Ausbildung: schriftliche Ermahnung nach fehlen in der Berufsschule, obwohl der Schüler keine Schulpflicht mehr hat?
Guten Tag,
Azubi Mustermann im dualen System, 28j mit einer bereits vorher abgeschlossenen Berufsausbildung inkl. Fachhochschulreife.
Situation: Schüler war an einem Tag unentschuldigt nicht in der Berufsschule aufgrund Depressionen (wurde bereits 2010 diagnostiziert und tritt sporadisch auf). Ein Attest von einem Arzt liegt für diesen Tag nicht vor.
Eine Woche später erhält der Azubi Mustermann eine schriftliche Ermahnung, in welcher Ihm bei Wiederholung arbeitsrechtliche Schritte angedroht werden.
Laut Schulgesetzt von Rheinland-Pfalz, in welchem der Azubi auch die Schule besucht, steht:
"(3) Auszubildende, deren Berufsausbildungsverhältnis nach Beendigung der Pflicht zum Schulbesuch begründet worden ist, sind bis zu dessen Abschluss zum Besuch der Berufsschule berechtigt, längstens jedoch bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres."
Wie ist das nun zu werten? Azubi Mustermann hat seinen Fehler, sich nicht korrekt verhalten zu haben eingestanden. Wie sieht es aber mit dem Hintergrund der nicht mehr vorhandenen Schulpflicht aus? Jetzt mal komplett unabhängig davon, dass es ratsam wäre, dennoch die Berufsschule zu besuchen.
Vielen Dank
5 Antworten
Für nicht mehr Schulpflichtige gibt es die Möglichkeit, von Vornherein nicht in die Berufsschule zu gehen, voll im Betrieb zu arbeiten und dann als Externer zur Abschlussprüfung anzutreten. Das gibt es häufiger und wird im Ausbildungsvertrag so festgehalten - für den Betrieb ist das toll, er bekommt nämlich eine voll einplanbare günstige Kraft, die Externen haben in der Abschlussprüfung eine Durchfallquote von 60-90 % , je nach Beruf.
Wann soll man, voll berufstätig, auch lernen?
Die Betriebe senden im Rahmen einer dualen Ausbildung die Azubis an 1,5 tagen (oder im Block etc) in die Berufsschule, damit dort die theoretischen Kenntnisse erworben werden. der Berufsschultag gilt als reguläre arbeitszeit und wird bezahlt, ähnlich, wie wenn du an einem Seminar teilnimmst und dir die Arbeitszeit gutgeschrieben wird.
Nun hast du das Seminar/die Berufsschule/die Arbeit geschwänzt und dafür, zu Recht, eine Abmahnung erhalten, da du unentschuldigt der Arbeit (und die BS ist eben bezahlte Arbeitszeit!!!) fern geblieben bist. Viele AG kürzen bei so etwas gerne auch noch das Gehalt!
Wenn du nicht in die BS magst, kannst du mit deinem AG reden, dass du in Zukunft voll arbeitest und dann als Externer antrittst - manche Betriebe machen das, viele wissen, dass es fast unmöglich ist, die Prüfung zu schaffen.
Ich gehe davon aus, dass die Schule in der normalen Arbeitszeit liegt.
Somit wirst du trotz fehlender berufschulpflicht für den Unterricht freigestellt.
Wenn du dort nicht hingehst, musst du selbstverständlich Arbeiten gehen.
Wenn du einfach zu Hause bleibst, ist das dementsprechend Arbeitsverweigerung und abmahnungswürdig.
Wenn du krank bist, musst du dich immer (!!) krank melden. Auch wenn du "nur" Berufsschule hast.
Ob du direkt für den einen Tag eine AU brauchst, hängt von deinem Betrieb ab.
Wenn du nicht zur Berufsschule gehst, musst du in der Zeit arbeiten.
Wenn du dann krank bist, musst du dich bei deinem Arbeitgeber melden.
Und trotz nicht mehr bestehender Schulpflicht kann dein Arbeitgeber das trotzdem im Rahmen deines Ausbildungsvertrages verlangen.
Wenn der Ausbildungsbetrieb den Auszubildenden zum Berufsschulbesuch freistellt, hat er diese zu besuchen, auch wenn keine gesetzliche Schulpflicht mehr besteht.
Der Ausbildungsvertrag wird mit dem Ausbildungsbetrieb abgeschlossen, somit besteht kein direktes Vertragsverhältnis mit der Berufsschule, welches der Auszubildende kündigen / beenden könnte.
Ja, einer staatlichen Berufschulpflicht unterliegt er nicht mehr. Und?
Das "schützt" Azubi Mustermann doch nicht vor arbeitsrechtlichen Folgen eines schlampigen Umgangs mit Pflichten, die aus dem Ausbildungsvertrag resultieren.