Begeht mein Chef Steuerbetrug / übt er Steuerhinterziehung aus?

9 Antworten

Zur Strafbarkeit:

Das Strafrecht unterscheidet zwischen dem Täter, dem Mittäter, einem mittelbaren Täter, einem Nebentäter und einem Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe). Strafrechtlich ist die „Beihilfe“ als „vorsätzliches Hilfeleisten gegenüber einem anderen zu dessen vorsätzlicher rechtswidriger Tat“ definiert (§ 27 Strafgesetzbuch).

Beihilfe kann schon begehen wer dem Steuerhinterzieher ein entscheidendes Mittel in die Hand gibt, um die Tat zu vollziehen. Die Beihilfe kann auch im „Nichtstun“ bestehen; sie kann auch gegeben sein, wenn man offenbar rechtswidrige Anordnungen des Arbeitgebers erfüllt...

Du solltest es in Zukunft unterlassen, solch offensichtlich falsche Rechnungen auszustellen...

Es hört sich zumindest sehr verdächtig nach Steuerbetrug an. Allerdings begeht Dein Chef ihn nicht direkt, sondern mittelbar, da er den Kunden ganz bewusst falsche Rechnungen aushändigt, damit diese sie von der Steuer absetzen können. Seine Kunden begehen also unmittelbar Steuerbetrug, da sie Rechnungen für Toilettenpapier einreichen, in Wirklichkeit aber Parfum gekauft haben. Dein Chef macht sich somit mindestens der Mittäterschaft/Beihilfe schuldig.

Inwiefern Du Dich strafbar machst, wenn Du seinen Anweisungen folgst und wissentlich falsche Rechnungen schreibst, weiß ich nicht. Du wirst im Straffall aber vermutlich als von Deinem Chef "wirtschaftlich Abhängige", die Du als seine Angestellte bist, straffrei oder mit einer geringen Strafe davon kommen. Für Deinen Chef wird sich das aber negativ auswirken, denn er zwingt Dich durch das Schreiben falscher Rechnungen dazu an seiner Straftat mitzuwirken. Das dürft im Falle einer Verurteilung ungünstig für ihn ausgehen.

Ich rate Dir dringend einen Anwalt aufzusuchen und Dich dort beraten zu lassen. Was Du letztlich gegen Deinen Chef unternimmst (Anzeige, Nichtstun) bleibt Dir überlassen, solltest Du aber mit dem Anwalt klären. Und Du solltest Dir bewusst sein, dass auch Unterlassung eine Straftat sein kann, weil Du durch Dein Verhalten die Straftat begünstigst. So etwas nennt man "Strafvereitelung", denn unterlässt Du es die Straftat anzuzeigen, vereitelst Du durch Deine Unterlassung die Bestrafung.

Steuerbetrug ist übrigens nie "nur eine Lapalie", denn es geht auf Kosten aller ehrlichen Steuerzahler. Man muss nicht Millionen hinterziehen, um ein Straftäter zu sein.

Ich wünsche Dir eine glückliche Hand bei der Wahl Deiner Entscheidung.

Ja, das sieht ganz nach Betrug aus. In diesem Fall würde ich den Chef höchstens ansprechen und nachfragen - aber ansonsten die Rechnungen erstellen, so wie es angewiesen worden ist, und mich aus dem Rest heraushalten. Das muss der Chef selber wissen und verantworten. Was anderes wäre es, wenn es um Leben und Gesundheit geht, also wenn er mich z.B. beauftragen würde, jemanden umzubringen oder ihm Gift in die Creme zu mischen.

Was Dein Chef verkauft ist seine Sache. Du schreibst für Ihn die Rechnungen was auf der Rechnung zu stehen hat. Dein Chef unterschreibt, alles Andere ist seine Sache. Daß, das nicht mit rechten Dingen zugeht, liest man aus Deinem Schreiben.

Problemmanager  10.01.2014, 15:36

ne ne, da liegst du falsch. Steuerbetrug ist ein Straftatbestand - Mitwirkung ist Beihilfe. Evtl. könnte auch Anstiftung dazukommen, wenn der (dumme) Chef aussagt, dass die Idee von der Buchhalterin kam, er wäre nie alleine auf diese Möglichkeit gekommen.

Beihilfe und Anstiftung zum Steuerbetrug ist EBENFALLS strafbar - wenn man erwischt wird.

Stichwort Steuerprüfung, anonyme Anzeige ....

Arbeitest Du mit einem Buchführungsprogramm oder mit einem Tabellenprogramm? Wenn Tabellenprogramm (Excel?), kann man immer sagen, der Chef hat da nachträglich geändert. Wenn Buchführungsprogramm, kann man immer sagen, der Chef will, dass ich auf "Stapelbuchung" arbeite, nachträglich ändert er die Rechnungsinhalte und führt die Direktbuchung und Ausdrucken von Journalen und Rechnungen aus (vermutlich).

Oder wird korrekt gebucht, die Rechnungen "separat" ausgedruckt? Das wäre aber "stümperhaft" und leicht als Manipulation herauszufinden.

Hat dein Chef die erforderlichen Kenntnisse dazu? Wenn ja, sprich das mit deinem Chef ab, sollte die Beihilfe zum Steuerbetrug herauskommen, dann bist du fein raus, er kann dich dann nicht "opfern".

Bist du gelernte Buchhalterin/Kauffrau?

s3yu90 
Fragesteller
 10.01.2014, 12:07

Gelernter Einzelhandelskaufmann. Da mein Chef keinerlei PC-Kenntnisse besitzt (soll nicht lustig gemeint sein, aber allein das Öffnen eines Textdokumentes wird er nicht bewerkstelligen können) hat er die Rechnungen immer von mir in Excel schreiben und ausdrucken lassen. Daraufhin wurden die Rechnungen in einen Briefumschlag zusammen mit der "originalen Rechnungen" über Parfum etc gepackt und verschickt.

Problemmanager  10.01.2014, 13:26
@s3yu90

Ich denke, da bist du fein raus. Die korrekte Rechnung ist gestellt, dass da noch eine "Excelrechnung" (selbst gebastelt ohne Buchführungshintergrund) mit in den Versand der korrekten Rechnung mit zugepackt wird (hoffentlich mit Quittungsunterschrift deines Chefs) kannst du gar nicht wissen.

Oder ist auf der Fakerechnung deine Unterschrift drunter? Hoffentlich nicht, wäre mehr wie dumm!!!

s3yu90 
Fragesteller
 10.01.2014, 13:56
@Problemmanager

Nein, unterschrieben habe ich nie etwas :)

Problemmanager  10.01.2014, 15:31
@s3yu90

Gratuliere!!!!

Dann hast du alles richtig gemacht, wenn irgend etwas auf deinen Chef zukommt, kann dir keine Beihilfe vorgeworfen werden, egal was der Chef macht. Selbst wenn er dich belasten würde, - was ich nicht glaube -, könntest du locker bestreiten.

Wenn dir deine Arbeit gefällt, bleib ruhig, mach weiter so, wie der Chef es will, dann sind beide zufrieden - besser gehts nicht. danke für Daumen