Mein (jüngerer) Bruder will nicht studieren - was soll ich mit ihm machen?

13 Antworten

Zu den Freiheiten, die wir hier genießen - und das wirst du sicher auch schon gemerkt haben - gehört auch, dass jeder seine eigenen Entscheidungen treffen kann. Und eben auch seine eigenen Fehler machen muss. Wobei wohlgemerkt nicht zu studieren kein Fehler ist. Nicht jedem liegt ein Studium, und wenn dein Bruder nicht studieren will, musst du das akzeptieren.

Statt ihn zu einem Studium zwingen zu wollen, wäre es sicher sinnvoll, nochmal mit ihm über die Vorteile einer abgeschlossenen Ausbildung im Berufsleben zu reden. Aber wenn er auch das nicht will, wirst du lernen müssen, damit zu leben und ihn seinen eigenen Weg gehen zu lassen. Es ist ja auch nicht gesagt, dass er nicht in ein paar Jahren doch noch etwas ändern möchte.

Meinst du das jetzt ernst? Du wolltest ihm eine Bildung und eine gute Kindheit ermöglchen. Prima....genau das hast du doch getan.

Er konnte zur Schule gehen, hat sicher eine gute Kindheit gehabt, scheint ja auch sein Abi gemacht zu haben....das heißt, wenn ihm irgendwann im Leben einfällt, dass er doch noch studieren möchte, kann er das tun. Und wenn nicht: ja, dann eben nicht. Will er einfach arbeiten gehen oder will er erst eine Ausbildung machen?

Wie dem auch sei: was ist denn eigentlich mit dir? Hast du eine Ausbildung gemacht? Du bist doch wahrscheinlich auch noch nicht soooo alt.....für deinen Bruder hast du jetzt getan, was du konntest. Wie sieht es jetzt mit deinem Leben aus? Was hast du denn noch vor?

Nun ich habe ein paar der gegebene Antworten gelesen und entschieden, dass ich jetzt doch etwas zu dieser Frage schreibe.

Zum einen glaube ich nicht, dass das, was du für deinen Bruder getan hast, umsonst oder vergebens war. Du hast dafür gesorgt, dass er ein eigenständiger, selbst denkender Mensch wurde. Das ist nicht das, was man vielleicht in Indien getan hätte, wo die Familie einen anderen Stellenwert hat als hier, entspricht aber den europäischen Erziehungsidealen. Somit hast Du nicht versagt, wenn dein Bruder einen anderen Lebensweg wählt, sondern ihn optimal auf sein Leben hier in Deutschland vorbereitet. Dass er nun in dem Alter ist, wo er selbst entscheiden will, liegt in der Natur des Menschen.
Vielleicht ist es für dich schwer zu ertragen, dass er im Moment "überhaupt nichts" will. Allerdings habe ich zu meinen Studentenzeiten viele Studenten erlebt, die das Studium als Freiheit genossen haben und die Uni eher selten von innen sahen. Sollte er andere Pläne haben, etwa eine bestimmte Berufsausbildung anstreben, dann ist dies deshalb unterstützenswert, weil er hinter dieser Ausbildung steht und sie so schon eine Art Erfolgsgarantie hat. Wenn es dabei nicht so klappt, wie es dein Bruder sich vorgestellt hat, besteht immer die Möglichkeit mit ihm darüber zu reden und herauszufinden was dabei nicht stimmt. Dann könntest du ihm auf eine andere Art helfen. Nämlich dabei, Klarheit zu finden was ihn stört und dann mit ihm gemeinsam zu überlegen welche Lösungen es gibt. Dein Bruder will und muss seinen Lebensweg selbst gehen. Auch wenn du ihm seine Schritte vorgibst. Sind es seine eigenen Schritte, dann kann er daraus lernen, sind es die von dir bestimmten, kann er immer die Schuld bei dir suchen und wird wahrscheinlich kein reifer Mensch. Auch wenn ihr Geschwister seid, du bist in der Situation der Eltern, die ihr Kind irgendwann gehen lassen müssen, seine eigenen Fehler machen und seine eigenen Erfolge feiern. Es steht also auch ein Lernprozess für dich an, das Loslassen. Und das ist sehr schwer, das weiß ich aus Erfahrung. Sei deinem Bruder weiterhin Freund, als mächtiges Elternteil wirst du ihn eher behindern als fördern.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Nix für ungut, aber gerade in Deutschland sind Ausbildungsberufe extrem angesehen. Jemand mit nem praktischen Berufseinstieg ist regelmäßig wertvoller als ein akademischer Wirrkopf, der zwar auf dem Papier herausragend ist, aber in der Wirtschaft hoffnungslos verloren ist.

Man kann es ohne Probleme schaffen, ohne Abitur oder abgeschlossenes Studium in Leitungs- oder Aufsichtsgremien führender Wirtschafts- und Finanzunternehmen vorzustoßen. Oder man baut sich sein eigenes Unternehmen auf.

Was Du mit ihm machens sollst? Seine Wünsche berücksichtigen!! Er ist ein eigenständig denkender Mensch! Er lebt SEIN Leben - nicht Deins und nicht von jemand anderem! Er lebt sein Leben so, wie er es für richtig hält. Arbeit ist nichts schlimmes! Also lass ihn.