Richter wird im laufenden Verfahren ersetzt durch neuen?

5 Antworten

Es passiert durchaus häufig, dass der Richter während eines laufenden Verfahrens getauscht wird. Das ist also nichts ungewöhnliches und kann viele Gründe haben - diese haben in aller Regel nichts damit zu tun, dass in irgendeiner Form Zweifel am Richter bestehen.

Gründe können beispielsweise die folgenden sein, nur um mal einige zu nennen:

  • Der Richter hat sich versetzen lassen (ist jetzt also nicht mehr Richter am Amtsgeircht für allgemeine Zivilsachen, sondern vielleicht Strafrichter, Familienrichter etc.)
  • Der Richter ist jetzt Richter am Landgericht geworden.
  • Der Richter ist in Elternzeit oder - wenn es eine Richterin ist - vielleicht in Mutterschutz.
  • Der Richter ist aus Altersgründen aus dem Dienst ausgeschieden.
  • Der Richter hat den Beruf gewechselt und ist jetzt Staatsanwalt oder Rechtsanwalt.
  • Der Richter ist - für längere Zeit - krankgeschrieben.
  • Der Richter hat die Zivilabteilung gewechselt oder seine Abteilung abgegeben - vielleicht, weil er nur noch Teilzeit arbeitet oder weil er nur noch eine halbe Abteilung macht und den Rest der Zeit Personalangelegenheiten bearbeitet.

Da Zivilprozesse sich oft über eine gewisse Zeit hinziehen, können also zahlreiche Situationen eintreten, in denen der zuständige Richter wechselt. Das ist weder ungewöhnlich noch hat es negative Auswirkungen für euch - außer dass es jetzt vielleicht etwas länger dauert.

In der Sache hat der Richterwechsel aber keine Auswirkungen. Im Zivilprozess wird sowieso vor allem auf Grundlage der Akten, also des schriftlichen Vorbringens entschieden. Die mündliche Verhandlung - falls es schon eine gab - wurde protokolliert und ist dem Inhalt nach somit auch dem nachfolgenden Richter bekannt. Nichts, was nicht in der Akte vermerkt ist, spielt für das Urteil eine Rolle.

Anders ist das Ganze im Strafverfahren: Dort muss der Richter das Urteil fällen, der an jedem Hauptverhandlungstag anwesend war. Inhalt des Urteils darf dort nur das werden, was auch Inhalt der mündlichen Verhandlung war. Das ist im Zivilprozess ganz anders, da dort - wie gesagt - das allermeiste schriftlich läuft.

Als Referendar habe ich in Zivilsachen Urteile geschrieben (die dann von dem Richter, dem ich zugeteilt war, im Wesentlichen so verkündet wurden, wie ich sie geschrieben hatte), bei denen ich den Fall allein aus der Akte kannte. Ich hatte nie die Parteien persönlich gesehen und war auch nicht bei einer Hauptverhandlung des Verfahrens (die teilweise schon länger zurücklag) anwesend gewesen. Der Richter, dem ich zugeteilt war, hatte außerdem in meiner Zeit bei ihm sehr viele Fälle zu bearbeiten, die er selbst übernommen hatte, weil seine Vorgängerin in den Mutterschutz gegangen war. So habe ich Urteile für den Richter in Verfahren geschrieben, die sowohl der Richter als auch ich nur aus den Akten kannten. Trotzdem ist in solchen Fällen genauso ein gerechtes Urteil möglich, wie in den Fällen, in denen der Richter nicht wechselt.

Denn auch wenn der Richter nicht wechselt, wird der Richter nach dem entscheiden, was Inhalt der Akten ist. Schließlich müssen die Parteien bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens ohnehin schriftlich vortragen und ein Vortrag, der erst in der mündlichen Verhandlung erfolgt, ist in vielen Fällen bereits verspätet und muss gar nicht berücksichtigt werden. Somit kann jeder Richter, der den Fall später übernimmt und den Akteninhalt kennt, ein Urteil fällen.

Das Ganze läuft ohne Richterwechsel zum Beispiel so ab:

Der Richter bekommt die Klage, lässt diese zustellen. Dann vergehen zwei Wochen, worauf eine Verteidigungsanzeige des Beklagten eingeht. Noch ein bisschen später geht dann eine Klageerwiderung ein, es folgt ein bisschen wechselseitiger Schriftverkehr der Parteien. Der Richter wird sich das nicht im Detail anschauen, sondern erst einmal nur überfliegen, da es ansonsten zu viel Zeit kosten würde - außer es gibt irgendetwas Außergewähnliches an dem Fall oder der Richter muss bestimmte Entscheidungen sofort treffen. Irgendwann wird der Richter dann einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen. Kurz bevor diese stattfindet, liest sich der Richter die Akte gründlich durch, damit er Bescheid weiß, worum es geht. Nach der mündlichen Verhandlung wird dann vielleicht noch etwas Schriftverkehr gewechselt, vielleicht noch eine zweite mündliche Verhandlung anberaumt oder ein Gutachten eingeholt und irgendwann beschließt der Richter dann mit Zustimmung der Parteien, dass im schriftlichen Verfahren entschieden werden soll. Dann hat die Akte irgendwann 150 Seiten und der Richter erinnert sich 5 Monate nach der letzten mündlichen Verhandlung sowieso nur noch dunkel an den Fall - also entscheidet er allein auf Grundlage der Akten, denn die enthalten ohnehin alles, was für den Fall von Bedeutung ist. Ob das also derselbe Richter macht, der ursprünglich die Klage erhalten und die mündliche Verhandlung durchgeführt hat, oder ein neuer Richter, ist in aller Regel völlig irrelevant.

Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen, an der Sache wird nichts faul sein. Dass ein Richter während eines laufenden Verfahrens gewechselt wird, ist im Zivilprozess völlig normal.

Ja, ärgerlich für alle anderen Verfahrensbeteiligten, weil es dann noch länger dauert, ehe es zu einer Entscheidung kommen kann.

Hat aber manchmal ganz banale Gründe, Ri.a.AG wird zur LG befördert, macht also Karriere, oder wird innerhalb des AG für eine andere Abteilung zuständig und natürlich werden Richter auch mal krank, manchmal langfristig.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

An der Angelegenheit ist absolut gar nichts faul. Der alte Richter kann krank, pensioniert, in eine andere Abteilung oder an ein anderes Gericht versetzt worden sein, gestorben sein, einen Unfall gehabt haben usw. Dann wird er durch einen anderen Richter ersetzt und dieser muß sich nicht nur in deinen Fall, sondern auch in alle anderen Fälle des alten Richters einarbeiten. Das verzögert alle seine Verfahren. Außerdem sind die Gerichte personell chronisch unterbesetzt, so dass Richter viele Gerichtsverfahren vor sich herschieben (müssen). Das ist nicht ihre Schuld.

Soweit wir nachgelesen haben, sollte ein Richter erst gewechselt werden weenn das erste Urteil gesprochen wurde, und nicht mittendrin wechsel z.b. vom Amtsgericht durch Revison auf,s Landgericht.

Bei Rechtsmitteln (Berufung und Revision) wird nicht der Richter ersetzt. Dann wird euer Fall insgesamt an die nächst höhere Instanz verwiesen. Meistens ist es dann das Landgericht, das mit dem Amtsgericht personell überhhaupt nichts zu tun hat.

In einem Zivilgerichtsprozeß gibt es keinen "Angeklagten". Den gibt es nur in Strafverfahren. Bei eurem Fall stehen sich Kläger und BEKLAGTER gegenüber.

Wenn der alte Richter wegen Befangenheit abgelehnt wurde und dem Ablehnungsantrag wurde stattgegeben, würdet ihr benachrichtigt werden.

Mache dir keine Sorgen. Alles ist völlig normal. Pech ist nur für euch, dass sich der Fall verzögert, aber dagegen könnt ihr nichts machen.

Viel Glück und Erfolg bei eurem Prozeß!

Klingt mir nach einer schweren Erkrankung oder gar einem Todesfall.

Befangenheit würdet ihr erfahren.

kitt3000 
Fragesteller
 20.08.2018, 23:54

Hi normalerweise hätte der normale Richterwechsel auch bekanntgegeben werden müssen oder ??

.... für mich Alltag.

Krankheit, Überlastung, Versetzung, Pension, u.a.m., sorgen dafür, teilweise mit genau gegensätzlichen Ansichten.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung