Muß ich mich als Freiberufler gesetzlich rentenversichern?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo Matitaaa,

ich weiss nicht, wer dir erklärt hat, dass selbständige Krankenschwestern zu den Freien Berufen gehören. Die freien Berufe sind in § i8 des Einkommensteuergesetzes beschrieben und aufgelistet. Es sind beispielsweise Personen wie Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Notare, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Architekten, Beratende Ingenieure und Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Zu diesen Personen gehörst du als Krankenschwester nicht. Im Bundesgebiet sind ca. 500.000 Selbständige in freien Berufen tätig. Freie Berufe sind kein Gewerbe und unterliegen somit in der Regel auch nicht der Gewerbesteuer.

Dann gibst es noch viele Selbständige außerhalb denen, die freien Berufen angehören. Die Gesetzlichen Bestimmungen im Rentenrecht, und nur hierauf zielt deine Frage, unterscheiden hier zwischen „echten Selbständigen“ und „Scheinselbständigen“.

Zu welcher der beiden Personengruppen du gehörst, kannst du durch eine „Statusfeststellungsverfahren“ (so heißt dies) bei einem Rentenversicherungsträger beantragen.

Du hast dein Gewerbe angemeldet und hast einen Gewerbeschein. Ein Durchschlag dieser Gewerbeanmeldung erhält ein Rentenversicherungsträger. Diese kann bis zu 4 Jahren in die Vergangenheit zurück prüfen, zu welcher der beiden Gruppen du gehörst. Wenn du also kein echter Selbständiger bist und kein Statusfeststellungsverfahren beantragt hast, kann es hier zu erheblichen Nachzahlungen kommen.

Dann gibt es in der Rentenversicherung auch selbständige, die Kraft Gesetzes der Versicherungspflicht unterliegen. Hier ist nicht einmal ein Statusfeststellungsverfahren erforderlich.

Es gibt noch diverse andere Möglichkeiten. Diese dir zu erläutern, würde den Rahmen des Forums sprengen.

Du willst nicht in die gesetzliche Rentenversicherung. Ich weiß nicht warum. Die von dir aufgeführten Argumente sind Argumente, welche ich nicht nachvollziehen kann, denn die Realität ist eine andere. Die Argumente hierfür könnten Bücher füllen.

Da du keine Frage zur gesetzlichen Krankenversicherung hast, lasse ich das außen vor.

Eine Information zu Arbeitslosenversicherung möchte ich dir nicht vorenthalten. Selbständige können sich beim Arbeitsamt freiwillig (bei Erfüllung von Vorversicherungszeiten aus unselbständiger Tätigkeit z. B.) selbst versichern. Der Monatsbeitrag kostet ca. 30,00 EURO, Das monatliche Arbeitslosengeld bei ca. 900 EURO und dies mit kostenlosem Krankenversicherungsschutz. Nur für den Fall, dass das mit der Selbständigkeit nicht klappt.

Auch solltest du nicht vergessen, dich bei einer gesetzlichen Unfallversicherung zu versichern.

Alle gesetzlichen Versicherungen haben den Vorteil, dass auch den Beiträgen keine Dividenden für Aktionäre bestritten werden müssen.

Weil schon ein Experte geantwortet hat: Das mit den Handwerkern, sind eigene gesetzliche Bestimmungen. Da du kein Handwerker bist, treffen diese Aussagen nicht auf dich zu.

Wenn du noch weitere Frage hast, dann melde dich nochmals.

Rechtsbeistand und Dozent für die Sozialversicherung in Rente, derzeit Universitätsstudent für Wirtschaftswissenschaften.

Nachstehend noch einige Auszüge aus den gesetzlichen Bestimmungen des Rentenrechts, wenn es dich interessiert.

Woran Sie echte Selbständigkeit erkennen Mancher Unternehmer ist nur auf dem Papier selbständig. Werden Sie zwar vertraglich als selbständig bezeichnet, müssen aber wie ein Arbeitnehmer im Beschäftigungsverhältnis handeln, dann gelten Sie als scheinselbständig und sind tatsächlich abhängig beschäftigt.

Derartige Verpflichtungen eröffnen dem Auftraggeber Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten, denen sich ein echter Selbständiger nicht unterwerfen muss.

Wer dagegen tatsächlich selbständig ist, trägt das unternehmerische Risiko in vollem Umfang selbst und kann seine Arbeitszeit frei gestalten. Der Erfolg des finanziellen und persönlichen Einsatzes ist dabei ungewiss und hängt nicht von dritter Seite ab.

Wichtig für die Beurteilung, ob Sie selbständig sind, ist vor allem die Ausgestaltung von Verträgen mit Ihren Geschäftspartnern. Aber nicht immer sind die Worte auf dem Papier deckungsgleich mit der Realität. Daher kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an, falls der berufliche Alltag vom Vertrag abweicht.

Prüfung der Versicherungspflicht Falls Auftraggeber oder Auftragnehmer zweifeln, ob es sich um eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit handelt, können sie bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund den sozialversicherungsrechtlichen Status prüfen lassen. Insbesondere bei Erwerbstätigen, die fast vollständig nur für einen Auftraggeber arbeiten, schützt eine Prüfung vor späteren Unstimmigkeiten. Diese Prüfung müssen Sie beantragen. Antragsvordrucke gibt es bei den örtlichen Beratungsstellen, den Versicherungsämtern oder den Versichertenältesten in Ihrer Nähe. Dort hilft man Ihnen auch gerne beim Ausfüllen des Formulars.

Ergibt die Prüfung, dass ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, so beginnt Ihre Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung grundsätzlich mit dem Beginn Ihres Beschäftigungsverhältnisses. Die Versicherungspflicht kann aber auch erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung eintreten, wenn: der Antrag innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wird, Sie dem späteren Beginn der Sozialversicherungspflicht zustimmen, Sie für den Zeitraum zwischen Beschäftigungsbeginn und der Bekanntgabe der Entscheidung gegen Krankheit abgesichert waren und für Ihr Alter vorgesorgt haben. Diese Vorsorge muss vom Leistungsumfang her der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung entsprechen.

Viele Selbständige sind bereits per Gesetz pflichtversichert. Dazu zählen neben Handwerkern vor allem Künstler und Publizisten, Hebammen und freiberufliche Lehrer. Alle anderen Selbständigen können der Rentenversicherung auf Antrag beitreten.

Lehrer und Erzieher

Heil- und Pflegeberufe Sie sind in der Kranken, Wochen, Säuglings- oder Kinderpflege selbständig tätig? Dann gilt für Sie ebenfalls Versicherungspflicht, wenn Sie überwiegend auf ärztliche Anordnung handeln. Das ist zum Beispiel bei Krankenschwestern und Physiotherapeuten der Fall. Sportmasseure sind dagegen nicht versicherungspflichtig. Dies gilt auch für selbständige Altenpfleger, die überwiegend gesunde und lediglich wegen ihres Alters pflegebedürftige Menschen betreuen.

Frei praktizierende Ärzte der Humanmedizin, Heilpraktiker, Logopäden und Psychotherapeuten sind nicht rentenversicherungspflichtig, weil sie aufgrund eigener Diagnose und eines eigenen Therapieplans tätig werden.

Hebammen

Seelotsen

Künstler und Publizisten

Hausgewerbetreibende

Küstenschiffer und Küstenfischer

Existenzgründung Wenn Sie einen Existenzgründungszuschuss von der Bundesagentur für Arbeit bekommen, sind Sie versicherungspflichtig, solange Sie diesen Zuschuss erhalten. Seit 1. August 2006 gibt es statt Existenzgründungszuschuss und Überbrückungsgeld eine einheitliche Regelung: den Gründungszuschuss. Diesen erhalten Sie, wenn Sie Ihre Arbeitslosigkeit beenden, indem Sie eine hauptberufliche selbständige Tätigkeit aufnehmen. Er wird zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung gezahlt. Den Gründungszuschuss können Sie bei der zuständigen Agentur für Arbeit beantragen.

Bitte beachten Sie Wenn Sie einen Gründungszuschuss bekommen, sind Sie – im Gegensatz zum Existenzgründungszuschuss – nicht automatisch rentenversichert. Versicherungspflicht kann für Sie jedoch aufgrund anderer Regelungen bestehen.

Auch Ihre Rentenversicherung kann Ihnen einen Gründungszuschuss zahlen. Das ist dann möglich, wenn Sie an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilgenommen haben.

Mehrfachversicherungspflicht Üben Sie mehrere selbständige Tätigkeiten aus, kann eine Mehrfachversicherungspflicht entstehen. Ein Gewerbetreibender Handwerker, der nebenher noch selbständig als Tennislehrer tätig ist, wird in beiden Tätigkeiten versicherungspflichtig. Auch die Kombination Beschäftigungsverhältnis plus Selbständigkeit kann zur Mehrfachversicherung führen.

maditaaa 
Fragesteller
 17.12.2010, 09:17

vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort. Zur freiberuflichen Krankenpflege kann ich nur sagen, dass Krankenpfleger aber auch z.B. Altenpfleger zu den sog. "ähnlichen Berufen" gehören und deshalb sehr wohl auch freie Berufe sind! Google mal "freiberufliche Krankenschwester" und du wirst sehen wie viele bereits so arbeiten!

pjwolff  17.12.2010, 12:40
@maditaaa

Ich habe dir die gesetzlichen Bestimmungen mitgeteilt und diese sind so. Du hast nicht gefragt, ob es andere Möglichkeiten gibt.

Geochelone  08.06.2011, 19:32
@pjwolff

GUt und ausführlich erklärt, nur: Die RV erhält keine Info von der Gewerbeanmeldung !

Viele Worte und im Wesentlichen dann doch lückenhaft ... JA, eine Gesundheits- und Krankenpflegerin (so heißt die ehemalige Krankenschwester schon seit ein paar Jahren) ist durchaus Freiberuflerin, wenn sie selbstständig arbeitet. §18 EStG ist nicht abschließend - steht ja auch drin. Vermutlich ist die Fragestellerin längst freiberuflich tätig und wird festgestellt haben, dass für sie ähnliche Regeln gelten, wie für den gewerbetreibenden Apotheker. Ein Statusfeststellungsverfahren ist hier unsinnig - und ebenso unsinnig ist auch die Gewerbeanmeldung, eben weil freiberufliche Tätigkeit. Ich habe selbst jahrelang als selbstständiger Gesundheits- und Krankenpfleger freiberuflich gearbeitet und dies sogar selbst dann noch, als ich 50 Angestellte hatte. Denn mitnichten sind selbstständige GuK überwiegend nach ärztlicher Anordnung tätig - dies war wenn überhaupt dann allenfalls vor Einführung der Pflegeversicherung der Fall.

Nensy37  01.02.2015, 12:37

Hallo, Diese Beiträge sind ja doch schon ein paar Jahre her, aber vielleicht gibts ja trotzdem einen Komentar. Ich arbeite seit 3 Monaten als freiberufliche Altenpflegerin. Nun bin ich doch etwas verwirrt mit der ständigen Frage mit der DRV. Es steht doch ganz klar geschrieben, das man als freiberufliche Altenpfleger nicht Rentenversicherungspflichtig ist. Warum gibt es dazu immer wieder so viele verwirrende Beiträge? Ich mache meine eigene Werbung, habe Visitenkarte, habe meine eigenen Pflegeutensilien und Geräte, meine eigenen Arbeitskleidung und bestimme selbst wann und wie ich arbeite. Ich bin privat Rentenversichert und die anderen nötigen Versicherungen habe ich ebenso. Muss ich mich jetzt trotzdem Rentenversichern? Es wäre nett wenn mir irgenjemand eine tolle Info dazu schreiben würde. Danke!!!! :-)