Freistellung wegen Einladung beim Arbeitsamt?

6 Antworten

Klar, das einfachste wäre wenn du die Arbeitsagentur fragst, ob sie dir einen anderen Termin anbieten können.

Die Chefin liegt falsch, sie muss einen Mitarbeiter bezahlt freistellen, wenn sich dieser gekündigt wurde und eine neue Arbeitsstelle sucht. Ja, dein Termin ist eine Arbeitsplatzsuche (auch wenn die Qualität der Arbeitsagentur sagen wir mal stark ausbaufähig ist).

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__629.html

AnnyLila 
Fragesteller
 29.04.2018, 10:17

Gilt das auch für befristete Verträge? Mir wurde ja nicht gekündigt.

Jewi14  29.04.2018, 10:19
@AnnyLila

Zu dem Thema habe ich mich auch befasst und der Gesetzgeber und die Arbeitagentur sehen auch befristete Verträge zugehörig zu dem Paragrafen.

Familiengerd  29.04.2018, 10:49
sie muss einen Mitarbeiter bezahlt freistellen

Dass die Chefin Freizeit gewähren muss, ist klar.

Ob sie diese Freizeit aber auch bezahlen muss, wäre erst noch zu klären - ob nämlich überhaupt ein Anspruch auf Bezahlung nach BGB § 616 "Vorübergehende Verhinderung" besteht.

Jewi14  29.04.2018, 11:01
@Familiengerd

Ich habe dazu mich auf den Seiten von Rechtsanwälte und der Arbeitsagentur umgeschaut und die die bejahen es.

Familiengerd  29.04.2018, 13:09
@Jewi14

Es ist trotzdem falsch, dass ein genereller Anspruch auf Bezahlung für die zu gewährende Freizeit bestehen würde!

Der Anspruch ist und bleibt abhängig von der Anwendung des BGB § 616 "Vorübergehende Verhinderung"!

Dazu aus Arbeitsrechtskommentaren:

§ 629 enthält keine Regelung der Vergütungspflicht; vielmehr findet § 616 Anwendung [...]. Somit bleibt dem AN der Vergütungsanspruch erhalten, wenn er wegen der Freistellung für eine verhältnismäßig nicht erhebl. Zeit der Arbeit fernbleibt. Da § 616 dispositiv ausgestaltet ist, kann die Fortzahlung der Vergütung für die Zeit einer nach § 629 geschuldeten Freistellung einzel- oder kollektivvertragl. ausgeschlossen sein [Anmerk.: diese Hervorhebung durch mich].

(Quelle: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, Hrsg. von Müller-Glöge, Pris, Schmidt, 16. Auflage, Verlag C. H. Beck, München 2016, Seite 1.759, Rand-Nr 11 f zu BGB § 629)

oder

§ 629 regelt lediglich die Freistellung selbst; die Bezahlung dieser Zeit richtet sich nach § 616 BGB. Danach muss der AG die Vergütung weiter zahlen, wenn der AN für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist. [...] § 616 kann durch Einzel- oder Tarifvertrag abgeändert werden. [...] Zu betonen ist, dass zwar die Bezahlung der Freistellung abbedungen werden kann, nicht aber Anspruch auf Freistellung selbst [Anmerk.: Hervorhebung durch mich].

(Quelle: Peter Wedde [Hrsg.]: Arbeitsrecht - Kompaktkommentar zum Individualarbeitsrecht mit kollektivrechtlichen Bezügen, 2. Auflage, Bund-Verlag GmbH Frankfurt/Main 2010, Seite 740 f, Rand-Nr 9 f zu BGB § 629)

Grundsätzlich soll schnellst möglich nach der Arbeitsuchendmeldung ein Termin erfolgen um das weitere Vorgehen zu besprechen. Dass bedeutet, dass du den Termin erst einmal wahrnehmen musst. Wenn du allerdings der Agentur für Arbeit mitteilst, dass du den Termin nicht wahrnehmen kannst, weil du arbeiten musst wird dies als wichtiger Grund für eine Terminabsage anerkannt. Du erhälst dann einfach einen neuen Termin ohne leistungsrechtliche Konsequenzen

AnnyLila 
Fragesteller
 29.04.2018, 19:38

Danke. Aber ich möchte den Termin sehr gerne wahrnehmen und keinesfalls verschieben. Egal, welchen Termin mir die Agentur für Arbeit geben wird, es wird immer irgendwie in meine Arbeitszeit fallen. Ich muss schon alleine vom Arbeitsamt zur Arbeitsstelle 30 Minuten fahren...

Deshalb wollte ich mich absichern. Ich sehe es absolut nicht ein, meine hart verdienten Überstunden dafür zum nutzen. Davon abgesehen, dass die Arbeitsstelle der reinste Ausbeuterbetrieb ist und ich nichts zu verschenken habe.

Muss der Arbeitgeber mich nicht freistellen für die Stunde, oder wie lange das dauert, solange ihr beim Arbeitsamt bin?

Eindeutig: Ja!

Festgelegt ist das im Bürgerlichen Gesetzbuch BGB § 629 "Freizeit zur Stellungssuche":

Nach der Kündigung eines dauernden Dienstverhältnisses hat der Dienstberechtigte dem Verpflichteten auf Verlangen angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses zu gewähren.

Was "angemessen" ist, definiert das Gesetz zwar nicht, doch können dazu auch Zeiten z.B. für Einstellungstests oder Teilnahme an (längeren) Assessment-Centers gehören.

Es spielt übrigens keine Rolle, ob das Arbeitsverhältnis endet durch Kündigung seitens des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers oder durch Ablauf einer Befristung (so lange es sich nicht um ein kurzfristiges Aushilfs-Arbietsverhältnis von nicht mehr als 3 Monaten handelt).

Von dem Anspruch auf Gewährung von Freizeit ist aber zu unterscheiden der Anspruch auf Bezahlung dieser zu gewährenden Freizeit!

Der Anspruch auf Bezahlung richtet sich nach dem BGB § 616 "Vorübergehende Verhinderung":

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.

Die Anwendung dieser Bestimmung darf aber arbeits- oder tarifvertraglich eingeschränkt oder abgeändert werden, indem z.B. konkrete Fälle aufgeführt werden, in denen ein Fortzahlungsanspruch besteht. Ist in einem solchen Fall die Freizeit für Stellensuche nicht aufgeführt, muss der Arbeitgeber die zu gewährende Freizeit auch nicht bezahlen.

Wenn das nicht der Fall ist - wenn vertraglich also überhaupt kein Bezug auf BGB § 616 genommen wird (diese Bestimmung also vollumfänglich anzuwenden ist) -, dann besteht auch Anspruch auf Bezahlung für die zu gewährende Freizeit!

Die Arbeitsagentur veschickt bei Meldungen, dass man ab dem Xten vorraussichtlich arbeitslos sein wird, sehr gern "Ersttermine", die in die Zeit, in der man noch arbeitet, fallen. Das ist ziemlich hohl. Denn gerade, wenn es um auslaufende Verträge geht, ist es eigentlich wesentlich sinnvoller, wenn man bis zum Vertragsende seinen Job gut macht, anwesend ist und so die Chancen auf eine eventuelle, kurzfristige Weiterbeschäftigung deutlich verbessert.

Von daher kannst du dort einfach anrufen und mit deiner Beraterin in der Arbeitsagentur reden, dass du den Termin gerne auf die Zeit nach deinem Vertragsende verschieben möchtest (oder auf einen Tag, an dem du deinen Resturlaub nimmst, sofern das noch der Fall sein wird). In aller Regel ist das überhaupt kein Problem, denn das, was ich oben schrieb, sehen die Arbeitsagenturen eigentlich haargenau so ;).

Ich danke für die vielen Antworten. Mittlerweile bin ich schlauer. Nein, der Arbeitgeber muss mich nicht frei stellen. Bei einer Kündigung ja. Allerdings ging es bei mir um eine Befristung, die nicht verlängert wurde, bzw keine Übernahme stattfand.

Vielleicht hilft das dem einen oder anderen weiter.

LG