Krankgeschrieben und Probearbeiten?

3 Antworten

Arbeitsrechtlich sieht es wohl so aus, dass man generell seinen Arbeitgeber um Erlaubnis bitten muss, wenn man noch eine andere Arbeit aufnimmt. Eine Absage des Arbeitgebers ist aber wohl nicht immer rechtens - häufig aber, wenn es um Arbeit bei einem Mitbewerber geht.

Dies gilt aber wohl nicht für Probe-Arbeiten, etwa an freien Tagen, wenn man arbeitsfähig ist.

Zur Frage der AU, der Arbeits-Unfähigkeits-Bescheinigung durch den behandelnden Arzt, der umgangssprachlich so genannten "Krankschreibung":

Der Arzt fragt, was einem fehlt und was man arbeitet. Ist er der fachlichen Ansicht, dass man mit dem, was einem fehlt, zu dem, was man arbeiten muss, unfähig ist, schreibt er ein Gutachten namens "Arbeits-Unfähigkeits-Bescheinigung".

Wenn ich also sage (oder er diagnostiziert) "Mein kleiner Finger ist verstaucht" und "Ich arbeite als Kranführer", wird er wohl gutachten: "Gerd ist unfähig, einen Kran zu führen" und mir eine AU schreiben, mich also quasi "krank schreiben".

Wenn ich dann von Zeugen erwischt werde, wie ich zu Hause oder bei einem Bekannten die Dachziegel austausche, werde ich sicher arbeitsrechtliche Probleme bekommen von meinem Arbeitgeber.

Nennen wir dieses Verhalten mal laut StGB § 263 Betrug.

Wenn ich nun aber neben meiner Arbeit als Kranführer noch als Discjockey arbeite und mein Chef hat diesem Nebenjob zugestimmt, dann kann - und mutmaßlich darf ich auch - ja während einer "Krankschreibung" als DJ arbeiten, da ich mit kaputtem kleinen Finger ja weiterhin Platten auflegen kann - und medizinisch darf, soweit dies nicht die Heilung meines Fingers behindert.

Nehmen wir nun an, ich muss arbeits- und strafrechlich keine Erlaubnis meines bisherigen Chefs einholen, in meiner Freizeit in einer anderen Firma oder gar bei einem Mitbewerber meines Chefs zur Probe zu arbeiten.

Dann müsste ich ja auch keine Erlaubnis meines bisherigen Chefs zu einer Probearbeit einholen, wenn ich dazu

a) trotz meiner AU für den ersten Job fähig bin, und

b) die Probe-Arbeit meine Heilung nicht beeinträchtigt.

Zu a):

  • Wenn ich nun für den ersten Job arbeits-un-fähig bin aus psychischen Gründen - wie im vorliegenden Fall geschildert -, die direkt mit dem ersten Job zu tun haben - und mutmaßlich mit den Leuten im ersten Job, die mir das Leben schwer machen,
  • dann bin ich ja in keiner Weise aus psychischen Gründen arbeits-un-fähig für die Probe-Arbeit in einem künftigen Job!

Zu b):

  • Wenn die Probe-Arbeit meine Heilung nicht beeinträchtigt, sondern vielleicht sogar befördert - falls ich dort nicht gemobbt werde und nicht gebosst oder sonstwie schickaniert, sondern im Gegensatz freundlich behandelt und auch wieder Spaß gewinne an meiner Arbeit,
  • dann sollte eine solche Probe-Arbeit meine Heilung nicht nur nicht beeinträchtigen, sondern sogar befördern!

Immerhin darf ich auch zu einer Heilbehandlung gehen während einer AU - genauso wie ich spazieren gehen darf und soll, wenn der Arzt Bewegung an frischer Luft verordnet hat und keine Bettlägerigkeit.

Und genau das passiert häufig, hörte ich: "Der XY ist angeblich krank, hat sich krank schreiben lassen, und gestern seh ich ihn im Park Enten füttern!"

Jedenfalls bin ich gespannt, wie der alte Arbeitgeber welche Sanktionen gegen den nur für die Arbeit in der psychisch stressenden Firma arbeits-unfähig diagnostizieren Arbeitnehmer anstreben möchte.

Im Streitfall kann man aber selbst gegen schlichte Sanktionen wie eine Abmahnung vorgehen - mit Hilfe des Betriebsrats, der Gewerkschaft und des Arbeitsgerichts.

Gruß aus Berlin, Gerd

GerdausBerlin  29.11.2020, 01:20

PS. Und wem ist damit gedient, dass ich mich etwa für meine übliche Arbeitszeit von Montag bis Freitag AU schreiben lasse, um dann am Samstag zur Probe zu arbeiten, um dann am Montag wieder eine AU vom Arzt zu holen?

Wenn ein Arbeitgeber Zweifel daran hat, dass eine AU gerechtfertigt ist, kann er den üblichen Rechtsweg beschreiten: Er reklamiert und sucht zu erreichen, dass ein Vertrauensarzt der Kasse die AU überprüft.

Dazu kann er ja die Mitarbeiterin des Mitbewerbers, "Frau Petze", als Zeugin benennen. Dann müsste er abwarten, was dabei herauskommt. Mutmaßlich nicht, dass die psychische Belastung, die den Arbeitnehmer zu einem Arztbesuch mit AU (und zu einer Firmensuche) bewogen hat, nur vorgetäuscht war ...

Das könnte durchaus auf eine fristlose Kündigung hinauslaufen. Denn krank auf der einen Arbeit zu fehlen und gleichzeitig einer anderen nachzugehen ist arbeitsrechtlich gesehen eine grobe Pflichtverletzung, die m.E. eine außerordentliche Kündigung nach sich ziehen kann.

Schlimmstenfalls nur eine fristlose Kündigung