Warum wird bei zu geringer Miete das Finanzamt aufmerksam?

10 Antworten

Wenn die Miete weniger als 50% der ortsüblichen Mieter beträgt, kann das Finanzamt die Werbungskosten entsprechend kürzen, siehe § 21 Absatz 2 Einkommensteuergesetz.

https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__21.html

PS: Der Sinn für diese Regelung liegt übrigens darin, dass bei einer Miete, die weit unter der ortsüblichen Miete liegt, von einer mangelnden Absicht zur Erzielung von Einkünften ausgegangen wird.

Wenn die Miete so klein ist, dass die Betriebskosten nicht gedeckt sind, geht das FA davon aus, dass dies ein "Freundschaftsdienst" ist und somit sind Deine Betriebskosten nicht mehr voll absetzbar

Das Finanzamt sieht dann darin eine Art Schenkung oder Unterhaltszahlung und Schenkungen werden in Deutschland auch versteuert.

Wenn man für eine Wohnung weniger als 60% der üblichen Miete verlangt, ist das ja auch erstmal eine komische Sache, warum sollte man das machen, meistens wird dann irgendeine andere Art der Gegenleistung verlangt und das möchte das Finanzamt verstehen und gucken ob das konform ist mit dem Steuerrecht.

Katze446  10.01.2022, 11:09

Weil man seine eigenen Kinder drin wohnen lässt, zum Beispiel. Oder seine alten Eltern. Oder einfach den besten Freund, der gerade in finanziellen Nöten ist.

Jackthebender  10.01.2022, 11:12
@Katze446

Das kann man auch machen, dann sieht das Finanzamt das aber als eine Art Unterhaltszahlung und wenn der beste Freund wirklich in Nöten ist und er kein anderes Einkommen hat ist das auch in Ordnung. Aber wenn man z.B. seine Eltern darin wohnen und die selber trotzdem eine gute Rente haben, müssen die dann auf diesen Unterlassenen Mietbetrag Einkommenssteuer zahlen, da es als Unterhaltsleistung angerechnet wird.

Katze446  10.01.2022, 11:16
@Jackthebender

Interessant, danke.

Dann bin ich mal gespannt, wann das Finanzamt hier bei uns vor der Haustür steht, denn wir sind ein 4-Generationen-Haus und meine Schwiegermutter lässt ihre Eltern für nur 500 Euro warm unten im Souterrain wohnen, weil diese alleine nicht mehr klarkommen. Sie sind 80 und 85 Jahre alt und schwer krank, meine Schwiegermutter kauft für sie ein, putzt für sie und fährt mit ihnen zum Arzt.

Und da die zwei Alten viel heizen, belaufen sich allein deren Nebenkosten mindestens auf 200 Euro, eher mehr, das würde heißen, dass die Wohnung für ca. 300 kalt vermietet wird.

Und das wäre nur halb so viel wie üblich hier in der Gegend.

Jackthebender  10.01.2022, 11:44
@Katze446

Ich würde vermuten, dass es nichtmal auffällt. Souterrainwohnung zu bewerten fällt den Finanzbeamten ja auch schwer, die kommen ja auch nicht vorbei um sich den Zustand anzugucken.

Es gibt generell diesen Richtwert mit 60%. aber dafür muss es ja auch erstmal auffallen...

Mir hat kürzlich jemand gesagt, dass man für eine Immobilie nicht weniger als 60% der Regelmiete verlangen darf, da sonst das Finanzamt hellhörig werden würde.

Siehe § 21 Abs. 2 EStG:

(2)1Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 50 Prozent der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. 2Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich.

Die Gründe dafür sind mir jedoch unbekannt und ich kann das auch nicht ganz nachvollziehen.

Ganz einfach. Eine Immobilie verursacht Werbungskosten (Abschreibung, ggf. Darlehenszinsen, umlagefähige und nicht umlagefähige Nebenkosten). Werbungskosten bedingen aber, dass die zum Erhalt von Einkünften ausgelegt werden.

§ 9 Abs. 1 EStG:

(1)1Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. 2Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind

Wenn ich aber mit meiner Wohnung gar keine positiven Einkünfte generieren will, entfällt auch der Anspruch auf Berücksichtigung von Werbungskosten.

Kann man als Vermieter nicht selbst entscheiden, zu welchem Preis man seine Immobilie vermietet, sofern der Mieter damit einverstanden ist?

Ja und nein. Man darf nich teurer als 10% über der ortsüblichen Vergleichmiete vermieten und wenn man zu weniger als 50% der ortsüblichen Vergleichmiete vermietet dann erkennt das Finanzamt eben Ausgaben zur Wohnung nicht oder nur teilweise steuermindernd an und somit zahlt man u.U. mehr Steuern.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Franz577 
Fragesteller
 11.01.2022, 08:20
Man darf nich teurer als 10% über der ortsüblichen Vergleichmiete vermieten

Und warum nicht, wenn der Mieter bereit wäre, mehr zu bezahlen, weil er z.B. diese Wohnung unbedingt möchte?

Gilt da nicht Vertragsfreiheit?

kevin1905  11.01.2022, 16:45
@Franz577

Diese Kappungsgrenze gilt nicht Deutschlandweit sondern nur in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt.

Folgt aus § 556d BGB.

Das ist dann sowas wie eine verdeckte Schenkung.

Kann man als Vermieter nicht selbst entscheiden, zu welchem Preis man seine Immobilie vermietet, sofern der Mieter damit einverstanden ist?

Verträge sind nicht so frei zu gestalten wie du denkst. Das gilt zB. auch für Verkäufe. Man kan durch niedrige Preise die Schenkungssteuer nicht umgehen.