Bin ich enterbt?
Hallo zusammen,
Mein Vater ist vor 3 Monaten verstorben.
Es war ein kurzer schwerer Kampf und ich konnte drei Wochen nicht fassen was passiert, die Ärzte hatten nicht einmal eine Diagnose. Dann kam der Anruf ich solle mich verabschieden :(
Nach seinem Tod wollte ich meiner Mutter helfen ihren Papierkram schnell zu erledigen weil sie ein Haus verkaufen wollte. Sie sagte zu mir und meiner Schwester wir sollen einen kurzen Text verfassen in dem steht: hiermit akzeptiere ich meine mutter als alleinerbin. Sie sagte das würde ihr helfen das Haus schneller zu verkaufen und alles andere würde ein Anwalt später mit uns abklären. Sie steht übrigens auch als alleinerbin im Testament.
Bin ich jetzt enterbt?
Ich will meine Mama nicht Kränken, ich weiß nicht wie ich fragen soll. Ihr geht es eh schon schlecht :(
Deswegen frage ich lieber einmal hier, meint ihr da kommt noch was an "Erbe". Also einklagen oder so will ich nichts. Dann ist mir der Familienfrieden wichtiger.
Aber meine Eltern sind sehr sehr Wohlhabendend. Ich habe keine Ahnung wie viel geld sie haben, es sind aber mindestens 20 Wohnungen und Häuser.
Also meint ihr wirklich es kommt noch ein Anwalt auf meine Schwester und mich zu? Oder haben wir uns mit dem Schreiben für das Amtsgericht selber enterbt?
Danke schon mal im Voraus!
8 Antworten
Die Vielzahl von teils richtigen teils unrichtigen und - in Bezug auf Ihre Mutter zu Unrecht gehässigen - Antworten werden Sie eher verwirrt als Ihnen geholfen haben.
Zutreffend erscheint mir, und das sollten Sie anhand des Testamenttextes überprüfen, dass die Eltern ein sogen. Berliner Testament gemeinschaftlich errichtet haben, in dem zwei Hauptpunkte festgelegt worden sind: 1) Der zuerst versterbende Ehe-partner wird von dem überlebenden Ehepartner allein beerbt, und 2) Der zuletzt versterbende Ehepartner wird von den gemeinsamen Kindern zu gleichen Anteilen beerbt. Wenn sich das so verhält, ist das völlig normal und geradezu die Regelform für Testamente von Ehepaaren: Es soll damit der überlebende Partner finanziell abgesichert sein, und die gemeinsamen Kinder sollen (erst) nach dessen Tod in den Genuss des elterlichen Vermögens kommen. Ich kann mir nach Ihren Schilderungen nicht vorstellen, dass hier ein anderer Sachverhalt vorliegt. Wichtig für Sie ist zu wissen, dass Ihre Mutter an das Berliner Testament gebunden ist. Sie kann also nicht wirksam andere Personen zu Erben einsetzen als in dem Testament bestimmt ist, es sei denn ihr sei das in dem Testamentswortlaut ausdrücklich vorbehalten worden.
Wenn Sie befürchten müssten, dass Ihre Mutter dem Gedanken des Berliner Testaments zuwider handeln möchte (was bei normalen Familienbeziehungen äußerst ungewöhnlich wäre), stünde Ihnen die Möglichkeit zur Verfügung, von Ihrer Mutter den Pflichtteil aus dem väterlichen Nachlass zu zahlen, der dem Wert der Hälfte des gesetzlichen Erbteils von 25% entspräche, also 1/8 des Wertes des väterlichen Nachlasses ausmachen würde. Es könnte allerdings sein, dass in dem B.T. Ihrer Eltern ein Satz steht, dass das Kind, das beim ersten Erbfall den Pflichtteil verlangt, auch beim zweiten Erbfall nur den Pflichtteil bekommen soll. Das würde dann Ihre Erbfolge nach dem Tod der Mutter verhindern und Sie würden dann nur 25% des Nachlasswertes der Mutter (weil Sie und die Schwester je zu 50% gesetzliche Erben sein würden) in Geld verlangen können.
Ich bin der Meinung, dass, wenn Sie über die Dinge und vor allem den Testaments-wortlaut offen mit Ihrer Mutter sprechen können und von ihr informiert werden, und wenn sich herausstellt, dass die Lage so ist, wie ich sie hier dargestellt habe, keinen Anlass haben werden, einen Anwalt zu beauftragen und ihn gegen Ihre Mutter einzusetzen. Ich vermute doch, dass Ihre Mutter keinen Anlass haben wird, Ihnen und Ihrer Schwester gegenüber zu verheimlichen, wie der Vater und sie die Erbfolge der Kinder testamentarisch geregelt haben.
Vielen Dank für die Ausführliche Antwort!
Bin ich jetzt enterbt?
Antwort:
Sie steht übrigens auch als alleinerbin im Testament.
Ja, bist du. Genauso wie sonstige Kinder. Normalerweise erben die Kinder im Gegenzug nach dem Tod des Überlebenden alles. Aber da wir das Testament nicht kennen, ist das nur Spekulation.
Wenn Deine Mutter Alleinerbin ist, bist Du nicht enterbt, sondern lediglich Nacherbe. D.h. Du und Deine Schwester erben, wenn Deine Mutter stirbt, was vom Erbe Deines Vaters noch da ist.
Was sie sich von Euch hat unterschreiben lassen, war genau genommen die Absicherung, dass Ihr das Testament, welches sie als Alleinerbin bestimmt, nicht anfechtet. Dass Ihr dies eventuell tut, hat sie wohl nicht ganz ausgeschlossen.
Das ist gut zu wissen!
So schaut's aus.
Eine Vor- und Nacherbfolge kann ich in der Frage nirgends erkennen. Höchstens eine sog. Schlusserbeneinsetzung könnte erfolgt sein, wenn die Eltern ein Berliner Testament gemacht haben.
Richtig. Das wäre eigentlich auch der Regelfal im Berliner Testament, um das es sich ja handelt, wie zwischenzeitlich festgestellt. Aber genau deswegen sollte der OP zum Anwalt und sich beraten lassen.
falsch, wenn sie Alleinerbin, ist dann sind alle anderen enterbt. Dein Fall gilt nur beim Berliner Testament
Eben! Deshalb nicht falsch. Ich gehe davon aus, dass es sich um ein Berliner Testament handelt. Und: um Kinder zu enterben, genügt es nicht, die Mutter der Kinder als Alleinerbin einzusetzen, sondern sie müssen explizit vom Erblasser von der Erbschaft ausgeschlossen werden. Erst dann haben sie Anspruch auf ihrer Pflichtteil, welcher immerhin 50% des Gesamterbes beträgt; in diesem Fall also 25% für jeden. - Da ein solcher Ausschluss offenbar nicht besteht, kann es sich nur um ein Berliner Testament handeln. 🙄
bei der Größe des Vermögens, würde ich als Kind nun meinen Pflichtteil einfordern, weil deine Mutter mit dem ganzen Schotter überfordert ist, was passieren kann ist, du bekommst Wohnungen als Erbteil und musst dich mit den Mietern rumschlagen.
Jein, Pflichtteil ist Barforderung!
Erstmal mein Beileid.
Da es ein Testament gibt, in dem die Mutter als Alleinerbin eingesetzt wurde, ist das dubiose Schriftstück mit dem genannten Inhalt im eigentlichen Sinn ohne Relevanz; hier geht es vermutlich darum, dass die Kinder das Testament nicht anfechten. Den Kindern steht hier grundsätzlich der Pflichtteil zu, so die selbigen auch einfordern. Der Pflichtteil wäre die Hälfte des gesetzlichen Erbteils von 25%, sofern es nur euch beide als Abkömmlinge des Erblassers gibt. Somit beliefe sich der Pflichtteil jedes der beiden Geschwister auf 12,5%.
Es dürfte in Anbetracht der Werte sinnvoll sein, wenn ihr euch anwaltlichen Rat einholt.
Ich habe Angst einen Anwalt einzuschalten weil ich sie nicht verletzen möchte. Das Testament meines Vaters haben wir bestimmt 20 mal ausgedruckt, versteckt in irgendwelchen Büchern gefunden. Es muss meinem Vater also wichtig gewesen sein. Ich möchte auch nicht die Beziehung zu meiner Mutter kaputt machen, ich habe ja nur noch sie...
Ich habe Angst einen Anwalt einzuschalten weil ich sie nicht verletzen möchte.
Das ist hier nicht relevant. Du beauftragst den Anwalt, das ist deine Sache. Solange der Anwalt dich nur berät, wird ja niemand verletzt oder muss sich angegriffen fühlen. Du sollst dich ja nur beraten lassen über die Folgen der testamentarischen Verfügung.
Das Testament meines Vaters haben wir bestimmt 20 mal ausgedruckt.
Es war also nicht hinterlegt? Das erklärt das Schreiben - es geht der Mutter um die Anerkennung der vorliegenden Fassung durch euch.
Wenn du nicht willst, musst du den Pflichtteilsanspruch auch nicht geltend machen. Ansonsten bekommst du allerdings gar nichts aus dem Nachlass deines Vaters.
Doch es ist notariell beglaubigt und glaube ich auch hinterlegt. Zusätzlich hat mein Vater es dutzende mal ausgedruckt und in Büchern und im Tresor versteckt.
Doch es ist notariell beglaubigt und glaube ich auch hinterlegt.
Wenn es hinterlegt wurde, wird es offiziell eröffnet, üblicherweise durch das Nachlassgericht, seltener (hängt vom BL ab) durch den Notar. Das ädert aber nichts an dem Vorgenannten.
Ansonsten bekommst du allerdings gar nichts aus dem Nachlass deines Vaters.
Zum jetzigen Zeitpunkt, nein. Beim Ableben des Längerlebenden allerdings ggfs schon, wobei die Regularien vom Testament abhängen (und davon, welche Verfügungsgewalt der Längerlebende hinsichtlich der Vermögenswerte hat, Stichwort Vorerbe/Nacherbe).
Also werden wir vom Nachlassgericht noch mal richtig aufgeklärt? Passiert das automatisch?
Lg
Wenn es sich um eine offizielle Testamentseröffnung handelt, ja. Bitte gehe zum Anwalt. Das Ratespiel hier wird a) mühsam und b) nützt es dir nichts.
Ja Sie haben Recht, werde ich machen! Danke !
Kommt darauf an, wie das Testament geregelt ist. Wie gesagt, Mach Vor-und Nacherbschaft sieht das nicht aus. Bei Berliner Testament ist eine gegenseitige Einsetzung als alleinige Vollerben des Erstversterbenden und Schlusserbeneinsetzung der Kinder nach Tod des Letztversterbenden Standard. Evtl. noch eine Pflichtteilsverwirkungsklausel.
Ich würde sagen: erstmal Testament genau lesen, beim Nachlassgericht nachfragen. Ein Anwalt würde hier beim jetzigen Stand mMn unnötige Kosten verursachen, da er einem evtl nur sagt dass man lieber keinen Pflichtteil geltend macht.
Ich würde sagen: erstmal Testament genau lesen, beim Nachlassgericht nachfragen.
Das auf jeden Fall. Allerdings erteilt das Gericht keine Rechtsauskünfte.
Ein Anwalt würde hier beim jetzigen Stand mMn unnötige Kosten verursachen,
Naja - es geht ja scheinbar auch um nicht unerhebliche Summen, die da vererbt werden. Eine einfache Beratungsstunde kostet nach Absprache vermutlich so um die € 300.--; die schienen mir hier gut angelegt, wenn man selbst über nun so gut wie gar keine juristischen Kenntnisse und Erfahrungen im Erbrecht verfügt. Rechtsschutz wird hier vermutlich keiner bestehen, denn nur wenige RSV bieten auch nur eine Basisdeckung im Bereich Erbrecht, und die, welche es tun, gehen kaum über eine Erstberatung hinaus,
da er einem evtl nur sagt dass man lieber keinen Pflichtteil geltend macht.
Auch das ist dann aber ggfs. ein guter Rat :-)
Das Nachlassgericht erteilt auf jeden Fall Auskünfte. Lediglich eine Beratung darf nicht erfolgen. Eine Auskunft, ob man Pflichtteilsberechtigt ist und was passiert, wenn man diesen geltend macht, ist keine Rechtsberatung. Dann müsste man ggf. selbst entscheiden, ob man lieber den Pflichtteil möchte, dafür kein Erbe beim zweiten Erbfall oder andersrum.
Das Nachlassgericht erteilt auf jeden Fall Auskünfte.
Zum Sachverhalt, ja natürlich.
Lediglich eine Beratung darf nicht erfolgen.
Richtig.
Eine Auskunft, ob man Pflichtteilsberechtigt ist und was passiert, wenn man diesen geltend macht, ist keine Rechtsberatung.
Doch, selbstverständlich mMn. Genau damit ist die Grenze zur Beratung überschritten - zumindest wenn der Fragesteller seine Frage nicht so formuliert, dass der oder die zuständige AnsprechpartnerIn diese mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten kann. Ist ja beim FA auch nicht anders.
Puh das ist wohl Ansichtssache. Wenn der zuständige Rpfl lediglich genau erklärt, was denn das Testament bestimmt, also zb erklärt was denn eine Pflichtteilsverwirkungsklausel überhaupt ist, ist das keine Rechtsberatung. Wenn er allerdings sagt „also ich würde den Pflichtteil geltend machen“, dann ist es eine Beratung. Die Vereinfachung eines rechtlichen Sachverhalts für einen Laien aber nicht.
Der erste Absatz ist leider falsch. Wenn jemand anderes als Alleinerbe bestimmt wird und man selbst eigentlich gesetzlicher Erbe wäre, ist man enterbt.
Eine Vor- und Nacherbfolge kann ich in der Frage nirgends erkennen. Höchstens eine sog. Schlusserbeneinsetzung könnte erfolgt sein, wenn die Eltern ein Berliner Testament gemacht haben. Die Kinder (Schlusserben) können aber tzd frei entscheiden ob sie im ersten Erbfall ihren Pflichtteil verlangen. Eventuell verwirken sie dadurch ihr Erbe nach dem zweiten Erbfall (bei entsprechender Regelung im Testament).
Wenn der Vater ausschließlich die Mutter als Alleinerbin eingesetzt hat und sonst nichts geregelt hat, könnte die Mutter auch einen Verein oder sonst jemanden als Erben einsetzen, dann würden die Kinder dann auch nicht erben.