Ist es schon Selbstverteidigung wenn mich jemand relativ kräftig schubst und ich ihm mit viel wums in den Bauch schlag?

12 Antworten

Was du als "Selbstverteidigung" bezeichnest, heißt im Gesetz "Notwehr":

§ 32 StGB
Notwehr

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen
gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen
abzuwenden.

Um zu prüfen, ob die Notwehr rechtmäßig war, müssen die verschiedenen Tatbestände betrachtet werden. Ist die Verteidigung erforderlich? Handelt es sich um einen gegenwärtigen Angriff? Ist dieser rechtswidrig?

Zuletzt muss geprüft werden, ob die Verteidigung "verhältnismäßig" war. Wenn du von jemandem eine Ohrfeige bekommst und du ihn erschießt, ist das nicht verhältnismäßig. Wenn dich jemand mit einem Messer angreift und du ihn erschießt dann schon.

Nun zu deiner Frage: Der andere hat dich geschubst. Ich erkenne hier keine Straftat. Du schlägst ihn in den Bauch. Dies ist eine Körperverletzung nach §223 StGB. Die Notwehr kannst du hierfür nicht geltend machen, da es im Vorfeld zu keinem rechtswidrigen Angriff kam.

Das Ergebnis ist, dass du dich einem Vergehen strafbar gemacht hast.

Notwehr ist die Verteidigung die erforderlich ist um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Die Frage ist also erstmal die der Gegenwärtigkeit;

gegenwärtig ist ein Angriff dann, wenn er sich in Gange befinder oder kurz bevorsteht.

Wenn du schlägst nachdem er fertig ist, ist das nicht mehr gegeben.

Daneben ist es die Frage der Erforderlichkeit:

Erforderlich ist ein Mittel dann, wenn es den Angriff sicher beenden kann. Bei mehreren gleich erfolgreichen Mitteln muss das objektiv mildeste gewählt werden.

Daneben muss die Handlung von einem Verteidigungswillen getragen sein - es muss also darum gehen den Angriff abzuwehren und nicht um Rache oder sonstwas.

Du meinst nicht Notwehr? - Die ist dafür da, um dich und dein Eigentum vor Schaden zu schützen.

Wenn du davon ausgehen musst, dass der Angriff fortgesetzt wird, war der Schlag in den Bauch richtig. Wenn nicht, war es eher "Vergeltung auf dem Fuße", falls es das in der Juristensprache gibt; ich meine das mal gehört zu haben. Man kann natürlich nicht jeden gleich umhauen, der einen anrempelt. Aber Schubsen geschieht vorsätzlich.

[http://www.selbstverteidigung-mit-wingtsun.de/wie-geht-selbstverteidigung/notwehr-und-nothilfe/]

Die verlinkte Seite erzählt aber ziemlichen Quatsch.

@furbo

Ja, da war ich bissel voreilig und jetzt kann ich´s nicht mehr ändern. Es ist nicht alles falsch, was da steht. Aber beim nächsten mal zitiere ich wieder Wikipedia.

Ja, das ist Selbstverteidigung. Fraglich ist, ob diese Form der Selbstverteidigung verhältnismäßige Notwehr ist.

Kann man so nicht beantworten. Vor Gericht werden solche Situationen teilweise auf mehreren Seiten beschrieben, damit man sich ein möglichst genaues Bild machen kann.

Ist es "nur" ein Schubser und danach ist erkennbar keine Aktion mehr zu erwarten, dann ist der Angriff bereits vorbei und Notwehr wäre nicht mehr möglich. Ist das dagegen erst der Anfang, darf man sich wehren.

Nach einer Bedrohung, wo der Angreifer nun auf dich zukommt und du nicht weißt, wird er dich schubsen oder schlagen, darfst du dich auch wehren noch bevor er dich tatsächlich angegriffen hat. Das ist aber ohne neutrale Zeugen ft schwierig, da es von weitem so aussieht, als hättest du angefangen.

Wenn du nach Notwehr und Gerichtsurteilen mit der Suchmaschine deiner Wahl suchst, fällt dir bald auf, das diese Fälle oft unvorhersehbar entschieden werden UND dass die höheren Gerichte sehr häufig Urteile von unteren Instanzen kassieren und zu einem anderen Urteil kommen.

Ist also extrem kompliziert in der Realität, wo es im Gesetz so schön einfach ist. Z.B. ist es auch oft keine Notwehr, wenn du den Angreifer provoziert hast.