Als Überholter beschleunigen: Nötigung oder gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr?

2 Antworten

Das ist Nötigung, der Eingeholte darf nicht beschleunigen. 

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr ist wieder etwas ganz anderes, z.B. Schilder umsägen o.ä.

Salue

Obwohl Du einen Zeugen hast, würde ich eine Anzeige "zähneknirschend" bleiben lassen.

Ein Richter wird folgende Fragen stellen:

"Sie sind mit 100 km/h gefahren, der Kleinwagen mit 75 km/h. Sie sagen also aus, der Kleinwagen hätte, als Sie auf seiner Höhe waren, so extrem beschleunigt, dass Sie nicht genug Geschwindigkeitsüberschuss gehabt haben, um korrekt zu überholen ?

Haben Sie denn, als Sie die Absicht hatten, das langsamere Auto zu überholen, daran gedacht, dass dieser vielleicht auch am Beschleunigen sein könnte ?"

Der Überholte wird sagen, mit seiner Geste habe er die Gefährlichkeit Deines Manövers zeigen wollen, weil die nächste Kurve nicht erst in 1.5 Kilometer sei, sondern schon in einigen hundert Metern. Dieses Überholmanöver hatte er als Gefährdung seiner eigenen Sicherheit empfunden.

Der Richter geht bei seinem Abklärungen davon aus, das die Verantwortung für das "Ausnahme-Manöver" beim Überholenden liegt. Dies, obwohl gesetzlich der zu Überholende Dein Manöver nicht absichtlich behindern darf.

Du must also den Fehler beim Anderen beweisen. Im Zweifelsfall kann man auch die Situation am Ort des Geschehens anschauen. Wehe es sind nicht 1.5 km bis zur nächsten Kurve ! Dann bist Du der Gelackmeierte.

Es grüsst Dich (mit einem gewissen Verständnis für Dein Überholmanöver)

Tellensohn

Mchltgr 
Fragesteller
 04.02.2017, 17:11

Danke. Genau diese Bedenken habe ich leider auch, zumal im deutschen Verkehrsrecht leider oft eine Täter-Opfer-Umkehr (moralisch wie auch rechtlich) stattfindet.

Da es leider nur die Zeugenaussage und keine Videomessung und -aufzeichnung o.ä. gibt, die beweist, dass der andere nach langem konstanten 75-kmh-Fahren plötzlich beschleunigt hat und dabei schadenfroh grinsend den Mittelfinger gezeigt hat, wird es wohl auf genau sowas hinauslaufen. Entweder Einstellung aus Mangel an Beweisen oder ich bin am Ende der Dumme.

Ich muss gestehen, in solchen Momenten wünsche ich demjenigen, der mit voller Absicht so eine Situation herbeiführt, dass ihm beim Zeigen des Mittelfingers das Lenkrad aus der Hand rutscht und er sich um den nächsten Baum wickelt. Dann würde ich mich daneben stellen und meinerseits breit grinsen :)

Tellensohn  04.02.2017, 17:32
@Mchltgr

Salue

Ich will Dir eine Geschichte erzählen. Ich fahre seit 40 Jahren Autos und Motorräder. Mein erstes Auto war eine Citoen Dyane, Baujahr 1965 (das ist die Luxusversion der damaligen Ende).

Die beiden Zylinderchen des 600 ccm Boxermotors entwickelten stolze 24 PS, mit Rückenwind und Heimweh kam der auf knapp über 100 km/h.

Da war eine lange Gerade und ein Ferrari, der gemütlich mit etwa 85 km/h unterwegs war. Ich holte mit dem Fuss auf dem Bodenbrett mit ca. 103 km/h auf, setzte den Blinker und..... natürlich gab der Ferrari Gas. Dann fing er wieder an, langsam zu fahren.

Ich kannte die Strecke genau. so liess ich mich zurückfallen und fing dann an, Überschuss-Geschwindigkeit zu sammeln.

Ich teilte es mir sein ein, dass mein Überschuss genau dann am grössten ist, wenn er über eine kleine Kuppe gefahren ist und mich nicht mehr sieht.

Wenn Gegenverkehr gekommen wäre, hätte ich halt hart runterbremsen müssen, es kam aber keiner. Und so zog ich mit meinem "fahrenden Gartenhäuschen" so schnell an ihm vorbei, dass er vergass, Gas zu geben.

Allerdings nach einem weiteren Kilometer war er wieder vorne, er fuhr aber jetzt mit 100 km/h.

Später habe ich dann auch Autos gehabt, bei denen ich immer sehr viel Leistungsreserve hatte und nicht mehr auf Tricks zurückgreifen musste.

Ich wünsche Dir viel Spass

Tellensohn  

Mchltgr 
Fragesteller
 04.02.2017, 17:55
@Tellensohn

Mir sind ehrlich gesagt mein Benzin und meine Bremsbeläge zu schade, um sie an solchen Idioten zu verschwenden, für die es eine persönliche Niederlage zu sein scheint, wenn sie überholt werden. Erstaunlicherweise erlebe ich sowas immer nur, wenn ich mit neuen, teuren, "sportlichen" Autos unterwegs bin und nie, wenn ich mit Kleinwagen oder Nutzfahrzeugen fahre. Und auch nur in Deutschland und immer nur mit deutschen "Gegnern". In keinem der 21 anderen Länder, in denen ich schon gefahren bin und mit noch keinem Ausländer auf deutschen Straßen. Es scheint so eine deutsche Eigenart zu sein, seinen Sozialneid zu zeigen, indem man dem, der ein besseres Auto fährt als man selbst, eins auswischen zu wollen. Sei es durch kleine Gesten der Bösartigkeit, ihn z.B. beim Reißverschluss nicht einscheren zu lassen, als auch Aktionen, mit denen man andere ernsthaft in Gefahr bringt.

Tellensohn  04.02.2017, 18:13
@Mchltgr

Da hilft nur die innere Ruhe Auch bei uns in der Schweiz gibt es die "Trötteli" (Schweizerdeutsch für Schleicher).

Dann gibt es die, die immer die Nebelschlussleuchte eingeschaltet haben, die Funktion des Blinkerhebels nicht kennen, ausserorts mit 65 km/h schleichen und innerorts genau so schnell auf Fussgänger zurasen.

Auf der Autobahn fährt mit stur mit den 120 km/h-Anzeige auf dem Tacho (effektiv 110 km/h auf dem GPS).

Beim Abbiegen holt man aus, wie wenn man einen 10 Meter Anhänger angehängt hätte. Eingespurt wird grundsätzlich mitten auf der Fahrbahn.

Was soll's, wenigstens dürfen wir noch Autofahren. Unsere Nachkommen träumen dann davon, selber mal am Lenkrad drehen zu dürfen.

Tellensohn   

Paejexa  04.02.2017, 19:19
@Tellensohn

Hach ist das eine lustige Geschichte mit dem Citroen :D

Ist es aber nicht irgendwo in der StVO verankert, dass man kein Hindernis sein darf, indem man deutlich langsamer fährt als erlaubt?

Zu dem, was Mchltgr geschrieben hat (bezüglich Leuten mit einem besseren Auto eins auazuwischen) kann ich nur beipflichten. Das kenne ich teilweise auch von mir. Vorweg: ich bin ein geduldiger und freundlicher Fahrer, der sich an die Verkehrsregeln hält. So wie ea also sein sollte. Bislang habe ich allerdings noch kein eigenes Auto, weswegen ich immer mit den alten Klapperkisten von meinem Vater rumgurken muss (bisher Renault Twingo, VW Polo und aktuell Peugeot 105, keiner jünger als 19 Jahre). Wenn ich dann vorne an der Ampel neben einem Fahrzeug wie einem BMW stehe und einen besseren Start erwische, ist es auch wie ein kleiner "Triumph". Wohlwissend, dass ich leistungstechnisch klar unterlegen bin. Oder wenn man im Stau steht und einer in seinem Luxuswagen für 70-90.000€ einfach nicht schneller voran kommt. Das ist vermutlich genauso Neid. Auch bei mir, hätte ich das Geld, würde ich mir auch sofort einen BMW M4 kaufen. Trotzdem würde ich mich niemals zu (lebens)gefährlichen Aktionen hinreißen lassen, da gibt es schon genug Klappspaten auf deutschen Straßen...

Und zum autonomen Fahren sage ich nur eins: solange es noch irgendwo ein Fahrzeug mit manueller Lenkung zu kaufen gibt, werde ich es auch tun. Von autonomem Fahren halte ich nämlich absolut nichts.