Muss der Vorstand eines Vereines Demokratisch gewählt werden?

3 Antworten

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Der in anderen Antworten mehrfach zitierte § 27 Abs. 1 BGB kann durch eine nach Belieben des Vereines andersartig gestaltete Satzungsvorschrift ersetzt werden, denn diese Vorschrift gehört zu den in § 40 BGB aufgeführten "nachgiebigen Vorschriften", die insoweit keine Anwendung finden, als die Satzung etwas anderes bestimmt.

Wenn also der Verein beschließt, dass der Vorstand durch Auswürfeln zu bestellen sei und dies so in seine Satzung schreibt, dann darf der Vorstand nicht durch eine Wahl sondern nur durch Auswürfeln bestellt werden.

Kein deutsches Gesetz schreibt vor, dass ein Verein sein Vereinsleben "demokratisch" zu gestalten habe.

Im Übrigen: Wenn die Satzung keine Amtszeit für den Vorstand vorsieht, dann gibt es auch keine. Dann ist der Vorstand grundsätzlich auf Lebenszeit bestellt, da seine Amtszeit niemals abläuft.
Die Bestellung kann allerdings jederzeit widerrufen werden. Dies wird durch die nicht nachgiebige Vorschrift des § 27 Abs. 2 geregelt:

(2) Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung. Die Widerruflichkeit kann durch die Satzung auf den Fall beschränkt werden, dass ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.

Es ist also nicht möglich, eine Vereinssatzung so zu fassen, dass ein einmal bestellter Vorstand sein Leben lang im Amt bleibt. Man kann lediglich die Wahrscheinlichkeit dafür, das Amt zu verlieren auf ein Minimum verringern, nämlich indem man in der Satzung keine feste Amtstdauer vorsieht und zudem die Widerruflichkeit der Bestellung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt. Mehr geht nicht.

arnearnesson 
Fragesteller
 19.12.2012, 15:17

Sehr gut. Danke dir für die ausfühliche Antwort!

§ 27 Bestellung und Geschäftsführung des Vorstands

(1) Die Bestellung des Vorstands erfolgt durch Beschluss der Mitgliederversammlung. (2) Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung. Die Widerruflichkeit kann durch die Satzung auf den Fall beschränkt werden, dass ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. (3) Auf die Geschäftsführung des Vorstands finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670 entsprechende Anwendung.

Danach kann also weder die Wahl des Vorstands umgangen werden noch auf Lebenszeit ohne Abwahlmöglichkeit gewählt werden.

arnearnesson 
Fragesteller
 19.12.2012, 14:08

Danke. Quelle?

frafi  19.12.2012, 14:10

Streng genommen nimmt der Paragraf das Wort "Wahl" ja nicht in den Mund. Es heißt "...Beschluss der Mitgliederversammlung". Wenn die Mitgliederversammlung also auf einem anderen Weg zu Ihrer Entscheidung kommt, so wäre dies auch rechtens. Aber praktisch hast du natürlich recht !

Mikkey  19.12.2012, 15:21
@frafi

Streng genommen nimmt der Paragraf das Wort "Wahl" ja nicht in den Mund.

Aber §32 erklärt, was ein Beschluss der Mitgliederversammlung ist

JotEs  19.12.2012, 14:11

Nun, diese Vorschrift gehört jedoch zu den in § 40 BGB aufgeführten "nachgiebigen Vorschriften", das bedeutet, dass sie insoweit keine Anwendung findet, als die Satzung ein anderes bestimmt.

frafi  19.12.2012, 14:13
@JotEs

Einen anderen Weg wird das Registergericht in der Satzung wohl kaum genehmigen!

JotEs  19.12.2012, 14:25
@frafi

Selbstverständlich wird das Amtsgericht keinerlei Einwände erheben, wenn der Vorstand auf die in der Satzung bestimmten Weise bestellt worden ist.

frafi  19.12.2012, 14:29
@JotEs

Das meine ich ja auch gar nicht. Das Gericht wird aber nicht jeden Satzungsentwurf genehmigen - wenn dieser z.B. keine sinnvolle Regelung enthält, wie die Mitgliederversammlung zu ihren Beschlüssen kommt!!

JotEs  19.12.2012, 14:36
@frafi

Und warum nicht?

Der Verein ist weitestgehend frei, seine inneren Angelegenheiten durch Satzungsbestimmungen zu regeln.

Dass ein Verein diese Angelegenheiten durch Beschlüsse der Mitgliederversammlung zu regeln hat, schreibt § 32 Abs. 1 BGB vor. Diese Vorschrift aber gehört wiederum zu den "nachgiebigen Vorschriften" des § 40 BGB und findet daher insoweit keine Anwendung, als die Satzung etwas anderes bestimmt.

Also: Wenn der Verein in seine Satzung schreibt, dass Beschlüsse durch Auswürfeln zu fassen seien, dann ist das völlig in Ordnung und das Amtsgericht wird dagegen überhaupt keine Einwände erheben.

Wie ein Vorstandsmitglied zu seinem Posten kommt, wird durch die Satzung festgelegt. Die Satzung ist das Grundgesetz des Vereins und regelt all diese Dinge. Die Satzung muss im Vereinsregister eingetragen sein und wird durch das zuständige Amtsgericht (das das Vereinsregister führt) vor Eintragung geprüft und gegebenenfalls vom Gericht beanstandet. Die Eintragung erfolgt in der Regel über einen Notar, der ebenfalls die gewünschte Satzung vorher rechtlich prüft.

Mikkey  19.12.2012, 13:56

Die Eintragung erfolgt in der Regel über einen Notar

In allen mir bekannten Fällen hat sich der gesamte Vorstand zum Amtsgericht begeben, dort die jeweiligen Dokumente abgegeben und die erforderlichen Unterschriften geleistet.

frafi  19.12.2012, 14:00
@Mikkey

Ja das geht natürlich auch - ich war 15 Jahre hauptamtl. Geschäftsführer in einem e.V. und bei uns ist es immer über die Notar-Schiene gelaufen. Aber wir waren auch ein größerer Verein mit mehreren TAUSEND Mitgliedern!

JotEs  19.12.2012, 14:31
@frafi

In allen mir bekannten Fällen hat sich der gesamte Vorstand zum Amtsgericht begeben, dort die jeweiligen Dokumente abgegeben und die erforderlichen Unterschriften geleistet.

Dann wohnst du in Baden-Württemberg bzw. in Hessen. Dort gibt es diese Möglichkeit über das Amtsnotariat bzw. den Ortsgerichtsvorsteher. In allen anderen Bundesländern muss der Weg über den Notar eingeschlagen werden, denn nur der ist berechtigt, die durch § 77 BGB für die Anmeldung zur Eintragung geforderte öffentliche Beglaubigung der Anmeldeerklärungen vorzunehmen.

Mikkey  19.12.2012, 15:34
@JotEs

Dann wohnst du in Baden-Württemberg bzw. in Hessen

Weder noch, das hat sich seinerzeit in Hamburg abgespielt.

JotEs  21.12.2012, 06:54
@Mikkey

"Seinerzeit" war wann? Vor dem Jahre 2002?