbst, seine Familie, die ehrlichen Kunden und die Angestellten des Kaufhauses.

http://www.ladendiebstahl.de/taeter.htm

Anna20277  20.01.2011, 11:24

sehr gut, DH.

Du wurdest beim Ladendiebstahl erwischt. Nicht schön, aber das ist schon mehreren Menschen passiert. Die Konsequenzen werden, sofern Du noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten bist, nicht ganz so schlimm werden. Zuerst kommt es auf den Wert des Diebesgutes an. Unter 50,-€ geht der Gesetzgeber von einer „geringwertigen Sache“ ( §248a StGB ) aus. Bei einem Wert darüber ist es ein Diebstahl nach § 242 StGB. Logischerweise ist die Strafandrohung bei geringwertigen Sachen niedriger.

Du wirst in den nächsten 1-9 Wochen einen sogenannten Anhörungsbogen von der Polizei bekommen. Dort kannst Du Dich schriftlich zum Tatvorwurf äußern. Bei Jugendlichen könnte es auch sein, daß eine mündliche Beschuldigtenvernehmung bei der Polizei erfolgt. Wenn man ein bißchen Bedauern zeigt, kann das gewiß nicht schaden. Wenn Du wirklich einen Diebstahl begangen hast, solltest Du nicht rumlügen und auch nichts beschönigen. Es nützt nichts und wird Dir als Uneinsichtigkeit ausgelegt. Das hat dann normalerweise einen Einfluß auf die Konsequenz, die da folgt. Bei der Frage, ob Du mit einer Einstellung gegen eine Auflage einverstanden bist, solltest Du „Ja“ ankreuzen.

Je nachdem, ob Du beim Zeitpunkt des Diebstahls 18 oder darunter (immer Jugendstrafrecht), höchstens 20 (meistens Jugendstrafrecht) oder über 20 warst (Erwachsenenstrafrecht) wird von der Staatsanwaltschaft nun die Konsequenz festgelegt, die da folgen soll.

Bei Jugendstrafrecht ist zu erwarten, daß bei einem Diebstahl geringwertiger Sachen ein ermahnendes Gespräch durch das Jugendamt oder die Polizei erfolgt. Bei einem „normalen“ Diebstahl wirst Du wohl ein paar Sozialstunden ableisten müssen. Danach wird das Verfahren nach §§ 45, 47 JGG eingestellt.

Wenn Du nach Erwachsenenstrafrecht behandelt wirst, wird das Verfahren meist ohne Auflagen oder mit einer kleinen Geldauflage (unter 400,-€) nach § 153 bzw. § 153a StPO eingestellt. Wenn es sich um einen "normalen" Diebstahl (über 50,-€) handelt, gibt es entweder eine Verfahrenseinstellung mit Geldauflage nach § 153a StPO oder eine „kleine“ Geldstrafe, die unter 40 Tagessätzen bleiben sollte.

Für alle Fallkonstellationen gilt: Es gibt keinen Eintrag im Führungszeugnis und Du bist nicht vorbestraft.

Die sogenannte "Fangprämie" sollte übrigens nicht mehr als 50,-€ betragen. Mehr brauchst Du nicht zu bezahlen. Hierzu gibt es ein Gerichtsurteil, das zwar schon ziemlich alt, aber immer noch gültig ist.

entschuldigen reicht nicht und auch die 100 Euro machen es nicht. die anzeige wegen diebstahls steht. außer der ladeninhaber setzt sich dafür ein, dass sie zurückgezogen wird, was aber kaum einer macht.

Regenbogen1958  20.01.2011, 11:25

Hoffentlich wird eine ordentliche Strafe ausgesprochen.

tachyonbaby  23.01.2014, 13:08
@Regenbogen1958

@Regenbogen: Du hast noch nie einen Fehler gemacht???

In diesen heil'gen Hallen kennt man die Rache nicht. Und ist ein Mensch gefallen, führt Liebe ihn zur Pflicht.