Urheberrecht: Bekanntes Lied mit neuem Text versehen?

4 Antworten

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Wenn das Werk, das du bearbeiten und nutzen möchtest, bei der gema.de gelistet ist, kannst du dort die erste für dein Projekt nötige Lizenz käuflich erwerben. Der Frankfurter Medien-Fachanwalt Dr. Severin Müller-Riemenschneider vertritt dazu diesen Standpunkt:

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) vertritt Künstler in der Wahrnehmung ihrer Verwertungsrechte. Werden Veränderungen an Melodie und Text vorgenommen, könnte zudem eine Bearbeitung vorliegen, sodass die Einwilligung des Urhebers zusätzlich zu der Lizenzierung bei der Gema eingeholt werden muss.

Demnach musst du zudem noch die Urheber des Original-Werkes, das du durch § 23 Bearbeitungen und Umgestaltungen verändern möchtest, um eine § 31 Einräumung von Nutzungsrechten ersuchen.

Die Urheber des Original-Werkes sind in der Regel die Komponisten und die Text-Autoren. Nun gibt es aber meines Erachtens drei Möglichkeiten, die hier zu beachten sind.

Möglichkeit Nr. 1: Ein Auftraggeber - üblicherweise ein Musikverlag oder ein Musikproduzent - fragt einen Urheber (oder mehrere), a) ob er ihm einen Text zu einer Melodie schreiben könnte oder b) ob er ihm einen Text vertonen könnte.

Hier liegen dann offenkundig zwei getrennte Werke vor: ein Werk der Musik und ein Sprachwerk. Hier sollte es also genügen, die Urheber der Musik "um eine § 31 Einräumung von Nutzungsrechten zu ersuchen", falls es nicht sogar ausreicht, den aktuellen Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte oder die Verwertungsgesellschaft (also meist die GEMA) danach zu ersuchen.

Möglichkeit Nr. 2: Komponisten und Texter haben gemeinsam oder in enger Absprache ein Werk geschaffen, und wollten es auch genau so schaffen und wollten zudem, dass es genau so veröffentlicht wird.

Hier wären nun vermutlich alle Urheber - also alle Komponisten und alle Texter - "um eine § 31 Einräumung von Nutzungsrechten zu ersuchen" - auch wenn die zustimmungspflichtigen § 23 Bearbeitungen und Umgestaltungen vordergründig lediglich den Text betreffen.

Denn die Persönlichkeitsrechte eines Urhebers könnten auch verletzt sein, wenn etwa die Liebes- oder Trauer-Melodie eines Komponisten mit einem makabren Text versehen werden - und zwar sowohl im persönlichen Empfinden des Künstlers als auch in der Außenwirkung auf die Öffentlichkeit, die das so veränderte Werk immerhin mit der Künstlerpersönlichkeit gedanklich in Verbindung bringen kann.

Leichter nachvollziehbar sind diese Bedenken wohl, wenn umgekehrt ein getragener Text zu einer getragenen Melodie nun in ein wildes Heavy-Metal-Gemetzel eingefügt werden soll.

Noch klarer werden solche Vorbehalte gegenüber einer Veränderung eines Werkes aufgrund des Persönlichkeitsrechts der Urheber in Möglichkeit Nr. 3, § 14 Entstellung des Werkes:

Der Urheber hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden.

Am besten sucht man sein gewünschtes zu bearbeitendes Werk zunächst bei https://online.gema.de/werke/search.faces und besorgt sich eine Lizenz - oder eben bei dem Musikverlag oder bei dem Plattenlabel, das die ausschließlichen Rechte an dem Original-Werk inne hat.

Und dann fragt man am besten sämtliche Urheber des Original-Werkes - also alle Texter und alle Komponisten -, was sie von dem neuen Werk halten und ob sie bitte eine § 31 Einräumung von Nutzungsrechten gewähren würden - über die Einräumung durch die gema.de oder des Verlags oder des Labels hinaus.

Hat man aber gar keine Besorgnis wegen einer Klage oder einer § 97a Abmahnung wegen § 97 Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz,

holt man sich nur die Lizenz von der GEMA und hofft, dass sich keiner der Urheber des Originals in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt fühlt.

Gruß aus Berlin, Gerd

Kim1984 
Fragesteller
 29.12.2020, 00:57

Spitzenantwort, vielen Dank!

Kim1984 
Fragesteller
 29.12.2020, 10:15

Lieber Top-Experte Gerd, wie ist die Rechtslage, wenn ich einen Text für ein Lied schreibe, der völlig neu ist und nur diesen Text vertreibe, nur mit dem Hinweis, dass er zu der Musik passt (z. B. damit Menschen den Text beim Selbst-Musizieren singen können). Ich würde dann weder den Text noch die Musik des Liedes verwenden, das mich inspiriert hat. Wäre das problemlos möglich, oder könnte der Urheber des Liedes, auf das ich lediglich verweise, mir sogar diesen Hinweis verbieten, dass mein Text auf sein Lied passt?

Das geht leider nicht. Es stellt sich die Frage, wann eine urheberrechtlich geschützte Melodie in ihrem verletzt wird. Als Plagiat im Rechtssinne definiert die Rechtsprechung die bewusste Aneignung fremden Geistesgutes. Als Plagiator wird allgemein derjenige verstanden, der fremde Werke oder Teile daraus benutzt oder nachmacht und sich rechtswidrig als deren Urheber ausgibt. Das ist in diesem Fall erfüllt.

Anders verhält es sich bei Cover Versionen. Der urheberrechtliche Schutz von Melodien und Musikwerken im Allgemeinen ist in § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG explizit geregelt.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Kim1984 
Fragesteller
 27.12.2020, 18:14

Ich schrieb:

Wie gehe ich dabei rechtlich korrekt vor?
Johannes2309  27.12.2020, 18:15
@Kim1984

Du müsstest den Rechteinhaber um Erlaubnis bitten.

Frag den deutschen Liedermacher, ob ihm das recht ist. Lebt er nicht mehr frag seinen Rechtsnachfolger.

warehouse14

Damit verwendest du immer noch die Melodie, die Musik dazu.

Kim1984 
Fragesteller
 27.12.2020, 16:24

Genau darum dreht sich meine Frage

Felixsenior  27.12.2020, 16:25
@Kim1984

Geht so nicht, dann müsstest du einen Vertrag mit dem Rechteinhaber machen.