warum kann man in Amerika jemanden wegen jedem Sch*ß verklagen in Deutschland und Österreich aber nicht?

5 Antworten

was ist bei unserem Rechtssystem anders

Du kannst selbstverständlich jeden "verklagen", auch "bei uns" (ich nehme an, es geht um die BRD).

Ein wesentlicher Unterschied ist, dass es im amerikanischen Rechtssystem das Konzept der punitive damages gibt. Das ist ein Schadenersatz im Zivilrecht, dessen Höhe eben nicht nur als Wiedergutmachung, sondern auch als Strafe dienen soll. Damit erklären sich die mitunter erstaunlich hohen Schadenersatzzahlungen, über die man "bei uns" staunt.

Ich glaube, es hängt mit dem Verhältnismässigkeitsprinzip zusammen. Das wird hierzulande bei einer Urteilsfindung noch angewandt. Eine Schadenersatzklage muss im Verhältnis zum Schaden stehen und auch Klagen auf Schmerzensgeld werden am emotinalen Schaden festgemacht, nicht an einer hirnlosen Forderung, die auf Moralvorstellungen basiert.

Bei uns wird vorausgesetzt, dass die Menschen einen gesunden Menschenverstand haben und diesen auch im Alltag benutzen und nicht wie kleine Kinder ohne nachzudenken wahllos irgendwas tun (z.B. täglich literweise Cola saufen und Burger fressen) und nachher über die Konsequenzen rumheulen (z.B. Diabetes, fette Wampe) und den Konzern beschuldigen, der diese Dinge produziert hat. Bei uns wird erwachsenen Menschen eine gewisse Eigenverantwortung zugetraut und zugemutet.

Verklagen kannst du hierzulande auch. Wenn deine Darlegungen aber zu dünn und/oder deine Forderungen überzogen sind, wirst du halt vom Gericht zurechtgestutzt.

780.000 $ Schadenersatz, weil du im Supermarkt über dein eigenes Kind gestolpert bist, spricht dir hierzulande kein Gericht zu.

naja, man hörte von Klagewellen wegen alberner selbst verschuldeter Verletzung.

1 Mio $ Schadenersatz von Mc D. für eine verbrannte Schnute durch heißen Kaffee an eine Oma

Bei uns gibt es jetzt erst eine Art Sammelklage, das heißt dann Musterfeststellungsklage

Droitteur  17.10.2020, 16:55

"man hörte"

"1 Mio $ Schadenersatz von Mc D. für eine verbrannte Schnute durch heißen Kaffee an eine Oma"

Was man so hört, muss nicht alles so stimmen ;)

Havenari  17.10.2020, 19:27

1. Niemand weiß, welche Zahlung McD letztlich geleistet hat.

2. Die "verbrannte Schnute" waren großflächige Verbrennungen dritten Grades an den Beinen.

3. Der Kaffee wurde wissentlich erheblich heißer als branchenüblich verkauft, obwohl es in den zehn Jahren davor in über 700 Fällen zu Verbrennungen gekommen war.

4. Die "punitive damages" dienen nicht der Entschädigung des Opfers, sondern sollen verhindern, dass der Verurteilte einfach so weiter macht.

5. Fragt sich, wer hier albern ist.

Droitteur  17.10.2020, 20:25
@Havenari

Sehr gut!

Nebenbei bemerkt, nicht zu vergessen auch die Krankenhauskosten in Verbindung mit dem dortigen Gesundheitssystem/den, gegebenenfalls nicht vorhandenen, Versicherungen, und die Tatsache, dass es überhaupt gewisse Schwierigkeiten mit sich bringt, dort Verfahren zu führen.

Der Dame wurde sogar eine Entschädigung angeboten, also war man sich seiner Verantwortung wohl bewusst, die aber angesichts ihrer Kosten lächerlich waren; der Ersatz, den sie tatsächlich verlangt hatte, war in Dimensionen, die selbst hier in Deutschland gar nicht mehr irritiert hätten.

Schlussendlich finde ich auch immer sehr hilfreich, sich klarzumachen, warum der Kaffee da bewusst so viel heißer gebrüht wurde. Es fanden sich auf diese Weise mehr Abnehmer, weil viele den Kaffee dort kauften und erst mal noch irgendwo hingefahren sind; da sollte er dann noch immer heiß sein. Man hatte sich dann ausgerechnet, dass es sich eher lohnt, die Geschädigten zu "entschädigen" (wie gesagt, recht gering), und dafür mehr Kaffee zu verkaufen. Auf diese "Rechnung" kann man dann mithilfe der Punitive Damages ebenfalls "Einfluss" nehmen, sodass es sich also eben doch nicht mehr lohnt.