Ehre verteidigen Notwehr?

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Die persönliche Ehre ist in der Notwehr gem. § 32 StGB umfasst!

Demnach bedarf es eines gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriffes auf ein Rechtsgut.

Angriff ist jede Bedrohung rechtlich geschützter Individualinteressen durch menschliches Verhalten. Eine Beleidigung (=Ehrverletzung) ist unproblematisch ein Angriff i.S.d. § 32 StGB. Die persönliche Ehre ist nach ständiger Rechtssprechung und absolut herrschender Meinung auch ein Rechtsgut (vgl. Art. 1 GG).

Gegenwärtig ist der Angriff, wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch andauert. Das ist bei der Beleidigung schon etwas schwieriger, da die Beleidigung mit Beendigung des Wortes vorbei - und somit nicht mehr gegenwärtig ist. Sofern eine ganze Beschimpfungskette stattfindet ist der Angriff aber noch immer gegenwärtig, da davon ausgegangen werden darf, dass weitere Beleidigungen folgen.

Rechtswidrig ist der Angriff, wenn der Täter selbst kein Recht zum Angriff hat (zum Beispiel ein eigenes Recht auf Notwehr).

Eine Notwehrhandlung muss darüber hinaus erforderlich und geboten sein.

Erforderlich ist eine Handlung, wenn sie das mildeste Mittel ist,
einen Angriff sofort und ohne Risiko zu beenden. Somit ist ein Schlag
unproblematisch erforderlich. Dabei gibt es grundsätzlich auch keine
Güterabwägung.

Gebotenheit wird vermutet, es sei denn, es liegt ein Ausschlussgrund vor, wie z.B. ein Bagatellangriff, eine Nähebeziehung, ein besonders krasses Missverhältnis (Obstklau-Fälle), o.Ä.

Eine Verteidung gegen den Angriff mit Gewalt ist also ohne Weiteres zulässig und aufgrund von § 32 StGB straffrei.

Auch Ehre ist Notwehrfähig.

Die Schwierigkeit dabei ist die Erforderlichkeit.

Beleidigt dich jeman einmal ist hinterher die Straftat vorbei und keine Notwehr mehr möglich.

Beleidigt er dich öfters und/oder vor anderen (z.B. deinen Kindern) ist es absolut angebracht das zu unterbinden.

Menuett  07.08.2017, 20:37

Nein, "Ehre" kann nicht per Notwehr verteidigt werden.

Cwmystwyth  07.08.2017, 21:02
@Menuett

Mal im StGB nachschlagen. Dann gerne wiederkommen.

ZuumZuum  07.08.2017, 23:02
@Menuett

Doch, JEDES einer Person zugebilligtes Rechtsgut ist notwehrfähig.

Cwmystwyth  07.08.2017, 21:06

Den Begriff "Erforderlichkeit" habe ich im StGB nicht gefunden. Kannst du den erklären? Wann ist denn Notwehr "erforderlich"? Ich kann ja immer auch die andere Backe hinhalten.

Das ist übrigens ein gerne falsch interpretiertes Bild aus der Bibel. Es heisst nicht, dass ich alles fraglos hinnehmen soll.

Und Beleidigung vor Kinders ist dann doch erforderlich? Etwas wirr, oder?

ES1956  07.08.2017, 21:16
@Cwmystwyth

Den Begriff "Erforderlichkeit" findest du in §32 StGB.

Der Rest deines Kommentares ist mir ein Rätsel: Kinder, Bibel .. 

DummheitsFeind  07.08.2017, 21:32
@Cwmystwyth

Erforderlich ist eine Handlung, wenn sie das mildeste Mittel ist, einen Angriff sofort und ohne Risiko zu beenden. Somit ist ein Schlag unproblematisch erforderlich. Dabei gibt es grundsätzlich auch keine Güterabwägung.

OnkelSchorsch  07.08.2017, 21:32

ES1956, ich weiß und du weißt, dass wir bezüglich "Notwehr" unterschiedlicher Auffassung sind.

Dessen ungeachtet denke ich, dass in diesem Falle eine Gewaltanwendung, Tätlichkeit oder ähnliches kein rechtlich gestattetes Mittel zur Ehrenrettung ist. Zwar ist die Ehre geschützt, aber zur Verteidigung der Ehre greifen heute die §§ 185, 186, 187 des StGB (Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung).

Was allenfalls unter Umständen ungestraft bleiben kann, ist eine spontane (!) Reaktion auf eine direkte Beleidigung. Konkretes Beispiel: Ein Feldwebel ging mit einigen ihm unterstellten Soldaten in einer Stadt zum Blutspenden. Plötzlich baute sich ein junger Mann vor dem Feldwebel auf und und schrie ihn mit den Worten an: "Du Sche… Mörder und Nazi!" Worauf der Feldwebel ohne zu überlegen dem jungen Mann eine deftige Backpfeife verpasste. Dieser junge Mann klagte dann gegen den Feldwebel wegen Körperverletzung. Es kam zur Gerichtsverhandlung. Als Zeugenaussagen übereinstimmend bestätigten, dass die Backpfeife ohne Zögern augenblicklich als Reaktion auf die Beleidigung erfolgte, war das für den Richter ausreichend, um das Verfahren einzustellen und die Akte zu schließen. Sein Kommentar zum jungen Mann: "Sind Sie selber schuld."

ES1956  07.08.2017, 21:55
@OnkelSchorsch

Du hast recht: Wir sind da anderer Meinung. ;-)

Nettes Beispiel hast du da aber genau das hat m.M.n. mit Notwehr absolut nichts zu tun.

Ich erfinde mal ein anderes Beispiel: 

Du bist mit deinen Kindern (6 und 8 ) auf dem Spielplatz. Ein Erwachsener der dich von deiner Arbeit kennt kommt und nennt dich ein A-lo** und dreht sich um. 

Keine Notwehr! > Anzeige.

Er bleibt und beleidigt deine Ehre indem er dich lautstark illegaler sexueller Praktiken bezichtigt und diese immer weiter ausschmückt.

Notwehr erforderlich, angemessen und gerechtfertigt um ihn vom Weitermachen abzuhalten. Also: Bockfotzn. 

ZuumZuum  07.08.2017, 23:05
@OnkelSchorsch

Es gibt auch die tätliche Beleidigung, wie z.B. eine Backpfeiffe. Die unterbinde ich beim Ausholen zum Schlag durch das "erforderliche" Mittel. bedingt natürlich schnelle Reaktion.

Mensch, sortiere mal erst deine Worte, bevor du die Leute hier in Wallung bringst.

Ich habe den leisen Verdacht, dass dein Begriff von Ehre nicht ganz damit in Einklang steht, wie er hier im deutschen Kulturkreis benutzt wird. Komisch gucken - keine Ehrverletzung. Deine Freunding anstarren - keine Ehrverletzung. Schneller an der Ampel anfahren - keine Ehrverletzung.

Darüber hinaus ist die Würde eines Menschen ein Recht, das ich in Notwehr verteidigen darf.

Ein Angriff auf Deine Ehre kann mit einer Anzeige wegen Beleidigung oder übler Nachrede verteidigt werden.

Körperlich die Ehre verteidigen ist Körperverletzung.

Nitarius  07.08.2017, 20:46

"Körperlich die Ehre verteidigen ist Körperverletzung"

Stimmt. Und diese ist, sofern natürlich Notwehr und Notstand greifen, nicht rechtswidrig.

Menuett  07.08.2017, 21:00
@Nitarius

Lies den Paragraphen.

Vor allem den letzten Satz.

Kein Richter wird es akzeptieren, wenn jemand wegen einer Ehrverletzung gewaltätig wird.

Das ist lange vorbei.

DummheitsFeind  07.08.2017, 21:31
@Menuett

Nein, das ist nicht richtig. Man kann sehr wohl bei einer Beleidung gewalttätig werden:

Eine Notwehrhandlung (Notwehr umfasst auch die persönliche Ehre!) muss erforderlich und geboten sein.

Erforderlich ist eine Handlung, wenn sie das mildeste Mittel ist,
einen Angriff sofort und ohne Risiko zu beenden. Somit ist ein Schlag unproblematisch erforderlich. Dabei gibt es grundsätzlich auch keine Güterabwägung.

Gebotenheit wird vermutet, es sei denn, es liegt ein Ausschlussgrund vor, wie z.B. ein Bagatellangriff, eine Nähebeziehung, ein besonders krasses Missverhältnis (Kirschdiebstahl-Fall), o.Ä.

Eine Verteidung gegen den Angriff mit Gewalt ist also ohne Weiteres zulässig und aufgrund von § 32 StGB straffrei.

DummheitsFeind  07.08.2017, 21:47
@Menuett

Das ist ständige Rechtssprechung. Das macht jeder Richter mit.

Menuett  08.08.2017, 19:48
@DummheitsFeind

Da kenne ich nur gegenteilige Urteile.

Deine Ehre ist mit einer Anzeige wegen Beleidung, übler Nachrede oder Verleumdung völlig ausreichend verteidigt.

Mit Körperverletzung kommst Du da nicht durch.

DummheitsFeind  08.08.2017, 21:33
@Menuett

Doch, kommst du. Sofern § 32 StGB greift - wie er es hier problemlos tut- kommt man damit auch durch. Geltendes Recht muss angewendet werden. Man kann nicht willkürlich etwas anderes entscheiden. Dann wäre man sofort mit einer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe dabei und das Urteil aufgehoben.

Ehre genommen..