Ist es eine Beleidigung nach §185 StGB wenn ein Erwachsener einen anderen Erwachsenen als Kind bezeichnet?

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§ 185 StGB ist ein weites Feld und sehr situations- und wertungsabhängig.

In Deinem Beispiel 1 kann man gut argumentieren, dass hier keine Beleidigung vorliegt, sondern die Aussage vom Recht auf Meinungsfreiheit vollumfänglich gedeckt ist. Es geht der Frau ja weniger um eine Schmähung, sondern um die Meinung, dass Kinder keine Kinder bekommen sollten, weil sie eben ihrer Meinung nach nicht so gut erziehen können wie ältere Personen die Kinder bekommen. Es wird sich im Übrigen schwerlich nachweisen lassen, dass die Frau die das sagt, dass Alter der Mutter und des Kindes korrekt eingeschätzt hat und nicht über das Alter im Irrtum war.

Im zweiten Beispiel halte ich eine Beleidigung ebenfalls für nicht gegeben. Noch weniger als beim ersten Beispiel - weil es nämlich keinen Anspruch darauf gibt, dass der Gesprächspartner die eigenen Argumente anerkennt oder hören will. Verbittet er sich die weitere Diskussion im Hinblick auf das Alter des Gesprächspartners, mag das nach heutiger gesellschaftlicher Ansicht zwar nicht stichhaltig und sozialadäquat sein - es überschreitet in dieser Art und vor allem im familiären Kreis m.E. nach jedoch nicht die Grenze zur Beleidigung.

Im Dritten Beispiel ist das Problem - auch wenn ich das nicht mehr für zeitgemäß halte - einerseits das Duzen des (hoffentlich klar erkennbar volljährigen), das für sich genommen schon als Beleidigung gewertet werden kann. Andererseits ist auch die Anrede in der Verniedlichungsform "Kindchen" problematisch. Außerdem ist der situative Kontext einer Fahrkartenkontrolle, bei dem womöglich sogar viele Leute, die der Student nicht kennt, zuhören und die sich dann auf seine Kosten beömmeln, zu berücksichtigen. Im Dritten Fall würde ich also eine Beleidigung bejahen.

Die Bezeichnung eines Erwachsenen als "Kind" an sich - ohne hinzutreten von Besonderheiten (Beispiel 3) - würde ich nicht ohne weiteres als Beleidigung werten. So wie man einen Heterosexuellen auch als schwul oder einen schwulen als Hetero bezeichnen darf. Oder einen Katholiken als Moslem. All diese Begriffe sind an sich nicht beleidigend. Das macht es etwas schwieriger, so dass es um so mehr auf den Kontext und die Begleitumstände ankommt.

Wenn man die Bezeichnung eines Heteros als schwul generell als Beleidigung begreifen würde, oder die Bezeichnung eines Erwachsenen als Kind, würde man sozusagen auch sagen: schwul / Kind sein ist an sich schon weniger Wert als Hetero / Erwachsen sein - sonst käme man ja nicht dazu, dass die Falschbezeichnung ehrenrührig ist. ;-).

Maßgeblich ist die Sichtweise eines objektiven Dritten unter Beachtung aller Begleitumstände und des Gesamtzusammenhangs. Es kommt also immer auch darauf an, wie das jeweils objektiv zu verstehen und gemeint gewesen ist. Wie gesagt, ist das ganze sehr wertungs- und situationsabhängig.

Kleines Beispiel: einem Polizisten (Polizeikommissar), der gerade seiner Arbeit nachgeht (Verkehrskontrolle), wird von einem vorbeigehenden Fußgänger zugerufen "Herr Oberförster, zum Wald geht es da lang!". Die Staatsanwaltschaft hat im weiteren Verlauf Anklage wegen Beleidigung erhoben. Die Frage ist nun im Kern: ist es ehrverletzend, einen "Polizeikommissar" als "Oberförster"  zu bezeichnen? Müsste sich ein "Revierförster" beleidigt fühlen, würde man ihn als "Oberkommissar" bezeichnen würde? Diese Frage hat das Amtsgericht Berlin-Tiergarten (Beschluss vom 26.05.2008 - (412 Ds) 2JuJs 186-08 (74/08)) zu Recht mit guter Begründung verneint und die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.

Als weiterführende Lektüre zum Thema empfehle ich folgende zwei Artikel von Thomas Fischer:

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-04/beleidigung-ehre-fischer-im-recht

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-04/beleidigung-ehre-justiz-fischer-im-recht

Sowie überhaupt die Artkelserie von ihm:

http://www.zeit.de/serie/fischer-im-recht

Ersteren Fall würde ich definitiv als Beleidigung auffassen, allerdings wäre eine Anzeige ebenso lächerlich und würde die Aussage leider nur bestätigen. Deshalb würde ich das unkommentiert stehenlassen und gehen.

Im zweiteren Fall empfinde ich es als respektlose Äußerung und würde mir zweimal überlegen ob ich mich mit dieser Verwandschaft noch treffen möchte.

Drittes ist halt einfach etwas unhöflich, aber geht noch in Ordnung.

Alles in allem würde ich also schon sagen, dass es eine Beleidigung sein kann, was dennoch nicht heißt, dass man da etwas unternehmen müsste, das würde wahrscheinlich zu nichts führen und stellt einen selbst als unreif dar.

Alles was der andere eindeutig als Beleidigung genommen hat, ist natürlich eine Beleidigung. Wenn man ein Erwachsener einen Kind nennt, ist das runtermachen. Aber wenn der andere nicht sehen kann das er noch nicht volljährig ist und es als formale Anrede benutzen wollte, sehe ich dort keine Straftat.

Alles was der andere eindeutig als Beleidigung genommen hat, ist natürlich eine Beleidigung.

Das fehlte gerade noch. Nicht jeder der sich beleidigt fühlt ist nach dem Gesetz auch, und das ist gut so.

1 = NEIN, 2 = NEIN, 3 = JA.

Scheint mir zwar merkwürdig eine Person Ü20 als Kind zu bezeichnen aber nüchtern betrachtet ist Kind kein Schimpfwort.