ECTS - Eure Erfahrung bezüglich Arbeitsstunden?

6 Antworten

Die Berechnung von 25 bis 30 Stunden pro Leistungspunkt ist eher ein Näherungswert als eine tatsächlich 1:1 umrechenbare Größe. Wie schon schön beschrieben wurde, wirst du Veranstaltungen haben, für die du gefühlt mehr arbeitest und solche, durch die du mit weniger Aufwand kommst.

Außerdem hast du möglicherweise einen kleinen Rechenfehler drin, denn du scheinst mir die wöchentliche Arbeitsbelastung anhand der tatsächlichen Vorlesungswochen zu berechnen. Es zählt in den Arbeitsumfang aber auch alles hinein, was man in der vorlesungsfreien Zeit zu tun hat, also vor allem die Prüfungen und deren Vorbereitung. Dadurch reduziert sich - rein rechnerisch - die Arbeitsbelastung in der Vorlesungszeit.

Du musst dich aber schon darauf einstellen, gerade in den ersten Semestern etwas mehr zu tun zu haben, als in den späteren. Denn gerade die Grundlagenveranstaltungen kommen natürlich am Anfang und da hat man als Studienanfänger meist mehr zu rudern und mehr vor- und  nachzubereiten.

Ich würde also prinzipiell sagen, dass 52 Wochenstunden etwas zu hoch gegriffen ist (Ausnahmen gibt es immer), aber grundsätzlich ist ein Vollzeitstudium eben genau das: eine Vollzeitbeschäftigung.

Trotzdem viel Spaß und viel Erfolg beim Studum!

Das ist wirklich extrem unterschiedlich.

Es gab Semester, in denen ich zwischen 40 und 45 Credit-Points nach ECTS geholt habe, aber auch solche, in denen ich lediglich 10 Credit-Points nach ECTS geholt habe.

Ein Vollzeitstudium soll einer Arbeitsbelastung von ca. 40 Stunden (Gesamtaufwand, nicht Präsenzzeit!) pro Woche entsprechen, aber es gibt an unserer Universität immer wieder Aushänge (der studentischen Vertretungen), die darauf hinweisen, dass es tatsächlich eher einer Arbeitsbelastung von ca. 60 Stunden pro Woche entspricht.

Allgemein halte ich die Punktezahlen für wenig aussagekräftig. Meist werden sie auch lediglich (oder zumindest primär) anhand der Präsenzzeit errechnet. Die Module, die bei uns die wenigsten Leistungspunkte geben, sind Forschungsseminare. Diese weisen auch eine sehr geringe Präsenzzeit auf, meist ca. zwei (Zeit-)Stunden pro Woche. Dafür ist der Arbeitsaufwand, den man nebenher noch zu Hause oder in den Laboren treiben muss, allerdings enorm. Ich finde, diese Seminare gehören zu den intensivsten Modulen überhaupt, denn die Anforderungen sind dort wirklich hoch und die Maßstäbe für die Bewertung rigoros. Bei manchen Seminaren habe ich bereits Ausarbeitungen mit einem Umfang von fast zweihundert Seiten eingereicht. Wenn die Ausarbeitungen nicht sehr umfangreich sind und höchsten wissenschaftlichen Standards genügen, hast Du bei diesen Modulen eigentlich keine Chance.

Neben einem solchen Seminar kannst Du realistisch betrachtet höchstens noch eine weitere Veranstaltung hören, ansonsten wirst Du es nicht schaffen. Dennoch wird Dir die Mühe am Ende mit sage und schreibe vier Leistungspunkten vergütet. Es gibt Module, die zehn Leistungspunkte geben und weniger aufwändig sind. Gerade im Masterstudium habe ich nicht die Erfahrung gemacht, dass der Aufwand, den man für die einzelnen Module treiben muss, tatsächlich mit den vergebenen ECTS-Punktzahlen korreliert. Wenn Du den Dozenten kennst, der die Veranstaltung abhält, kannst Du anhand der Person häufig den Schwierigkeitsgrad/Aufwand besser abschätzen, als anhand der Punktezahl. Es gibt eben Dozenten, die dafür bekannt sind, dass für sie "das beste gerade noch gut genug ist" und andere, bei denen es etwas "lockerer" ist. Allgemein gibt es auch "einfachere" und "schwierigere" Studiengänge, Hochschulen/Universitäten mit jeweils eigenen Anforderungen und ein konsekutiver Masterstudiengang ist nicht selten deutlich aufwändiger, als der Bachelorstudiengang, auf dem er aufbaut.

Ich weiß, dass die ECTS-Punkte eine Vergleichbarkeit des Arbeitsaufwands bringen sollten, aber in meinen Augen tun sie das nicht. Sie taugen allenfalls als grober "Fortschrittsindikator", um abschätzen zu können, wie viel man im Studium bereits erreicht hat und wie viel man noch vor sich hat.

easyeah 
Fragesteller
 05.09.2017, 13:39

Weisst du auch, wie es in den geisteswissenschaftlichen Fächern ist, da es dort ja kaum Laborseminare gibt?

NoHumanBeing  05.09.2017, 15:38
@easyeah

Ich könnte allenfalls bei Gelegenheit einen Kollegen von mir fragen, der Politikwissenschaften studiert hat. Das ist aber schon eine ganze Weile her und gibt damit evtl. nicht die heutige Situation wieder.

Ich denke allerdings nicht, dass geisteswissenschaftliche Studiengänge unbedingt "einfacher" oder weniger arbeitsintensiv sind. Auch dort kann man die Studenten "quälen". Dann gibt es eben enorme Mengen an Literatur zu bewältigen und auszuwerten.

Ich finde der Arbeitsaufwand für die ECTS ist für normale Fächer und Hochschulpraktika zu hoch angesetzt. Ich hatte im Maschbaustudium sehr oft 5 ECTS Fächer und ich hab sicher nicht 5*30h =150h für das Fach benötigt. Eher die hälfte.

Andere Fächer haben formal zwar 5 ECTS aber der Lernaufwand kann 2x so hoch sein.

Bei Studienarbeiten sieht es anders aus. Bei Bachelorarbeit 11 ECTS = 330h und Masterthesis 30 ECTS = 900h haben viele meist um Faktor 1,5 - 2 überschritten.

Wie immer ist das natürlich von Fall zu Fall unterschiedlich.

Ich bin mal ehrlich, ich bin nicht immer zu Vorlesungen gegangen, aber zu (fast) jedem Seminar/Übung oder Praktikum. Diese hab ich auch dementsprechend vorbereitet. 

Ich hatte 6 Module pro Semester und dementsprechend Prüfungen. Während der normalen Vorlesungszeit war ich meist 3*90 min täglich(Im Durchschnitt) in der Uni und habe Nachmittags vllt eine Stunde für die Seminare am nächsten Tag vorbereitet. Am Wochenende gar nichts.Und ja, ich bin auch so manche Tage einfach gar nicht gegangen.

Soviel Freizeit wie im Studium hatte ich nie wieder ;)

NoHumanBeing  05.09.2017, 11:13

Soviel Freizeit wie im Studium hatte ich nie wieder ;)

Dann hast Du offenbar "das richtige" studiert. Vermutlich kein technischer Studiengang, oder? ;-)

Gandalf89  05.09.2017, 11:24
@NoHumanBeing

Wirtschaftsingenieurswesen ;)

Natürlich gab es auch bei mir Kommilitonen, die einen höheren Aufwand hatten, und auch die Hälfte hat es am Ende nicht geschafft.

Deshalb meine ich ja, dass ist von Fall zu Fall unterschiedlich, der Eine muss mehr, der Andere weniger machen. Stressig wars nur in der Prüfungszeit.

Ab dem 3. Semester war ich dann noch nebenbei arbeiten und hatte trotzdem noch mehr Freizeit als heute im Arbeitsalltag.

NoHumanBeing  05.09.2017, 15:32
@Gandalf89

Wirtschaftsingenieurswesen ;)

Oh, Glückwunsch!

Ein guter Freund von mir studiert das ebenfalls und der meinte auch immer, es sei recht entspannt. :-)

Ich studiere Informatik und Physik (Haupt- und Nebenfach). Der Bachelor hatte auch harte Phasen, war aber insgesamt gut zu bewältigen. Der Master war dann allerdings der Horror. Meine Leistungen waren in beiden Fällen gut, allerdings musste ich im Master die Regelstudienzeit massiv überziehen, weil der Workload einfach nicht zu bewältigen war. Auch sonst hat mich der Master eigentlich ständig an meine Belastungsgrenze gebracht.

Ab dem 3. Semester war ich dann noch nebenbei arbeiten und hatte trotzdem noch mehr Freizeit als heute im Arbeitsalltag.

Ich war vor Aufnahme meines (Bachelor-)Studiums bereits eine Weile lang als Facharbeiter tätig. In meinen Augen hatte ich als Angestellter zwar weniger Freiheit, aber eben auch weniger Stress, als im Studium. Du musstest zwar immer zu einer bestimmten Zeit im Büro sein und eine bestimmte Dauer bleiben (zumindest "im Mittel" - Gleitzeit eben ;-) ), aber wenn Du das Büro verlassen hast, konntest Du dafür in der Regel auch wirklich "abschalten", bis Du am nächsten Tag wieder im Büro sein musstest. Die Probleme waren ja nicht "Deine" Probleme, sondern die des Unternehmens und Du musstest nur innerhalb der Arbeitszeit Fortschritt an ihnen erzielen.

Wenn Du studierst, gibt es diese Grenzen nicht. Du hast quasi zu jeder Zeit die Möglichkeit, an einer Hausarbeit zu arbeiten, auf die Klausuren zu lernen, an Deiner Thesis zu schreiben und siehst es daher auch als Deine Pflicht, dafür jeweils so viel Zeit wie möglich aufzuwenden. Dadurch fährst Du im Grunde immer "am Limit", denn tätest Du es nicht, müsstest Du Dir selbst vorwerfen, Dein Potential nicht auszunutzen. Aus dem Grund finde ich "Freizeit" im Studium auch schwer zu definieren. Du hast zwar überwiegend eine sehr freie Zeiteinteilung, aber eigentlich hast Du auch nie so wirklich "frei". Es gibt immer irgendwas zu tun, ständig sind irgendwelche Termine "am Horizont" und wenn Du einen überschreitest, dann ist es ganz allein Dein Problem. Mich persönlich belastet diese Form von "Dauerstress" extrem. Mag sein, dass Menschen da unterschiedlich reagieren.

Solche Rechnungen sind fernab jeder Realität und interessieren nur irgendwelche verkopfte Theoretiker, die die Modulpläne zusammenstellen. Du brauchst dir darüber keine Gedanken machen, denn Aufwand nach Punkten aufzuteilen kann niemals zum Erfolg führen.