Wenn man im Testament nicht namentlich erwähnt ist, ist man dann ausdrücklich enterbt?

8 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Das Testament regelt, was der Erblasser nicht der gesetzlichen Erbfolge unterworfen sehen will. Im Umkehrschluss bedeutet dass, das alle Vermögensgegenstände, die nicht im Testament aufgeführt wurden, entsprechend der gesetzlichen Regelung an die Erben fallen. Zudem unterliegt auch der testamentarisch verfügte Anteil des Nachlasses grundsätzlich nach deutschem Recht (§ 2303 BGB) dem Pflichtteilsrecht. Dieser Anspruch ist aber nicht gegen das Nachlassgericht sondern gegenüber dem / den Erben einzufordern. In Anbetracht der hier offenbar zu Tage tretenden Komplexität (auf die Fragwürdigkeit der Bewertung von Briefmarkensammlungen, aus deren zweifelhaftem Erlös dann die Pflichtteilsansprüche zu befriedigen sein sollen etc. will ich gar nicht eingehen) ist dringend die Hinzuziehung eines Fachanwalts für Erbrecht zu empfehlen; idealerweise - sofern sich die Söhne dahingehend verstehen - durch beide Söhne gemeinsam beauftragt.

Hallo atina1976,

Zunächst erst mal mein herzliches Beileid. Ich hatte während meiner Ausbildung nicht ausdrücklich Erbrecht, allerdings habe ich mich in den letzten Wochen etwas damit befasst, da mein Onkel erst verstorben ist. Der Teil der Vermögenswerte, der im Testament geregelt ist, geht auch so über (letzter Wille). Der Rest was an Vermögenswerten noch vorhanden ist, wird nach dem Erbgesetz aufgeteilt. Dieses ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Das kommt auf den Verwandtschaftsgrad an. In erster Linie erbt die Ehefrau / der Ehemann, danach die Kinder, daraufhin die Eltern und dann die Geschwister. Der Betrag wird gleichermaßen aufgeteilt, außer es ist eben durch Testament anders geregelt. Der Pflichtteil berechnet sich anhand der vorhandenen Summe und anhand des Verwandtschaftsgrades. Ich hoffe ich konnte dir ein klein wenig helfen. Hier noch ein Tipp: Wenn du eine Rechtschutzversicherung hast ist die Erstberatung beim Anwalt (hier ein Anwalt der sich auf Erbrecht konzentriert) kostenlos. Diese würde ich in Anspruch nehmen, da er genauer sagen kann, welche Möglichkeiten man hat.

Hier noch ein Link zur Erbfolge: http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/notizbuch/service/erben-gesetzliche-erbfolge102.html

Ich wünsche dir alles Gute!

Liebe Grüße Shakalaka

HeinzundHeinz  08.05.2014, 11:54

Sorry: einige Korrekturen:

Es gibt kein "Erbgesetz". Das Erbrecht ist im BGB geregelt und ist - wie alles im Zivilrecht - in allen Bundesländern gleich. Erben ersten Grades sind die Kinder. Der Ehegatte ist nicht verwandt, hat aber neben den Verwandten ein eigenes Erbrecht. Der Betrag wird nur unter den Verwandten gleich aufgeteilt. Das Erbrecht des Ehegatten beträgt dagegen z.B. bei Zugewinngemeinschaft neben einem Kind oder auch mehreren Kindern die Hälfte des Nachlasses. Pflichtteilsberechtig sind nur Abkömmlinge, der Ehegatte oder Eltern (falls sie gesetzliche Erben würden).

Der Pflichtteil betrifft alle hinterlassenen Dinge...

... ausdrücklich enterbt: Nur unter ganz wenigen Voraussetzungen kann jemandem der Pflichtteil versagt werden.

Ehefrau 50 %; jedes der beiden Kinder je 25 % (Pflichtteil je 12,5 %)

altermann58  18.06.2013, 13:50

Ergänzung: Gibt es Gütertrennung und auf die Ehefrau geschriebenen Besitz? Dann zählt nur das vom Erblasser Besessene als zu verteilendes Erbe!

Der Anteil des Pflichtteils bezieht sich auf das gesamte Erbe unabhängig davon ob der Erblasser es im Testament erwähnt oder nicht.

Anspruch auf Pflichtteil hat jedes Kind und dies betrifft die komplette Hinterlassenschaft, auch die immobilien. Viel Glück.

schleudermaxe  18.06.2013, 13:56

Nachsatz: Hinterlässt beispielsweise der verstorbene Witwer zwei Kinder, so beträgt der gesetzliche Erbteil der Sprösslinge jeweils 50 Prozent. Daraus ergäbe sich eine Pflichtteilhöhe von 25 Prozent. Trotz möglicher Enterbung erhielte ein Kind noch immer ein Viertel des Vermögens. Bei einem Gesamtnachlass von 200.000 Euro beträgt der gesetzliche Erbteil für jedes Kind somit 100.000 Euro und der Pflichtteil demnach 50.000 Euro.

Das Tückische dabei - es ist immer ein Geldanspruch. „Kritisch bei Pflichtteilsansprüchen ist vor allem, wenn der Nachlass vorwiegend aus Sachwerten besteht“, sagt Bernhard Klinger, Fachanwalt für Erbrecht aus München und Vorstand im Netzwerk Deutscher Erbrechtsexperten. So sehen sich häufig Erben einer Immobilie oder eines Unternehmens damit konfrontiert, dieses Vermögen veräußern zu müssen, um Pflichtteilsansprüche erfüllen zu können. „Der Erbe kann jedoch eine Stundung des Pflichtteils verlangen, wenn die sofortige Erfüllung des gesamten Anspruchs für ihn wegen der Art der Nachlassgegenstände eine unbillige Härte wäre“, rät Klinger