Ich bin Vollzeit bei einer Firma angestellt allerdings bekomme ich seit fast 1 Monat keine Schichten mehr dürfen die mir ohne Begründung keine Schichten geben?

2 Antworten

Es gehört, neben der Bezahlung des Entgelts, zu den arbeitsvertraglichen Hauptpflichten des Arbeitgebers, Dich für die vertraglich vereinbarten oder üblicherweise zu leistenden Arbeitsstunden (in Deinem Fall 40 Wochenstunden) zu beschäftigen und zu bezahlen. Beschäftigt der Arbeitgeber Dich aber nicht ausreichend oder nicht wie vereinbart/angeordnet - gleichgültig, aus welchen Gründen (ob er nicht kann, z.B. weil es keine Arbeit gibt, er Dich nicht für genug Schichten einteilt, um auf die vereinbarten 40 Wochenstunden zu kommen, oder weil wegen einer defekten Maschine oder eines Umbaues nicht gearbeitet werden kann - es kommt also jedenfalls nicht auf ein "Verschulden" des Arbeitgebers an), fallen die Konsequenzen aus der Nicht-Beschäftigung dem Arbeitgeber zur Last.

Der Mangel an Arbeit/Aufträgen, eine zu geringe Einteilung zur Arbeit, die Unmöglichkeit, zu arbeiten wegen einer defekten Maschine oder eines Umbaues im Betrieb (und was es sonst noch für Gründe gegen kann), fällt in die Verantwortung des Arbeitgebers oder ist sein Betriebsrisiko, das er nicht auf Dich als Arbeitnehmer abwälzen darf!

Rechtliche Grundlage hierfür ist das von dir bereits angeführte Bürgerliche Gesetzbuch BGB § 615 "Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko":

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. [...] [Das gilt] entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Also:

Wenn der Arbeitgeber Deine Arbeitskraft nicht annehmen (Dich also nicht oder nicht genug beschäftigen) kann oder will, Dich für weniger Stunden beschäftigt als vereinbart oder überhaupt nicht, verstößt er - ob verschuldet oder nicht - gegen seine Vertragspflichten; er muss Dich dann trotzdem so bezahlen, als würdest Du normal weiterarbeiten.

Du musst die tatsächlich aber nicht gearbeiteten Stunden auch nicht nacharbeiten oder mit eigenen Ansprüchen (Entgelt, Überstunden, Urlaub) verrechnen lassen.

Strenggenommen ist aber Voraussetzung (eigentlich), dass Du diesen Zustand (dass der Arbeitgeber Dich wegen des Mangels an Arbeit/Aufträgen nicht beschäftigt kann/will, Dich nach Hause schickt usw.) nicht widerspruchs- oder kommentarlos hinnimmst, sondern Deine Arbeitskraft auch anbietet (obwohl auch das nicht immer zwingend erforderlich ist)!

Auch das ist gesetzlich festgelegt im BGB § 293 "Annahmeverzug" in Verbindung mit § 294 "Tatsächliches Angebot". Aber vielleicht/wahrscheinlich ist dem Arbeitgeber diese Voraussetzung auch überhaupt nicht bekannt.

Ob Du Dich mit Deinem "guten Recht" in der konkreten Situation aber gegen den Arbeitgeber behaupten kannst oder das überhaupt willst, kann ich nicht beurteilen; "Recht haben" und "Recht bekommen" sind leider viel zu oft zwei sehr verschiedene Dinge ...

Übrigens:

Sollte es zu Problemen, zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommen, kannst du Deine Ansprüche auch noch nachträglich geltend machen. Wenn es keine vertraglich vereinbarten Ausschlussfristen gibt (einzelvertraglich mindestens 3 Monate, tarifvertraglich auch kürzer möglich, meist aber 3 oder zweistufig 6 Monate), nach deren Verstreichen ab Fälligkeit eines Anspruchs dieser Anspruch verwirkt ist, gilt die Verjährungsfrist von 3 Jahren nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch BGB § 195 "Regelmäßige Verjährungsfrist", für Forderungen aus 2022 also bis zum 31.12.2025.

Was steht in deinem Arbeitsvertrag dazu?

Wenn dort eine feste Stundenzahl steht, ist dass das Risiko des Arbeitgeber und er muss dich trotzdem bezahlen.

Sedama2206 
Fragesteller
 07.06.2022, 19:31

40h die Woche ist festgelegt. Nur warum wurde ich nicht komplett bezahlt?

Familiengerd  07.06.2022, 19:58
@Sedama2206
warum wurde ich nicht komplett bezahlt?

Weil der Arbeitgeber auf Deine Unwissenheit in dieser Frage hofft, um Dich "über den Tisch ziehen" zu können.

Sedama2206 
Fragesteller
 07.06.2022, 20:45
@Familiengerd

Ich muss mich einstempeln sobald ich arbeite, und die Stunden in denen ich eingestempelt bin werden bezahlt vielleicht deswegen oder?

Familiengerd  08.06.2022, 16:42
@Sedama2206

Ich schreibe Dir einmal eine ausführliche Antwort als Darstellung der rechtlichen Situation zu Deiner Frage.

Am Ende wird es dazu heißen:

"Ob Du Dich mit Deinem 'guten Recht' in der konkreten Situation aber gegen den Arbeitgeber behaupten kannst oder das überhaupt willst, kann ich nicht beurteilen; 'Recht haben' und 'Recht bekommen' sind leider viel zu oft zwei sehr verschiedene Dinge ..."