Zwei Kündigungen - welche zählt denn nun?
Ab und an bin auch ich überfragt, deshalb mal folgendes Szenario:
Ein Arbeitgeber kündigt ein Arbeitsverhältnis in der Probezeit mit einer nicht korrekten Kündigungsfrist. Er hat vom Datum des Schreibens aus gerechnet, was ja schon mal falsch ist, da es dem Gekündigten erst einen Tag später per Post zuging, der sich im Krankenstand befindet. (Datum 03.09 Zugang 04.09 Termin zum 15.09)
Der Gekündigte monierte die fehlerhafte Frist, da es frühestens der 17.09 sein kann. Er macht auch geltend, dass eine verlängerte Frist nach § 86 SGB IX anzuwenden ist, da er anerkannter Schwerbehinderter ist nach § 2 SGB IX
Der Arbeitgeber schickt daraufhin erneut eine Kündigung vom 7.09 Zugang 08.09. mit Termin zum 28.09 - was ja nun auch wieder nicht stimmen würde, es wäre - ausgehend vom ursprünglichen ersten Datum - der 01.10. als Bearbeitungsdatum anzunehmen.
Frage:
wird durch das zweite Schreiben, welches unmissverständlich als Kündigung betitelt wird, die erste Kündigung hinfällig und wäre dann eine Frist erneut von dem Datum 07.09 aus erneut zu berechnen?
oder gilt die erste Kündigung vom 03.09 weiterhin, nur mit dem wiederholt falschen Beendigungstermin, der erneut zu monieren wäre?
Wie gesagt, das zweite Schreiben trägt die Überschrift Kündigung... meines Erachtens wäre damit die erste Kündigung hinfällig oder? Die Person hat den Arbeitgeber ja aufgefordert, die erste Kündigung durch formloses Schreiben auf den korrekten Termin hin abzuändern und nicht eine erneute Kündigung verlangt
Fachkundige und Sachdienliche Antworten mit ggf Urteilen oder Gesetzestexten sind erwünscht...
3 Antworten
Juristisch betrachtet kann eine Kündigung nicht "hinfällig" werden - allenfalls ist sie unwirksam. Erklärung: Hinfällig würde bedeuten, sie wäre gegenstandslos (nicht geschrieben oder nicht existent). Dies ist juristisch nicht der Fall...
Die erste Kündigung gilt demnach, nur sie ist (wegen der offensichtlich falschen Fristenberechnung) unwirksam. Diese durch ein weiteres Schreiben "nachzubessern" bzw. "abzuändern" ist m.E. juristisch nicht haltbar. Zwar gibt es auch Tendenzen, eine (nur) wegen falscher Fristenberechnung unwirksame Kündigung in eine fristgerechte Kündigung (dann zum nächstmöglichen Termin) gemäß § 140 BGB umzudeuten, aber darauf sollte man sich nicht verlassen. Schlau wäre gewesen, bei Ausstellung der ersten Kündigung zu schreiben: "...kündigen wir ..... zum xx.xx.2010, hilfsweise zum nächst möglichen Termin." Da dies nicht der Fall ist, sollte man auf die erste Kündigung keinen Bezug nehmen. Damit ist der zweite Teil Deiner Frage beantwortet.
Zum ersten Teil der Frage: Das sog. "zweite Schreiben" muss nun als das alleinig maßgebende Willenserklärung angesehen werden. Wenn die besagten Voraussetzungen nach § 86 SGB IX vorliegen bzw. die dortige Kündigungsfrist einschlägig ist, hätte die am 07.09. erstellte, am 08.09. (hoffentlich wirksam) zugestellte Kündigung -unter Berücksichtigung des § 187 (1) BGB- frühestens zum 06.10. erfolgen dürfen.
Ergo: Noch eine richtige (!) Kündigung schreiben!
Gruß Nightstick
P.S.: Unter Punkt 2.) sollte es im vierten Satz natürlich "xx.xx.2012" heißen (Tippfehler).
Die erste Kündigung ist zwar durch die darin enthaltene falsche Frist de facto unwirksam, aber nicht automatisch z.B. durch das "Nachschieben", d.h. man muss auch gegen diese vorgehen!
Das Gleiche gilt für die zweite Kündigung...
Noch einmal zur Erläuterung: Meine erste Antwort war aus Arbeitgebersicht geschrieben. Dieser wäre gut beraten nun eine dritte "vernünftige" Kündigung zu schreiben, wogegen der Arbeitnehmer gegen die beiden ersten Kündigungen vorgehen müsste - so er dies insgesamt beabsichtigt.
Und: Danke für´s Kompliment :-))
Moin,
nach meiner Erfahrung nehmen Gerichte in einem Solchen Fall den nächt möglichen Termin an.
I.d.R. sind die Fristen ja 2-wöchig, bzw. 14-tägig zum 15. o Monatsletzten, bzw. -ersten.
Wenn der AG die Postlaufzeit in seiner Frist nicht beachtet hat, würde also der nächst mögliche Termin, je nachdem was gilt, welcher Tarif, BGB, Probezeit o. nicht usw.
Im Allgemeinen wird die Willenserklärung, in dem fall die Kündigung nicht vollständig unwirksam, o. hinfällig, nur weig die Frist um einen o. 2 Tage verpennt wurde.
Beachtenswert ist das erst dann, wenn durch den verspäteten Zugang z.B. grade die Probezeit abgelaufen wäre und danach ein Kündigungsschutz gelten würde.
Ok, leuchtet soweit ein - beide sind wirksam.
Daraus ergibt sich dann die Frage in einer möglichen Klageformulierung - wird der "korrekte" Kündigungstermin dann nun an der zweiten Kündigung festgemacht, das wäre ja dann nochmals 7 Tage später (08.10) oder hängt der an der ersten Kündigung und wäre dann der 01.10 ??
Nachtrag
Ich rechne ja hier mit der Mindestfrist nach § 86 SGB IX von 4 Wochen, also 28 Kalendertagen, da ja die ursprüngliche Vereinbarung im AV durch die nachgewiesene Behinderung unwirksam wird
Ich Dösbaddel - 05.10 nicht 08...!
Ich habe den 06.10. raus - siehe meine Antwort! Gruß...
Der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Arbeitnehmer gilt ohne Rücksicht auf die Dauer der Probezeit in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses nicht (§ 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX). Auch die Mindestkündigungsfrist für schwerbehinderte Menschen von 4 Wochen (§86 SGB IX) gilt während der Probezeit nicht.
Der Arbeitgeber hat jedoch die Beendigung des Probearbeitsverhältnisses innerhalb von vier Tagen dem Integrationsamt anzuzeigen.
hmm... dazu sagt das BAG (7 AZR 25/79) aber was anderes, dass die Mindestfrist aus § 86 SGB IX auch auf Personen anzuwenden ist, die die erforderliche Wartezeit von 6 Monaten noch nicht erfüllt haben
Ich muss dir Recht geben.Meine Information kam von einem Mitarbeiter eines Integrationsamtes.Nach Rückfrage hat er seine Aussage aber korrigiert. Es gilt tatsächlich auch während der Probezeit die Mindestkündigungsfrist von vier Wochen.Sorry.
Danke - es gibt aber auch Urteile von diversen LAG die genau das Gegenteil besagen, aber nach dem ich mich durch die Urteile gewühlt habe stellte ich fest, dass diese auf das Szenario nicht anwendbar sind, da hier nicht gegen die Kündigung selbst vorgegangen wird, sondern nur auf die Heilung der Frist abgezielt wird... und die Klagen bzw Berufungen wurde abgelehnt weil die Klage / Berufung an sich unzulässig war und die Kündigungen wirksam ergingen
Aber wenn die Auskunft aus " erster Hand " kommt, dann wird meine Meinung bestätigt und es kann an der Klageformulierung gearbeitet werden.
So ist es.Ich wünsche noch einen sonnigen Sonntagnachmittag.
Ich resümiere...
die erste Kündigung ist durch nachschieben der zweiten Kündigung unwirksam geworden und nun ist gegen die zweite Kündigung vorzugehen, da diese ebenfalls eine falsche Frist enthält?