geerbte Immobilie mit Wohnrecht verkaufen, muss das Wohnrecht berücksichtigt werden?

8 Antworten

Offenbar ist dem Miterben im Testament des Erblassers zusätzlich zu seinem Erbteil als sogen. Vorausvermächtnis das Wohnrecht zugewendet worden. Wenn er dieses Wohnrecht=Vorausvermächtnis nicht in Anspruch nehmen will, kann er entweder schlicht darauf verzichten und von einer Eintragung des Rechts in das Grundbuch Abt. II (auf das er Anspruch hätte) absehen, so dass der Verkauf des Hauses durch die beiden Erben dann ohne weitere Probleme vonstatten gehen und der Erlös hälftig geteilt werden könnte. Er könnte seine Mitwirkung an dem Verkauf aber auch davon abhängig machen, dass ihm der rechnerische Wert des Wohnrechts, auf dessen Eintragung im Grundbuch er verzichtet, aus dem Verkaufserlös zusätzlich zu seiner Hälfte gezahlt wird. Das könnte für den anderen Miterben eine nicht unerhebliche Einbuße bedeuten; denn der kapitalisierte Wert des Wohnrechts errechnet sich aus der fiktiven Jahresmiete multipliziert mit einem vom Lebensalter des Berechtigten abhängigen Multiplikator. Die Hälfte dieses Betrags (die andere Hälfte hätte er als 1/2-Miteigentümer fiktiv selbst zu tragen !) müsste ihm zusätzlich zu Hälfte des Erlöses für das Wohnrecht ersatzweise gezahlt werden. Aber wenn zwischen beiden Erben Einvernehmen und eine insgesamt gute verwandtschaftliche oder freundschaftliche Beziehung besteht, müsste man sich auch darüber einigen können, dass beide je die Hälfte des Erlöses bekommen und dass Sie als Erbe zu 1/2 aus Ihrer Erlöshälfte ihm eine Art Entschädigungsbetrag von ein paar Prozent für den Verzicht auf das Wohnrecht zahlen, wenn er das überhaupt haben möchte.

Der zweite Erbe (ebenfalls 50%) hat auf seinen Teil zusätzlich ein Wohnrecht geerbt.

Wohnrechte sind gerade nicht erblich. Es kann höchsten sein, das der Erblasser den 2. Erben ein Wohnrecht im Sinne eines Vermächtnisses eingräumt hat. Hierbei ist zu beachten, das die Möglichkeit ein Haus zu bewohnen gerade den wirtschaftlichen Wert des Hauses darstellt.

Der zweite Erbe (ebenfalls 50%) hat auf seinen Teil zusätzlich ein Wohnrecht geerbt.

Die Frage ist warum der Erblasser da überhaupt zwei Erben einsetzt, bzw. das Haus per Vermächtnis nicht gleich den 2. Erbe zuschreibt.

Wird das Wohnrecht bei der Aufteilung des Erlöses berücksichtigt oder erlischt es da der Miterbe ja ebenfalls verkaufen möchte?

Da hat der 2. Miterbe freie Hand. Solange ein Wohnrecht für das Haus besteht, ist es prakisch kaum zu verkaufen. Insoweit muß sich der 1. Miterbe mit den 2. Miterben einigen, wobei der 1. schlechte Karten für eine Verhandlung hat.

Wird das Wohnrecht bei der Aufteilung des Erlöses berücksichtigt

Ja, aber das entscheidet der Wohnrechtinhaber, ob er freiwillig auf mehrere zehntausend Euro verzichtet.

oder erlischt es da der Miterbe ja ebenfalls verkaufen möchte?

Nein, es bliebe bestehen. Daher wird der Käufer Löschung dieses Rechts verlangen.

Der Wohnrechtinhaber kann dafür natürlich einen Wertersatz seines  unetgeltlichen Nutzungsrechts beanspruchern, der einer fiktiven Jahresmiete mal eigener Lebenserwartung entspräche - genau das wurde ihm ja zugesichert: Du kannst hier lebenslang mietfrei wohnen.

G imager761

Das Wohnrecht erlischt nicht, sofern es im Grundbuch eingetragen ist. Es muss die Löschung vom Berechtigten bewilligt werden. Das sollte hier kein Problem darstellen.

schelm1  12.02.2016, 19:20

Es muss die Löschung vom Berechtigten bewilligt werden. Das sollte hier kein Problem darstellen.

Na, wenn man da nicht kräftig Honig auf Seiten des Berechtigten saugen kann!?!

Der Wohnberechtigte kann den Verzicht auf sein Wohnrecht im Zuge der Beurkundung des Kaufvertrages oder auch vorher entgeltlich oder wenn er nicht sonderlich geschäftstüchtig wäre, auch unentgeltlich mit beurkunden lassen. Dem vom Wohnrecht dann unbelastetem Gesamtverkauf stünde so nichts mehr im Wege.

Das Wohnrecht ist ein wichtiges zu bewertendes Gut, das der Berechtigte finanziell auskosten kann, auch im Verkaufsfall.

bini2004 
Fragesteller
 12.02.2016, 17:46

Das Wohnrecht ist im Testament vermerkt und noch nicht im Grundbuch eingetragen. Der Miterbe möchte beim Verkauf aus der Immobilie ausziehen. 

schelm1  12.02.2016, 17:50
@bini2004

Sofern er klug und gut beraten ist, läßt er das Recht jetzt blitzschnell aufgrund des Testamentes eintragen, damit ihm keine finanzielles Mißgeschick widerfahren kann! Will er aber aus freien Stücken sein Recht ohne jede Gegenleistung einfach aufgeben, dann läßt er seinen Anspruch halt sausen - seine Entscheidung!!

bini2004 
Fragesteller
 12.02.2016, 19:04

...er möchte halt einen Ausgleich für das Wohnrecht. Wir wollen uns gütlich einigen...die Frage ist einfach nur: was ist angemessen???

schelm1  12.02.2016, 19:17
@bini2004

Beauftragen Sie einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, auf  den sich beide Parteien einigen, mit der Bewertung, dann haben Sie auch eine vernünftige Basis sich auseinander zu setzen. Bedenken Sie, dass ohne den Verzicht auf das Wohnrecht dieses Haus so gut wie unverkäuflich ist. Der Wohnberechtigte kann sich einfach durch die zwangsweise Aufhebung der Gemeinschaft  in den Genuß eines sehr hohen Veräußerungsgewinnes bringen, wenn er nur einigermaßen gut beraten ist!?! Aus einer solchen Situation saugt ein jeder "Winkeladvokat" gerne Honig!

imager761  13.02.2016, 07:28
@bini2004

Wir wollen uns gütlich einigen...die Frage ist einfach nur: was ist angemessen???

Simpel: Jahresmietwert ortsüblicher Vergleichsmiete x stat. Lebenserwartung des Wohnungsberechtigten.

Den Jahresmietwert vergleichbarer Wohnungen, wie sie dem berechtigten überlassen sind, erfährt man aus Immobilienangeboten oder bei Maklern der Stadt, die statistische Lebenserwartung aus Sterbetafeln des statistischen Bundesamtes oder Versichereren.