Trading Signale verkaufen, erlaubt?


07.01.2023, 14:14

Ich komme aus der Schweiz.*


07.01.2023, 14:16

Jetzt im moment schicke ich gratis signale aber habe vor eine art abo zu verkaufen, für die leute die nicht so viel ahnung oder keine zeit haben im markt zu analysieren. 

ich habe auch erwähnt dass man selbst dafür verantwortlich auf seine eigene verluste oder profite.

3 Antworten

Der Sepp auf der Alm kann einen Infobrief herausgeben, in dem die Position seiner Kühe auf dem Berg genutzt wird, um Trading-Signale zu bestimmen. Jede Kuh ist eine Aktie. Kuh oben: kaufen, Kuh am Hang: halten, Kuh bei der Hütte: verkaufen. Manchmal ist der Sepp nicht ganz nüchtern und er verwechselt oben und unten oder auch die Kühe miteinander. Kein Problem. Der Sepp darf nur keinerlei Gewähr übernehmen und diese Informationen als nach einem wissenschaftlichen System bestimmte Signale, die erfahrene Anleger in ihren Entscheidungen mit leiten können, verkaufen. Der Kuhbrief kostet natürlich Geld und erscheint täglich eine Stunde vor Sonnenuntergang (da ist der Sepp meist noch ausreichend nüchtern).

Gibt es dafür jedoch eine rechtliche Grundlage?

Es gibt da die Europäische Marktmissbrauchsverordnung, der sich auch die Schweiz unterworfen hat: Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch. Diese formuliert klare Anforderungen an Anlageempfehlungen in Art. 20:

Personen, die Anlageempfehlungen oder andere Informationen, durch die eine Anlagestrategie empfohlen oder vorgeschlagen wird, erstellen oderverbreiten, tragen in angemessener Weise dafür Sorge, dass die Informationen objektiv dargestellt und ihre Interessen oder Interessenkonflikte hinsichtlich der Finanzinstrumente, auf die diese Informationen sich beziehen, offengelegt werden.

Sepp ist selbst nicht in den Instrumenten investiert und legt das offen. Die Kuhpositionen werden objektiv dargestellt und sachlich beschrieben.

Um eine durchgehende Harmonisierung dieses Artikels sicherzustellen, arbeitet die ESMA Entwürfe technischer Durchführungsstandards aus, um die technischen Modalitäten für die in Absatz 1 genannten Personengruppen, für die objektive Darstellung von Anlageempfehlungen oder anderen Informationen mit Empfehlungen oder Vorschlägen zu Anlagestrategien sowie für die Offenlegung bestimmter Interessen oder Anzeichen für Interessenkonflikte festzulegen.

Die ESMA hat zur Publikation in sozialen Medien eine Stellungnahme veröffentlicht. Hierbei geht es vor allem um die Offenlegung von Interessenskonflikten, Risiken und Warnungen für bestimmte Anleger für Anlageempfehlungen in sozialen Medien. Ein Kuhbrief wie ihn Sepp publiziert, fällt eigentlich nicht darunter, da es um eine geschlossene Abonnentengruppe geht. Dennoch solltest Du vielleicht mal die Substanzlosigkeit dieser Erklärung lesen:

https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Anlage/dl_ESMA_Erklaerung_DE.html

Was aber sind Anlageempfehlungen? Dazu sagt uns Art. 3 Abs. 1 Nr. 35 MAR:

„Anlageempfehlungen“ bezeichnet Informationen mit expliziten oder impliziten Empfehlungen oder Vorschlägen zu Anlagestrategien in Bezug auf ein oder mehrere Finanzinstrumente oder Emittenten, die für Verbreitungskanäle oder die Öffentlichkeit vorgesehen sind, einschließlich einer Beurteilung des aktuellen oder künftigen Wertes oder Kurses solcher Instrumente.

Das ist schon ziemlich präzise. In Deutschland formuliert §86 WpHG sogar für Personen und Unternehmen, die Anlageempfehlungen abgeben, eine Anzeigepflicht gegenüber der Bafin, d.h. eine Art von Registrierung als Entität, die Empfehlungen abgibt.

Sepp möchte das nicht wirklich und daher überlegt er sich, wie die Definition von Anlageempfehlungen auszuhebeln ist. Das geht sogar relativ einfach. Empfehlungen sind Vorschläge zu Anlagestrategien für Dritte, d.h. Anleitungen zum Handeln. Was nun, wenn diese Informationen gar nicht als Anlageempfehlungen gedacht sind, sondern einfach nur die laufenden Erkenntnisse von Sepp über seine Kühe sind? Was, wenn das Ergebnis dieser wissenschaftlichen Beobachtungen laufend publiziert würden? Was kann Sepp dafür, dass er seine Kühe Daimler, Deutsche Bank, Cisco und HSBC genannt hat?

Mit Spitzfindigkeiten, die Informationen ohne Gewähr verbreiten, sowie mit dem Mäntelchen eines wissenschaftlichen Verfahrens ohne den Anspruch einer Praxisrelevanz kann man durchaus Informationen publizieren. Selbst wenn Sepp jedoch den Weg der Anzeige seines Kuhbriefs per Bafin und ggf. anderer Aufsichtsorgane gehen würde, sind die Anforderungen an die Qualität und Zuverlässigkeit der Analysen sehr gering... und er kann schreiben, was die Kühe so machen, wenn die tatsächlichen Entscheidungen bei den Anlegern liegen und alle möglichen Risiken mit Warnungen genannt sind.

Die wesentliche Frage, die Sepp bei inwischen schon der zweiten Flasche Enzian zu ergründen versucht, ist jedoch, wie er die Zielgruppe dazu motivieren kann, diesen Kuhbrief zu kaufen? Warum würde jemand gutes Geld dafür jeden Monat ausgeben wollen? Vielleicht bekommen neue Abonnenten ja ein Fläschli Enzian als Willkommensgeschenk? Vielleicht wird ja eine Social Media Kampagne gestartet, um den jetzt nicht mehr prosaisch als Kuhbrief, sondern als den "Schweizer Enzianbrief" verkauften Börsenbrief anzupreisen? Ihm ist da auch schon ein Logo mit Blick auf die Alpenlandschaft eingefallen. Aber Vorsicht: da hatte doch die ESMA etwas gesagt... Also eine Seite Börsenbrief und dazu 10 Seiten Warnungen mit Risiken und Disclaimern... klar, läßt sich machen. Sepp schreibt dazu

Die im Schweizer Enzianbrief enthaltenen Angaben stellen keine Anlageberatung dar. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Empfehlung, Geschäfte der angesprochenen Art zu tätigen. Wertentwicklungen der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung. Sepps Meinung dient nur der Information und ist sind nicht als Anlageempfehlung gedacht. Es kann keine Gewähr übernommen werden, dass die Marktprognosen erzielt werden. Die Informationen beruhen auf sorgfältig berechneten Verfahren, doch kann deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Genauigkeit nicht garantiert werden. Der Genuß hochprozentiger, alkoholischer Getränke im Rahmen dieses Verfahrens wird nicht zur Nachahmung empfohlen.

Natürlich kannst Du so ein Abo verkaufen. Mit dem Hinweis, dass es Deine Empfehlung ist, aber Du keine Haftung übernehmen kannst, ist es auch kein Risiko für Dich.

Der Erfolg der Tipps, wird über den Erfolg der Abos entscheiden.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Das würde mich auch mal Interessieren. Bist du fündig geworden?