Muss ein Polizist bei einer Strafttat nach Dienstzeit eingreifen?

4 Antworten

Ja, muss er.

Nach den meisten Landesvorschriften sind Polizeibeamte quasi immer im Dienst - d.h. sie können sich auch nach Feierabend jederzeit wieder "in Dienst versetzen". In bestimmten Situationen (z.B. bei Straftaten) müssen sie es sogar.

Es gilt aber hier auch der Grundsatz der Zumutbarkeit. Sieht sich ein Beamter z.B. drei Tätern gegenüber, muss er nicht eingreifen, aber dann seine Kollegen alarmieren.

Allerdings darf auch der Bürger selbst aktiv werden:  http://dejure.org/gesetze/StPO/127.html

Der angesprochene Polizeiausweis ist bei einer Straftat für die Festnahme also völlig ohne Belang!

Normale Bürger sind allerdings, im Gegensatz zu Polizisten, nur dann verpflichtet einzugreifen, wenn sie von der Planung oder Vorbereitung von Schwertverbrechen (wie z.B. Mord, Erpressung, Totschlag, oder Entführung) erfahren. Ist eine solche Tat noch abwendbar, wird aber nicht der Polizei gemeldet, können bis fünf Jahre Haft drohen.

Wenn er als Polizist irgendwelche Handlungen vornimmt, muss er sich auch als Polizist zu erkennen geben.

Und das geht praktisch nur wenn er seinen Dienstausweis oder die Marke vorzeigt.

@exxonvaldez

Ich weiß nicht, von welcher Marke du schreibst. Verwechselst du das mit den USA? Dort haben Polizisten Polizeimarken... Aber in DE?

Ich persönlich wüsste ja nicht einmal wie ich einen echten Dienstausweis von einem gefälschten unterscheiden könnte. Jedes Bundesland hat nämlich einen anderen! Bei Geldscheinen gibt's ja wenigstens einheitliche und allgemein bekannte Sicherheitsmerkmale. Ob's die auch bei Dienstausweisen gibt? Gute Frage!

Nochmal: Um einen Straftäter vorläufig festzunehmen muss man nicht erst den Dienstausweis vorzeigen. Das darf Jeder!

Wenn ein Polizist andere hoheitliche Maßnamen durchführen will, dann muss er sich als Polizist zu erkennen geben. Aber darum ging es in der Frage ja nicht. Es ging um Straftaten.

Was denkst du denn was der Polizist nachdem er dir seinen Ausweis gezeigt hat mehr machen darf, als ich, gesetzt den Fall du hast hast grad absichtlich ein Kind totgefahren.

Fall A) Ich nehme dich vorläufig fest, rufe dann die Polizei und zeige dir keinen Dienstausweis, weil ich keinen habe.

Fall B) Frau Fröhlich nimmt dich vorläufig fest, ruft dann ihre Kollegen und zeigt dir im Anschluss ihren Dienstausweis.

Welche Rechte hat Frau Fröhlich nun dir gegenüber, die ich nicht habe? Welchen Vorteil hat Frau Fröhlich dadurch, dass sie dir ihren Ausweis gezeigt hat? Macht das für dich als ertappten und festgenommenen Kindermörder irgendeinen Unterschied?

@Skeletor

Wo ich das hier lesen musste habe ich ein wenig geschmunzelt:

Ich persönlich wüsste ja nicht einmal wie ich einen echten Dienstausweis von einem gefälschten unterscheiden könnte.

Bei uns gab es in der Stader Zeitung mal einen Artikel, der fast die ganze Seite füllte. Dort hat sich ein Stader Politiker darüber mehr als ausführlich beschwert, dass sich uniformierte Polizeibeamte die ihn kontrolliert haben ihren Dienstausweis nicht vorgezeigt haben.

Ich habe mir erlaubt ihn per Mail die einfache Frage zu stellen:

"Wenn Ihnen die Polizisten ihren Dienstausweis gezeigt hätten, währen Sie überhaupt in der Lage zu erkennen, ob es sich um einen echten Dienstausweis handelt?"

Auf die Frage ist er garnicht erst eingegangen, so dass ich denke, er währe dazu nicht in der Lage gewesen.

Das beutete, aber nicht, dass er mir nicht zurück geschrieben hat. Auf gefühlten tausend Seiten ist er dafür mehr als ausführlich dadrauf eingegangen, warum Polizisten zum Vorzeigen des Dienstausweises verpflichtet sind. Nicht nur, dass einige seiner Ausführungen juristisch unzutreffend waren, sondern die Art wie er geantwortet hat, ging schon bald in Richtung Beleidigung.

Mein schmunzelndes Fazit:

Stell bloß keinen Politiker eine Frage, wenn Du weißt, dass seine Ausführungen in der Zeitung zu diesem Thema schon so absolut voreingenommen sind, außer Du willst ein Echo haben, welches Du eigentlich eher nicht haben willst :-)

@TheGrow

Ach ja Politiker... ;)

Sind die Vorschriften zum Vorzeigen des Dienstausweises nicht auch Landesabhängig? 

Interessant auch, was die Wikipedia so schreibt: https://de.wikipedia.org/wiki/Polizeidienstausweis

Die Echtheit des Ausweises kann im Zweifel bei der örtlich zuständigen Polizeidienststelle überprüft werden. Hierzu sollte der Nachfragende die Telefonnummer der Polizei selbst aus dem Telefonbuch heraussuchen oder bei der Telefonauskunft nachhalten.

Immerhin sind dort mal zwei aktuelle von vielen Musterausweisen zu sehen.

Die Situation scheint mir für den betroffenen Laien ähnlich undurchsichtig wie die der Presseausweise.

@Skeletor

Na ja, ich wage mal zu behaupten, dass die überwiegende Mehrzahl der Polizeibeamten nicht in der Lage ist, gut gefälschte Ausweise zu erkennen. I.d.R. fehlen Erfahrung und Werkzeuge, eine Fälschung zu erkennen. 

Es gibt einige Fälschungsmethoden, einen Polizeiausweis so zu fälschen, dass er bei fast jeder Kontrolle durchgeht. Ist sogar recht einfach. 

@Skeletor

Eben nur zum Teil!

@exxonvaldez

So eine Marke halte ich letztlich für noch unsicherer als einen Dienstausweis. Ein Beweis wäre das für mich nicht. Eher ein schwaches Indiz.

Wenn jemand die Marke verliert, könnte ja wirklich jeder die benutzen und Polizist spielen. Wer es nicht übertreibt fliegt dabei wahrscheinlich nicht eimal auf.

@Skeletor

Der stärkste Hinweis (neben dem Fahrzeug, der Uniform und dem BOS-Funk) ist wahrscheinlich die Dienstwaffe!

Hallo Skeletor,

so ganz Richtig sind Deine Ausführungen nicht.

Nach den meistenLandesvorschriften sind Polizeibeamte quasi immer im Dienst -

das ist nicht richtig.

sie können sich auch nach Feierabend jederzeit wieder "in Dienst versetzen".

Das ist wiederum richtig

In bestimmten Situationen (z.B. bei Straftaten) müssen sie es sogar

Das ist nicht richtig.

Das sie sich in den Dienst versetzen können, bedeutet nicht, dass sie das auch bei jeder Straftat müssen. In der Regel müssen sie außerhalb der Dienstzeit genauso wenig wie jeder "normale" Bürger tätig werden. Nur bei besonders schweren Straftaten müssen die Polizisten auch außerhalb der Dienstzeit polizeilich Tätigwerden. Aber wenn sie jeden Ladendiebstahl oder jeden Besitz von BTM auch außerhalb ihrer Dienstzeit verfolgen müssten, hätten sie ja jeden Tag was zu tun.

Insbesondere bei Antragsdelikten wie Beleidigung währe es ja völlig unsinnig, wenn sie deshalb ihre Freizeit unterbrechen müssten.

Normale Bürger sind allerdings, im Gegensatz zu Polizisten, nur dann verpflichtet einzugreifen, wenn sie von der Planung oder Vorbereitung von Schwertverbrechen (wie z.B. Mord, Erpressung, Totschlag, oder Entführung) erfahren.

Auch das ist nicht richtig. Es gibt hier keinen Gegensatz. Auch ein Polizist muss außerhalb seiner Dienstzeit nicht zwingend einschreiten. Wenn z.B. Jemand ein Polizist mitbekommt, dass Jemand vorhat ohne Fahrkarte ein Verkehrsmittel zu benutzen, muss er noch lange nicht tätig werden.

Ich denke der Rest Deiner Ausführungen ist so richtig.

 Schöne Grüße
TheGrow

@TheGrow

Dann sage ich herzlichen Dank für die Ergänzungen. Ich lerne gern dazu. Da kann man mal wieder sehen, dass man sich selbst auf Jura-Foren und Medienartikel nicht immer verlassen kann... ;)

Antrags-Delikte wie Beleidigung hätte ich jetzt auch nicht als schwere Straftat gewertet, wo man eingreifen muss. Es war ja auch von Drogenhandel die Rede (nicht von ggf. sogar geduldetem Eigenkonsum). Bei polizeilich gesuchten Groß-Dealern könnte ich mir auch gut vorstellen, dass es da immerhin eine interne Anweisung gibt, diese wenigstens zu melden, wenn man sie sieht.

Aber bei Beleidigung dürfte ich, als Jedermann, wohl auch ziemlich schnell Probleme mit dem Gesetz (Stichwort: Freiheitsberaubung) bekommen, wenn ich jemanden wegen von mir vermuteter Beleidigung eines Dritten einfach so vorläufig festnehme. Das wäre sicher so durch §127 StPO nicht gedeckt. Obwohl ja Beleidigung tatsächlich ein Straftatbestand ist. 

Schwarzfahren ist zwar irgendwie auch eine Straftat, Schwarzfahren nur vorzuhaben oder jemandem anzukündigen (also ggf. 'nur' Lügen) wäre meines Wissens aber noch keine. Ich bin mir auch nicht sicher, ob hier überhaupt der Versuch strafbar wäre. Auch beim vorläufigen Festnehmen eines mutmaßlichen Schwarzfahrers hätte ich Bauchschmerzen. Als Jedermann erst recht, aber auch als Fahrkartenkontrolleur. Das Damenkloschwert der Freiheitsberaubung wäre einfach zu unverhältnismäßig zur potentiellen "Straftat" des Bus-Ticket-versehentlich-falsch-herum-Abstempelns. 

http://blog.zeit.de/teilchen/2016/05/26/wie-eine-junge-asiatin-am-munchner-s-bahn-system-verzweifelt/ => Straftat?

Sogeschen muss ich mich also definitv von 'Straftat' auf 'schwere Straftat' verbessern! - Und da müssen dann ja auch ganz normale Bürger im Rahmen der Zumutbarkeit tätig werden. So gesehen gibt es also auch keinen Unterschied. 

Du hast Recht!

@Skeletor

Ach ja, das elende Thema mit dem Dienstausweis und der "Dienstnummer"...

"Ich will Ihre Dienstnummer" --- "95038... Mit der hiesigen Vorwahl vorweg" ;-)

Wüsste ja mal gerne, woher dieser Irrglaube für die Ausweispflicht von Uniformierten kommt ;-)

@Robco

Wüsste ja mal gerne, woher dieser Irrglaube für die Ausweispflicht von Uniformierten kommt ;-)

Ja, wie entstehen urbane Legenden? 

  • Woher stammt der Irrglaube einer Ich-muss-den-Perso-immer-mitführen-Pflicht?
  • Woher die ich-muss-einem-Polizisten-alle-Fragen-beantworten-Pflicht?
  • Woher der Irrglaube über die Beamtenbeleidigung?

=> Ich glaube da ja an die Stammtisch-Hypothese... ;)

Solche Forderungen nach einer Ausweispflicht kommen natürlich immer dann als Wunsch in der Bevölkerung auf, sobald sich irgendwelche selbsternannten Hilfspolizisten als Zivilbeamte ausgeben, sobald Trickbetrüger/Diebe/Einbrecher sich an der Tür gegenüber der Omi als Polizisten ausgeben, sobald echte Beamte bei normalen Leuten in normalen OWI-Situationen ihre Befugnisse weit überschreiten (wie z.B. hier: http://www.radfahren-in-koeln.de/2014/12/20/in-handschellen-abgefuehrt-code-of-silence/), sobald solche Beamte dann aber plötzlich doch lieber anonym bleiben möchten, sobald vermummte Beamte bei Demos Dinge tun die sie im Nachhinein besser nicht getan hätten und später keiner mehr weiß wer's denn eigentlich war, oder sobald für "versteckte Kamera" und andere Prank-Shows Schauspieler in täuschend echter Theater-Uniform unbedarfte Passanten verarschen...

Aber das ist ja alles bekannt

In manchen Bundesländern wird ja sogar schon (recht erfolgreich) mit "Kennzeichen" an den Uniformen experimentiert (derzeit aber nur auf Demos). => Warum eigentlich nicht immer? Mein KFZ ist auch jederzeit identifizierbar. Den nicht unerheblichen Aufwand den Halter der kryptischen Nummer herauszufinden macht sich aber nur, wer auch ein berechtigtes Interesse hat. Generell verhalten sich ja viele KFZ-Fahrer trotz Kennzeichen häufig so, als wären sie gänzlich anonym. Und Fahrkarten-Kontrolleure tragen häufig einen Dienstausweis mit Lichtbild offen sichtbar an der Hemdtasche. Da muss man gar nicht erst Fragen.

Generell wäre es käme es mir irgendwie schon etwas suspekt vor, wenn ein Beamter mir seinen Namen und Dienststelle nicht sagen möchte, obgleich ich mich bereits identifiziert habe. Ob es letztlich aber überhaupt etwas bringt, wenn man den Namen kennt, sei mal dahingestellt. Im oben beschrieben Fall wurden eindeutig gleich mehrere Grundrechte aufgrund einer banalen 20€-OWI verletzt. Die Beamten konnten identifiziert werden. Das Verfahren wurde trotzdem eingestellt.

Was lernen wir? 

  • Polizeimarken gibt's sowieso nicht mehr
  • Die Gesetzeslage zum Vorzeigen des Dienstausweisen ist für den Laien häufig eher schwer verständlich (fast ähnlich schwer verständlich, wie die etwas verwirrende Gesetzeslage bei Lichtzeichenanlagen, wenn man Rad fahrender ist)
  • Der Dienstausweis bietet dem Kontrollierten keinen echten Mehrwert (die wenigsten haben ein fotografisches Gedächtnis)
  • Die "Echtheit" eines Dienstausweises kann zudem eh fast niemand feststellen (wahrscheinlich nichtmal Polizisten selbst!)
  • Urbane Mythen halten sich generell, hartnäckig, und sowieso... ;)
  • Bei erheblichem Zweifel 110 rufen ist immer zielführender als eine unnütze Diskussion über die "Dienstnummer" (mit Vorwahl!)
  • Identifizierbarkeit schützt nicht vor Verfahrenseinstellung trotz Grundrechtsverletzung
@exxonvaldez

Na gut.

Danke für die Korrektur! 😅

In welchen Bundesländern werden die denn aktuell noch verwendet...? Nicht mehr in allen, wie mir scheint. 

Hallo Gheeee4,

außerhalb seiner Dienstzeit muss ein Polizeibeamter bei Straftaten nicht zwingend eingreifen. Er darf also außerhalb des Dienstes durchaus wegsehen, wenn Jemand "Gras vertickt" und würde sich nicht wegen Strafvereitelung im Amt strafbar machen.

Ausnahme ist nur, wenn es um besonders schwere Straftaten die unter dem Begriff "Verbrechen" wie Beispielsweise Mord handelt. Bei diesen Ausnahmen, ist der Polizeibeamte verpflichtet sich, insoweit zumutbar, in den Dienst versetzen und alle keinen Aufschub duldenden Maßnahmen zu treffen.

Allerdings kann sich ein Polizeibeamter auch durchaus bei Vergehen in den Dienst versetzen und polizeilich tätig werden.

Er kann aber auch, wie jeder andere Bürger auch, den Täter nach § 127 StPO vorläufig festnehmen ohne sich in den Dienst zu versetzen. Versetzt er sich nicht in den Dienst darf er aber auch keine polizeilichen Maßnahmen treffen, sondern darf den auf frischer Tat betroffenen Täter nur bis zum Eintreffen der Polizei festhalten.

Aber wie gesagt, er ist wie jeder andere Bürger auch nicht verpflichtet Straftaten die nicht unter dem Begriff "Verbrechen" zu fallen zu verfolgen.

Nur wenn es sich um Straftaten handelt, die unter dem Begriff Verbrechen fallen, muss ein Polizist im Gegensatz zum "normalen" Bürger einschreiten.

Schöne Grüße
TheGrow

Auch Du müsstest zumindestens die Polizei rufen. Du kannst den Kriminellen soger festhalten, bis die Polizei eintrifft, sofern Du das ohne Gefahr für Dich und Andere bewerkstelligen kannst.

Jedermansrecht heißt das glaube ich

Ja er muss so wie jeder Bürger dies tun muss sofern es keine lebensbedrohliche Gefahr darstellt indem Fall würde er ein paar Kollegen rufen.

Aber er hat keine Sonderverpflichtungen oder etwa doch? Kollegen rufen ist ja nichts anderes wie als würde ein Normalbürger die 110 wählen.

Also er kann natürlich mehr erreichen und die Situation einschätzen usw. Aber sonder Pflichten hat er nicht.