Eine Unfallflucht soll angehängt werden

5 Antworten

Ich würde die Sache nicht ganz so schwarz sehen wie die bisherigen Kommentatoren.

Mir ist es als Busfahrer bereits 2 mal passiert, dass mir eine Anzeige zur "unerlaubten Entfernung vom Unfallort" mit der Aufforderung zur Stellungnahme ins Haus geflattert ist. Ich habe jeweils (wahrheitsgemäß) geantwortet, dass ich den Unfall nicht bemerkt habe, und dies mit den Ausmaßen, der daraus entstehenden Unübersichtlichkeit und der hohen Geräuschentwicklung eines Gelenk-Linienbusses begründet. Daraufhin wurden die Verfahren wegen Fahrerflucht ohne weiteres eingestellt.

claushilbig  11.11.2014, 10:55

Das Verfahren wg. Unfallflucht hat aber dann nichts zu tun mit der eigentlichen Schadensregulierung bzw. der Frage, ob der Unfall überhaupt stattgefunden hat oder nicht - darum muss sich dann die Versicherung kümmern und das ggf. gerichtlich klären lassen. Hierbei könnte dann Dein Mann noch mal als Unfallbeteiligter bzw. Zeuge aussagen müssen, aber eigentlich nicht persönlich belangt werden, dafür gibt's ja die Versicherung.

Hallo Mally,

im Bezug auf die Rechtsschutzversicherung ist hier fraglich, ob die die Rechtsanwaltskosten übernimmt.

Der Straftatbestand des §142 ist nur bei vorsätzlicher Begehung strafbar. Bei Taten die vorsätzlich begangen wurden, ist die Rechtschutzversicherung aber frei von Leistungen.

Aber unabhängig, ob die Rechtsschutzversicherung hier eintritt oder nicht, so würde ich mich auf jeden Fall an einem Rechtsanwalt werden und keinesfalls die Sache selber in die Hand nehmen.

Ich Denke Dir und Deinem Mann ist gar nicht bewusst, welche rechtlichen Folgen hier zu erwarten sind.

Ich Führe Dir hier mal die entsprechenden Gesetzestexte an:


§ 142 StGB - Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

  1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder

  2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.


§ 69 StGB - Entziehung der Fahrerlaubnis

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

  1. der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),

  2. der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),

  3. des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder

  4. des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,

so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.


§ 69a StGB - Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.


Die drei Paragraphen bedeuten, dass Deinem Mann nicht nur eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe die zwar sicherlich noch zur Bewährung ausgesetzt wird erwartet, sondern auch noch zusätzlich der Entzug der Fahrerlaubnis für MINDESTENS 6 Monate.

Ich denke für Deinen Mann als Berufskraftfahrer ist der drohende Führerscheinentzug Existenzgefährdend, so dass ich auf jeden Fall zur Heranziehung eines Rechtsanwaltes rate.

Wichtig ist, dass der Rechtsanwalt nun erst einmal Akteneinsicht nimmt, damit er genau abschätzen kann, was Deinem Mann überhaupt nachzuweisen ist.

Das wichtigste ist es nun, zumindest nachzuweisen, dass Dein Mann etwas von dem Unfall bemerkt hat. Gelingt dieses ist der komplette Straftatbestand des § 142 StGB vom Tisch und das was bleibt ist allenfalls ein Bußgeldbescheid der laut bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog wie folgt aussieht:


Tatbestandsnummer: 107101

Tatvorwurf: Sie wechselten den Fahrstreifen und verursachten dabei einen Unfall.

Ordnungswidrigkeit gem.: § 7 Abs. 5, § 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; 31.1 BKat; § 19 OWiG

Verwarnungsgeld: 35,00

Punkte: Nein

Fahrverbot: Nein.

A oder B - Verstoß: Nein:


Neben dem Verwarnungsgeld müsste die Versicherung vom LKW noch den Schaden durch den von ihm verursachten Unfall begleichen, aber das ist eine Sache zwischen der Versicherung und dem Halter des beschädigten Fahrzeuges.

Übrigens, erfolgt doch eine Verurteilung wegen des Unerlaubten Entfernens vom Unfallort, nimmt einen in der Regel die Versicherung in Regress und kann bis zu 5000,- Euro von Deinem Mann Fordern.

Also wie gesagt, ich kann in Anbetracht der weitreichenden Folgen des Tatvorwurfes nur ganz ganz dringend dazu raten einen Rechtsanwalt aufzusuchen und das völlig unabhängig ob Eure Rechtsschutzversicherung die Kosten übernimmt oder diese nicht übernimmt.

Schöne Grüße
TheGrow

Crack  08.11.2014, 19:51
Aber unabhängig, ob die Rechtsschutzversicherung hier eintritt oder nicht, so würde ich mich auf jeden Fall an einem Rechtsanwalt werden und keinesfalls die Sache selber in die Hand nehmen.

Das ist auch meiner Meinung nach ein MUSS.

Als LKW-Fahrer kann man gerade leichte Unfälle "überhören". 5000€ Sachschaden sind allerdings schon etwas heftiger, es kommt hier also auf den genauen Ablauf an.

Es kann gut sein das es zwischen LKW und PKW nur eine leichte oder überhaupt keine Berührung gab und der Sachschaden dann erst durch das Ausweichen und "Einschlagen" an einer Leitplanke, Baum o.ä. entstanden ist.

Dann muss der LKW-Fahrer auch nicht unbedingt etwas mitbekommen haben, und das herauszuarbeiten ist Sache eines Anwaltes.

Auch ganz wichtig: Die Vorladung bei der Polizei absagen oder nur mit Anwalt wahrnehmen, allein kann man sich ganz schnell selbst belasten weil man im Detail gar nicht versteht worauf es ankommt.

DH für die Antwort.

Er kann, aber er muss nicht zur Polizei gehen. Geht er zur Polizei, wird seine Aussage dort zur Staatsanwaltschaft gesendet. Geht er nicht, geht die Sache eben ohne seine Aussage zur STAA. Der STAA sichtet die Unterlagen und erhebt je nach Lage Anklage oder nicht. Ich würde die Sache erst einmal der Rechtsschutzversicherung melden und Deckungszusage holen. Damit kann dein Mann einen Rechtsanwalt nehmen. Der wird alles weiter mit ihm besprechen.

TheGrow  08.11.2014, 17:39

Hallo gegnhang,

ich glaube weder Dir, noch der Fragestellerin ist bewusst, welche weitreichenden Konsequenten im Falle einer Verurteilung drohen.

Zwar ist Dein Rat richtig, sofort die Rechtschutzversicherung zu informieren.

Aber hier ist die in Anspruchnahme eines Rechtsanwaltes ob nun mit oder Kostenübernahme der Rechtsschutzversicherung meiner Meinung nach unerlässlich.

Bei einer Verurteilung droht hier:

  1. eine Geld oder Freiheitsstrafe (die sicherlich noch zur Bewährung ausgesetzt wird

  2. Der Entzug der Fahrerlaubnis für mindestens 6 Monate (was für einen Berufskraftfahrer sicherlich Existenzbedrohend ist)

  3. Eine Regressforderung der Versicherung bis zu 5000,- Euro.

Ich rate aufgrund dieser in Frage kommenden Folgen auf jeden Fall dazu, nichts ohne rechtsanwaltlichen Beistand zu machen.

Schöne Grüße
TheGrow

gegnhang  08.11.2014, 18:08
@TheGrow

Ja, so war es auch gemeint. Die Deckungszusage ist nur wichtig, nicht das man erst zum Anwalt geht und die RS sich dann quer stellt. Mit Deckungszusage zum Anwalt und beraten lassen.

Mally 
Fragesteller
 09.11.2014, 12:34
@TheGrow

Vielen Dank für die guten Ratschläge,ich denke ohne Euch wäre mein Mann treu und brav zur Polizei gegangen,denn er ist sich keiner Schuld bewusst. Zu allem Übel hat sein Boss schon mit dem sogenannten "Opfer" gesprochen,ich denke das ist gar nicht gut. und könnte von der Staatsanwaltschaft schon als Schuldeingeständnis gewertet werden. Da würde meinem Mann dann wohl nicht einmal seine jahrzehntelange,unfallfreie Erfahrung als Berufskraftfahrer nutzen.

Nochmals danke

Mally

Lkwfahrer1003  10.11.2014, 14:13
@Mally
 könnte von der Staatsanwaltschaft schon als Schuldeingeständnis gewertet 

Nein .... der Boss ist nicht Unfallbeteiligter und kann zum Unfallhergang nichts sagen, sofern er nicht dabei war ......

Er hat vermutlich nur die Versicherungstaten weitergegeben !

Halte dich an TheGrow ! Alles richtig erklärt und bei einem Schäden von ca. 5000 hat es schon einen ordentlichen Rumbs gelassen ! Das wird der Gutachter vermutlich auch so sehen ! Ab zum Ra und vorerst mal nichts bei der Polizei sagen !

Mein Mann hat nichts gemerkt von all`dem

;-)) sorry wenn ich lächeln muß, aber nichts bemerkt bedeutet nicht zwangsläufig das es nicht passiert ist... Es könnte auch bedeuten das dein Mann es einfach (aus welchen Gründen auch immer) nicht gemerkt hat...

Ist mir beim Abbiegen mit einem 3 Achser auch schon passiert da die hintere Achse mitlenkt und jemand dort hineingefahren ist... ohne das ich das merkte... Haben mir erst Fahrgäste berichtet... Da hatte ich nochmal Glück.

Kurzum - deine Mann wird auf jeden Fall einen Anwalt benötigen (Einsicht in die Unterlagen nehmen lassen) - ob es die Rechtsschutz bezahlt oder nicht...