Wie steht ihr zu 'containern'?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Bei der Diskussion um das Containern muß man zwischen (persönlicher, kultureller oder gesellschaftlicher) Moralvorstellung und der rechtlichen Problematik des Containerns unterscheiden.

In diesem unserem Lande wird leider oft in den höchsten Kategorien moralisierend geurteilt, was gleichzeitig zur Folge hat, daß Menschen (oder in diesem Fall auch Unternehmen) stigmatisiert werden, wenn sie den eigenen Moralvorstellungen nicht entsprechen.

Ob man Lebensmittel, die man eigentlich noch essen könnte, wegwerfen sollte, ist eine moralische Frage. Einige Sprechen sogar, m. E. etwas überzogen, von sozialschädlichem Verhalten. Ich möchte hier jetzt nicht weiter darauf eingehen, aber es kann festgestellt werden, daß es einen recht großen kulturellen und gesellschaftlichen Konsenz gibt, der das Wegwerfen von eßbaren Lebensmitteln als nicht erwünscht ansieht; dennoch bleibt das zunächst die Entscheidung eines Individuums, wie es sich verhalten möchte - man kann aber durchaus versuchen, mit sachlichen Argumenten das Verhalten des einzelnen zu ändern; wenn derjenige aber nicht einsichtig ist, dann muß man das hinnehmen oder durch das Strafrecht unterbinden, was dann zur Folge hätte, daß wir ein Gesinnungsstrafrecht mit all seinen negativen Erscheinungen forcieren würden.

Rechtlich gesehen kann es sich um Diebstahl handeln; die Frage, die sich hier stellt ist: wann gibt jemand das Eigentum an einer Sache auf (Sache wird herrenlos) - das ist nicht immer leicht zu beantworten. Neben dem Diebstahl kommen oft auch noch Sachbeschädigung oder Hausfriedensbruch hinzu.

Diese Straftaten sind unabhängig vom Wert oder den Sachen selbst zu beurteilen. Das Strafrecht sieht hier ggf. Strafmilderungen oder Einstellung des Verfahrens bei geringwertigen Sachen vor.

Es dürfte allgemein anerkannt sein, daß Diebstahl strafbar bleiben sollte - das macht durchaus Sinn. Nun stellt sich die Frage, ob z. B. der Gesetzgeber gewisse Sachen aus dem Tatbestand des Diebstahls herausnehmen kann und wenn ja, unter welchen Bedingungen.

Einige immer wieder angebrachten moralischen Argumente, warum Containern nicht bestraft werden sollte, sind inkonsequent - dann müsste man auch einen Banküberfall straffrei stellen, wenn der Bankräuber das Geld an arme Menschen verteilen würde (á la Robin Hood) oder für den Klimaschutz einsetzen würde; auch dürfte man Geld beim ArbG unterschlagen, wenn man damit eine lebensrettende Operation seines Kindes bezahlen würde.

Hier ständen zwar ggf. hehre Absichten dahinter, aber dennoch würde man, wohl auch nach der Meinung der meisten Bürger, zurecht bestraft - allerdings würden die Motive bei der Strafzumessung durchaus berücksichtigt.

In meinen angeführten Beispielen handelt sich aber um klar zuordenbare Eigentumsverhältnisse, wo auch die meisten Moralapostel zustimmen würden, daß man das bestrafen sollte - während es beim Containern um die Kernfrage geht:

Wem gehört etwas, wenn es weggeworfen wird? Gibt man sein Eigentum auf, wenn man etwas in einen Müllbehälter wirft? Gibt man das Eigentum auch schon auf, wenn man den Müllbehälter noch auf seinem Grundstück stehen hat?

Das kann in einigen Fällen rechtlich geklärt werden, aber nicht immer; daher gibt es das sogenannte Besitzkonstitut - man bestimmt, wann das Eigentum übergeht oder es aufgegeben wird (z. B. kann eine städtische Verordnung vorsehen, daß etwas, was in einen städtischen Mülleimer geworfen wird, Eigentum der Stadt wird, sobald die Mülltonne nicht mehr auf dem eigenen Grundstück steht - oder man regelt vertraglich, wann das Eigentum übergeht - Beispiel: Ware bleibt bis zur vollständigen Zahlung Eigentum des Händlers).

Hier hätte der Gesetzgeber nun eine gewisse Möglichkeit, eine konkrete Eigentumsregelung für weggeworfene Lebensmittel zu konstruieren - wo kein Eigentum --> da kein Diebstahl.

Das BVerfG wird sich allerdings mit dieser Frage nicht beschäftigen; hier wird es darum gehen, ob die Strafe selbst angemessen ist und ob eine Strafe überhaupt vertretbar ist - das ist eine heikle Angelegenheit, die in ihrer Konsequenz auch andere Straftaten dann in einem anderen Licht erscheinen lassen würden.

Man könnte aber die Strafbarkeit in Fällen von Containern weiterhin aufrecht erhalten, aber, bei Vorliegen gewisser Tatbestandsmerkmale, von einer Strafverfolgung absehen; man kennt das z. B. bei einer Abtreibung - die Abtreibung selbst bleibt eine Straftat, wird aber nicht verfolgt, wenn sie, nach einer Beratung, in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft vorgenommen wird.

Solche Lösungen sind rechtlich elegant, weil sie auf der einen Seite deutlich machen, daß gewisse Handlungen zwar als Straftat angesehen werden, aber aus gesellschaftlichen, moralischen oder kulturellen Gründen bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen, nicht verfolgt werden.

Der Gesetzgeber hat zudem auch die Möglichkeit Unternehmen zu verpflichten, noch genießbare Lebensmittel an mildtätige Organisationen zu spenden und den Betriebsausgaben- und Vorsteuerrabzug beim Einkauf ohne Korrektur aufrecht zu erhalten - man bekäme ggf. zusätzlich noch eine steuerlich absetzbare Zuwendungsbestätigung.

Fazit

Die Verfassungsklage ist, abgesehen von dem Einzellfall, durchaus zu begrüßen, weil hier ggf. das BVerfG, sollte es eine große gesellschaftliche Relevanz des Wegwerfens von genießbaren Lebensmitteln feststellen, ggf. dem Gesetzgeber aufgeben könnte, für das Containern (der Begriff hier im weitesten Sinne zu verestehen), klare (veränderte) Eigentumsregelungen zu schaffen oder die Strafverfolgung nur noch in gewissen Fällen möglich zu machen bzw. die Unternehmen zu verpflichten, die Lebensmittel an mildtätige Organisationen abzugeben.

In Einzelfällen kann aber auch eine Strafe nach jetziger Rechtsprechung unangemessen sein - wenn aber Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch hinzukommt, dann bleibt ggf. der Diebstahl wegen Geringfügigkeit ungeahndet aber dann liegen ja noch die anderen Straftaten vor.

DerSchopenhauer  09.11.2019, 07:33

Es wäre ggf. für den Gesetzgeber auch noch möglich, das sich Aneignen von Lebensmitteln aus Müllbehältern (inkl. dem damit in Verbindung stehenden Hausfriedensbruch und der Sachbeschädigung am Behälter) nicht mehr als Straftat zu werten, sondern als Ordnungswidrigkeit - das wäre zumindest (vorläufig) ein kleiner Schritt zur Entkriminalisierung - der zivilrechtliche Schadenersatzanspruch für die Sachbeschädigung bleibt davon natürlich unberührt.

Die Ordnungswidrigkeit könnte mit einem symbolischen Bußgeld geahndet werden.

Das wäre vielleicht, als Ausnahme, für eine Übergangszeit, bis zu einer angemessenen anderen gesetzlichen Lösung, denkbar.

Hessen001 
Fragesteller
 09.11.2019, 12:50
die Abtreibung selbst bleibt eine Straftat, wird aber nicht verfolgt, wenn sie, nach einer Beratung, in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft vorgenommen wird.

Und das ist in meinen Augen ein irrsinniges Paradoxon. Wenn es nämlich nicht verfolgt wird, glauben nämlich viele, dass es keine Straftat wäre. Und so denkt eine Mehrheit, dass Abtreibung in Deutschland keine Straftat wäre. Ich finde, entweder ist etwas eine Straftat und wird verfolgt, oder es ist keine Straftat. Aber eine Straftat, die nicht bestraft wird ist Quatsch.

Es könnte auch vorkommen, dass solche "Bio"-Abfälle mit Glas-Splittern einer zerstörten Verpackung verunreinigt wären, wurde schon gesehen...

ich finde es OK

macht man eben auf eigene Gefahr

Nicht gut

es ist Diebstahl, evt. Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch

abfallunternehmen verlieren Geld

Abfall wird auch zur Energieerzeugung genutzt

hohes Risiko Infizierte oder verdorbene Lebensmittel zu konsumieren

etc

sollte weiterhin verboten sein

und widerlich

FresherKnilch  09.11.2019, 00:00
abfallunternehmen verlieren Geld

Und die Welt hungert. Wir importieren jährlich 11 Millionen Tonnen Futtermittel.

Manuel0404  09.11.2019, 00:01
@FresherKnilch

Das ist so ein dummes Argument.

wenn man es nicht weg schmeißen würde wäre es nicht anderes

FresherKnilch  09.11.2019, 00:03
@Manuel0404

Doch, wer containert kauft weniger. Das heißt, es wird auch weniger produziert, da wegschmeissen teurer ist als verkaufen.

Der Begriff Dummheit ist für dich ein Messer ohne Griff.

simonpeters1979  09.11.2019, 00:03
@FresherKnilch

Ich denke containern ist mehr als Protestmittel gegen die Konsumgesellschaft zu verstehen als als Welt-Hunger-Hilfe. Die Lebensmittel aus deutschen Supermarkt-Containern werden auch hier bei uns gegessen. Die Welt hungert dennoch weiter.

FresherKnilch  09.11.2019, 00:05
@simonpeters1979

Natürlich ist er das. Noch nie wurden Containerprodukte ins Ausland verschifft.

Aber ausländische Nahrung kommt zu uns. Und zwar, weil ein Absatzmarkt dafür besteht. Wird mehr conainert, wird weniger gekauft, ergo, weniger produziert und weniger importiert.

Manuel0404  09.11.2019, 00:06
@FresherKnilch

Du kannst nicht denken

das was weggeschmissen wird wurde bezahlt

und es ändert sich nichts an der Menge

und es werden nicht mehr Leute machen weil es einfach ein hohes Gesundheitsrisiko ist.

FresherKnilch  09.11.2019, 00:11
@Manuel0404
Du kannst nicht denken

Das sagt der Richtige.

das was weggeschmissen wird wurde bezahlt

Ja, aber wer vom Container lebt, fällt als zahlender Kunde in Zukunft weg, was für die Supermärkte bedeutet, weniger zu verkaufen und noch mehr wegzuwerfen.

Du glaubst nicht, dass die dann etwas an Ihrer Einkaufspolitik ändern würden?

und es ändert sich nichts an der Menge

Also gehen die Containerleute nachher aus Mitleid noch zum Supermarkt und schmeißen die Lebensmittel, die Sie mangels Hunger nicht mehr essen konnten, ebenfalls weg?

Du bist ja blitzgescheit.

und es werden nicht mehr Leute machen weil es einfach ein hohes Gesundheitsrisiko ist.

Warum plädierst du dann dafür, dass es verboten bleibt?

Manuel0404  09.11.2019, 00:15
@FresherKnilch

Wenn es alle machen würden,

würde der Supermarkt und dann die Produzent und und und nichts verdienen

alles was ihr da klaut wurde vom Supermarkt gekauft und verdienen daran nichts. Wenn noch mehr weniger kaufen würden wäre es nicht mehr wirtschaftlich und es gibt gar nichts mehr

dann könnt ihr eure scheiße containern

FresherKnilch  09.11.2019, 00:22
@Manuel0404
Wenn es alle machen würden,

Du sagst doch, es würden sowieso nicht mehr Leute Containern als jetzt.

würde der Supermarkt und dann die Produzent und und und nichts verdienen

Klar würden Sie das, Sie müssten ja nur einfach nicht mehr so viel wegschmeissen. Ich glaube, du hast gerade die Chance zu erkennen, was für ein Antrieb hinter dem Containern steckt. Ob du das wirklich schaffst, ist aber zu bezweifeln.

alles was ihr da klaut

Du solltest vorsichtig sein, mich des Diebstahls zu bezeichnen, nur weil du glaubst mich irgendwo einordnen zu können.

wurde vom Supermarkt gekauft und verdienen daran nichts.

Also verdienen Supermärkte an Abfällen? Das wäre mir neu. Wie viel verdienen die so an einer Tonne unsortiertem Müll, der zu großen Teilen gar nicht brennt (abgesehen vom Hochoktanpudding)?

dann könnt ihr eure scheiße containern

Ahja. Was Kluges war nicht zu finden, da hast du was Kindisches rausgekramt. Okay.

Manuel0404  09.11.2019, 00:31
@FresherKnilch

Sind sind wegen Hygiene- und Präsentierungsvorscgriften dazu verpflichtet bestimmte Sachen an andere weiter zu geben!!!

es ist Diebstahl

Müll ist Eigentum

nein hast du nicht verstanden

lebensmittel werden vom Händler gekauft, werden/ können nicht verkauft werden ->werden entsorgt

der Supermarkt verdient an den Lebensmitteln nichts und macht Verluste (wurden ja nicht verkauft)

nein ich habe mich auf dein Niveau herabgelassen

zum Glück hat der Fallschirm funktioniert

FresherKnilch  09.11.2019, 00:45
@Manuel0404
es ist Diebstahl

Was dir kein Recht gibt, MIR Diebstahl zu unterstellen.

Zudem entsteht den Supermärkten kein direkter finanzieller Schaden durch diesen Diebstahl. Wohl aber entsteht durch die grenzenlose Überproduktion unserer Lebensmittelindustrie den Bürgern in den Ländern gewaltige Nachteile, aus denen wir unsere Futtermittel importieren.

nein hast du nicht verstanden

Nein. Du hast nicht verstanden, denn das hier:

der Supermarkt verdient an den Lebensmitteln nichts und macht Verluste (wurden ja nicht verkauft)

.. ist ja genau der Zweck des Containerns. Die Supermärkte werden nicht gezwungen, viel zu große Mengen anzukaufen. Sie tun es aber, und werfen daher regelmäßig enorme Mengen, pro Jahr 38Mio Tonnen, Lebensmittel in den Abfall.

Und das tun Sie, weil Sie keine finanziellen Einbußen dadurch zu erwarten haben. Bräche aber ein Teil der Kunden weg, weil er sich kostenlos am Müll bedienen dürfte, müssten sich die Märkte überlegen, ob Sie diese Strategie weiter fahren möchten.

nein ich habe mich auf dein Niveau herabgelassen

Wirklich? Wie oft habe ich in dieser Unterhaltung denn das Wort "Scheiße" oder etwas von ähnlicher Qualität verwendet?

Tasha  09.11.2019, 00:05

Abfallunternehmen verlieren Geld... Abfallunternehmen verbieten aber auch zu viel Müll, teilweise werden Tonnen nicht geleert, weil sie zu voll sind und Sperrmüll nicht mitgenommen, weil man mehr als veranschlagt hingestellt hat (erster Rundgang, Mail an den Betreiber, zweiter Rundgang, oh, das könnte auch noch weg). Und wenn dann Menschen kommen, die Teile des Sperrmülls noch brauchen können oder Essen, das einigen zu viel war/ nicht mehr schön genug/ schon angedätscht noch verwerten möchten, als Challenge oder weil sie sonst gar nichts mehr haben etc., dann soll denen das doch genönnt sein.

Bei mir in der Gegend ist der Sperrmüll für einige immer sehr interessant und Leute stellen Kästen mit nicht mehr Benötigtem (Bücher, Geschirr, teils alter Schmuck etc.) vors Haus. Die Kästen werden meist schnell geleert, vermutlich sowohl von Bedürftigen als auch einfach Flohmarktjägern udn die ehemaligen Besitzer sparen sich die Entsorgung. Die Müllabfuhr bekommt ganz sicher genug Müll, wenn ein sehr kleiner Teil der Gesellschaft ein paar gut erhaltene Paprika und Lauchstangen "rettet". Kritisch sehe ich tatsächlich nach dem Einwurf jetzt die Idee, dass verdorbene Geister z.B. die Lauchstange dann einmal vor dem Wegwerfen in der Toilette gebadet haben, just because... :-(((

Ich finde es völlig in Ordnung