Frau in Kirche, Mann nicht-EK-Steuer aber übergreifend

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

In den bisherigen Beiträgen sind unterschiedliche Themen und Aspekte. angesprochen. Ich versuche mal, einen Überblick zu geben. Wer’s genau wissen will sollte in Kirchgeld-Klage.info nachschauen.

Ob man „Kirchgeld“ bezahlen muss, hängt zunächst einmal davon ab, um welches Kirchgeld es genau geht.

1) Allgemeines oder Ortskirchgeld. Dieses kann als Steuer erhoben werden, um kirchliche Aufgaben auf Gemeindeebene zu finanzieren. Steuern sind verpflichtend, dagegen kann man Einspruch erheben und sodann ggf. klagen. Das Allgemeine Kirchgeld wird i.d.R. auf die KiESt angerechnet, um eine Doppelbelastung zu vermeiden. Meist zwischen 3 und 120 € pro Jahr. Rechtsgrundlage ist das jeweilige KiStG plus die jeweiligen kirchlichen Beschlüsse. Näheres z.B. bei steuer-forum-kirche.de

2) Das „freiwillige Kirchgeld“ ist eine Spende und somit nicht verpflichtend. Näheres z.B. bei steuer-forum-kirche.de

3) Das besondere Kirchgeld ist eine Steuer. Es wird erhoben bei sog. glaubensverschiedener Ehe, wenn also nur einer Partner einer steuererhebenden Glaubensgemeinschaft angehört, sofern diese sich zur Einkommensteuer gemeinsam veranlagen lassen. Es wird oft als „Heidensteuer“ o.ä. kritisiert. Die Verwaltung erfolgt i.d.R. über das Finanzamt, mit dem Einkommensteuerbescheid bzw. dem Lohnsteuerjahresausgleich).

Das BVerfG hatte diese kirchliche Besteuerung im Urteil 1 BvR 606/60 v. 14.12.1965 für den Fall ermöglicht, dass der kirchenangehörige Ehegatte "ansonsten mangels eigenen Einkommens kirchensteuerfrei bliebe". Lt. BVerfG-Beschluss vom 28.10.2010 - 2 BvR 591/06 gilt diese Rechtslage nach wie vor.

Auf dieser Grundlage hat der BFH am 8.10.2013 im Beschluss I B 109/12 (Ziffer 2 a und b) als "eindeutige Rechtslage" festgestellt, dass das besondere Kirchgeld sich "nur für diese Fallkonstellation" "mangels eigenen Einkommens kirchensteuerfrei" am Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten orientiert, incl. der Bemessung dieses Lebensführungsaufwandes am gemeinsam zu versteuernden Einkommen. Daran ändern weder die sog. Vergleichsberechnung noch das jeweilige KiStG etwas, entscheidend ist allein die Rechtsprechung des BverfG.

Näheres in kirchgeld-klage.info, insbes. im Abschnitt II 6 Rechtslage.Diese Spezialseite hat ca. 60 Urteile zum besonderen Kirchgeld v.a. bei Doppelverdienern analysiert.

Fazit: Bei Alleinverdienern ist das besondere Kirchgeld kaum angreifbar, bei Doppelverdienern sehr. Soweit gerichtliche Entscheidungen das besondere Kirchgeld bei Doppelverdienern bestätigt haben, sieht diese Seite durchweg eindeutige Rechtsmängel. (kirchgeld-klage.info, Kap. III Fragwürdige Urteile)

Die Mitgliedschaft in einer Weltanschauungsgemeinschaft wurde und wird v.a. vom bfg empfohlen, ist inzwischen aber ziemlich sinnlos, da die die KiStG seit 2014/15 verlangen, das diese "steuererhebend" sein muss, was keine ist. Zudem ist nicht gesichert, dass die Mitgliedschaft auch in anderen Bundesländern wirkt.

Der häufig erwähnte Wikipedia-Artikel gibt die Rechtlage weitgehend aus kirchlicher Sicht wieder, ohne dies offenzulegen. Was die Kirchen zum besonderen Kirchgeld sagen entspricht in weiten Teilen nicht der Rechtslage, insbes. nicht zu Doppelverdienern. Näheres bei Kirchgeld-Klage.info, Abschnitt II 5.4

Arkesilaos 
Fragesteller
 18.12.2015, 07:55

Dass nach so langer Zeit so eine gründliche Antwort erscheint, ist erstaunlich. Vielen Dank! Früher wurde die Kirchensteuer direkt vom Kirchensteueramt eingezogen meines Wissens. Heute arbeiten Staatsangestellte daran, die Daten für die Kirche zu erarbeiten mit Zeitaufwand, den der Steuerzahler auch noch bezahlt. Dann muss jeder seine Religion offenlegen gegenüber dem Staat, mit welchem Recht? Hier muss sich einmal etwas tun, aber nicht unter der C.-geführten Verwaltung. Und Einzelklagen sind sinnlos für die Menge der Betroffenen.

Ist zwar jetzt nicht ganz ersichtlich, in welchem Bundesland du wohnst, aber wahrscheinlich handelt es sich hierbei um das sogenannte Kirchgeld, was dann bei konfessionslosen Ehegatten fällig wird:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kirchgeld_in_glaubensverschiedener_Ehe

Zitat: "(wird von jenen erhoben (...) die sich zur Erlangung des Ehegattensplittings gem. §§ 26, 26 b EStG zur Einkommensteuer zusammen mit ihrem Ehegatten veranlagen lassen und selber über kein oder ein geringeres Einkommen als der Ehegatte verfügen, der als allein- oder besserverdienender Ehepartner indes keiner Kirchensteuer erhebenden Religionsgesellschaft angehört."

Arkesilaos 
Fragesteller
 08.12.2011, 10:29

das Kirchgeld wird aber direkt an die Kirche gezahlt. Es muss noch anders zusammenhängen.

Meandor  08.12.2011, 14:50
@Arkesilaos

Nein, zum Beispiel in BaWü wird diese Art von Kirchgeld auch von den Finanzämtern erhoben.

Arkesilaos 
Fragesteller
 10.12.2011, 10:03

Zwar wird laut Wiki auch in Sachsen das Kirchgeld direkt erhoben. Das ist aber in Praxi nicht so. Meine Frau zahlt dieses direkt an die Kirche und die Höhe ist abhängig von ihrem Einkommen. Der andere Partner hat damit überhaupt nichts zu tun. Die Frage war, wieso die Kirchensteuer Bezug nimmt auf den anderen konfessionslosen Partner und abhängt von dessen Einkommen! Kirchensteuer und Kirchgeld sind zwei verschiedene Schuhe!