Was haltet ihr von einem Selbstversuch mit verbundenen Augen tagsüber im Straßenverkehr?
Im Internet gibt es unzählige Videos über sonst visuell uneingeschränkte Menschen, die einfach mal ausprobieren, wie es sich anfühlt alltägliche Dinge blind zu erledigen und haben oft sehr viel Spaß dabei. Ich habe mich auch einmal von einem blinden Menschen durch die Hamburger Innenstadt mit Schlafmaske und auch eigenen Blindenstock führen lassen. Aus versicherungstechnischen Gründen musste jeder, der so etwas mal ausprobieren wollte, bei der Führung immer eingehakt bleiben. Ein junges Mädchen ist einen Schritt weitergegangen und hat mal irgendwo in den USA folgendes Experiment durchgeführt:
6 Antworten
hey :)
ich als sehbehinderte kann nur sagen, dass das Experiment wirklich mal ein Erlebnis wäre, es gäbe viele Personen, die so sensibilisiert werden würden und wissen würden wie das ist, nix zu sehen.
Meiner Meinung nach, sollte man das Experiment aber mit professioneller Anleitung durchführen lassen. Meine Mutter und der Verein, welchem ich angehöre, (und auch ich) bieten solche Sensibilisierungen an und die Menschen finden die Erlebnisse immer wieder beeindruckend und empfehlen es auch weiter.
Alleine würde ich das auch nicht tun, zu gefährlich, nicht nur für die Person selber, auch die anderen Verkehrsteilnehmer und sonstigen Probleme, welche Auftreten können.
Zwar hat man ja einen Langstock (das ist die korrekte Bezeichnung für Blindenstock), doch ungeübten Menschen nützt dies genau so viel wie kein Stock.
Das sage ich aus erfahrung! Und es ist gefährlich ohne oder ohne Erfahrung etwas solches zu machen.
Wenn man dies wirklich durchführen möchte, vielleicht auch mit mehreren Personen zusammen, sollte mindestens immer eine Person auf einem aufpassen oder allgemein eine Gruppendynamik sein, damit man sich helfen kann im Falle eines Falles.
Liebe Grüsse und einen Schönen Abend.
Levi
Jo das ist mir bewusst. :)
Aber zumindest zu Beginn, wird dieser auch begleitet und kennt sich in diesem Bereich aus, was das Orientieren und Mobilität angeht. Zumindest besser als ein Laie, der einfach mal auf gut glück so durch den Strassenverkehr watschelt mit einem Stock, der ihm eventuell auch nichts bringt.
Das ist meine Ansicht.
Lg
Halte ich gar nichts von!
Einerseits ist es nicht nur respektlos, sondern abgrundtief ableistisch als Nicht-Behinderte Person eine Behinderung zu spielen.
Außerdem gefährdet die Person sich selber und alle anderen Verkehrsteilnehmer*innen!
Die Hör- & Tastsinne einer blinden Person sind sehr viel besser, als bei einer Person, die die Behinderung nur vorspielt.
Als normal sehende Person kann man so seine Konzentration auf seine anderen Sinne auch trainieren. Anna Garbe, eine blinde Frau, hat mal gesagt, dass blinde Menschen ihrer Meinung nach keine stärkeren anderen Sinne haben, sondern gelernt haben sich mehr darauf zu konzentrieren. Wenn der Sehsinn, konzentriert man sich innerhalb kürzester Zeit schon teilweise automatisch mehr auf die anderen Sinne. Das weiß ich aus eigener Erfahrung als visuell nicht eingeschränkter Mensch. Hier gibt es noch zwei interessante Videos zu dem Thema:
Aber garantiert nicht, wenn man nur einen Selbstversuch macht. Um sich auf die anderen Sinne konzentrieren, muss das schon eine Weile so laufen.
Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Wir mussten in der Schule versuchen Braille-Schrift zu lesen. Wir haben es trotz geschlossenen Augen nicht geschafft, erst als wir die Punktkombinationen visuell sehen konnten, konnten wir erkennen, welche Punktkombination für welchen Buchstaben steht.
Ich halte generell wenig davon. Denn auch jemand der blind ist wird eine Zeit brauchen um sich zurecht zu finden. Mal einen Tag irgendwas auszuprobieren hat für mich keine Aussagekraft. Ich habe z.B. eine Bekannte, die seit Geburt blind ist und deren Tastvermögen und Gehör deutlich besser ist, als es das meine ist (und ich behaupte von mir, dass ich recht gut hören kann). Auch ein ehemals stark sehbehinderter Kollege sowie ein weiter Kollege, der blind war, wären nicht vergleichbar gewesen mit "mal nen Tag die Augen zu machen".
Wenn man wissen möchte, wo sich etwas verbessern sollte, dann doch bitte direkt blinde Menschen ansprechen. Ich persönlich finde z.B. Vlogs da total interessant....von blinden natürlich und nicht von Leuten, die es mal kurz ausprobiert haben.
Ich bin selbst Rollifahrerin und kann es ebenfalls nicht ausstehen, wenn da mal wieder irgendwer sich in nen Rolli sitzt und glaubt zu wissen wie der Hase läuft. Selbst ist würde nach über 5 Jahren Rolli mir nicht anmaßen für alle Rollifahrer sprechen zu wollen.
Selbiges gilt dementsprechend dann auch für den Langstock. Nicht umsonst gibt es dafür dann extra Trainings um ihn auch effektiv nutzen zu können.
Als sonst normal sehender Mensch kann man so lernen, sich noch besser auf die anderen Sinne zu konzentrieren. Es geht bei den zeitlich begrenzten Selbstversuchen mit verbundenen Augen zwar auch, aber nicht nur ausschließlich um Empathie für blinde Menschen. Im Rollstuhl kann nicht lernen, die Welt noch mehr mit den anderen Sinnen wahrzunehmen. Deshalb habe bis jetzt zwar mal was blind, beziehungsweise "blindfolded" wie es im Englischen so schön heißt, ausprobiert, aber noch nie im Rollstuhl gesessen.
An der Hand eines sehenden dem man vertraut oder zu Hause ist das ein spannendes Erlebnis. Oder mit geschlossenen Augen zu tanzen. Ich rede hier natürlich von Paartanz. Das ist gleich was ganz anderes.
Aber nicht alleine draußen im Straßenverkehr!
Eine weitere sehende Person war mindestens auch mit dabei, nämlich jemand, der sie dabei gefilmt hat. Sie hat sicherlich auch mit aufgepasst.
Das ist zu riskant.
So etwas zu können, gehört zur Ausbildung eines sonst visuell nicht eingeschränkten Orientierungs- und Mobilitätstrainers dazu.
Aber immer noch nicht im Straßenverkehr.
Laut eines Spielfilms "Sturköpfe" müssen sich die Trainer für die Abschlussprüfung doch mit verbundenen Augen im Straßenverkehr orientieren können.
Ich habe es mal auf einem Tanzworkshop ausprobiert mit verbundenen Augen zu tanzen. Jeder hat dort alleine getanzt und eine andere Person ein bisschen aufgepasst. Eine Zeit später habe ich darüber noch mit einer anderen Teilnehmerin gesprochen. Sie sagte: "Ich habe schon öfters in der Wohnung die Augen zu gehabt." Ich erwiderte: "Ich auch." Sie antwortete: "Diesen Mut haben viele nicht."
Ich bin ja bei meinem Swingtanz ein ganz ordentlicher Leader aber wenn man die Augen zu macht nimmt man alles ganz anders war und kann sich auf die physische Connection noch viel besser konzentrieren. Ich finde das ein tolles Erlebnis.
Im Straßenverkehr würde ich das eher nicht machen. Da würde ich mich nicht sicher fühlen. Wo wenig Verkehr ist schon. Ich lasse mich gerne mit verbundenen Augen durch den Wald führen. Das ist immer wieder ein schönes Erlebnis.
Das steht dazu in Wikipedia: "Ein angehender Mobilitätslehrer muss während seiner Ausbildung praktisch täglich 1 bis 2 Stunden unter einer Augenbinde verbringen und innerhalb von mehreren Monaten eine komplette Schulung in Orientierung & Mobilität absolvieren. Nur so ist es ihr bzw. ihm möglich, die O&M-Techniken selber anzuwenden, bevor sie weitergegeben werden. Durch diese Methode wird weitestgehend verhindert, dass ein Mobilitätslehrer seine späteren Klienten oder Schüler unter- oder überfordert."
https://de.wikipedia.org/wiki/Orientierungs-_und_Mobilit%C3%A4tstraining