Darf eine Frau den Angreifer töten?

10 Antworten

Von Experte kevin1905 bestätigt

Die sexuelle Selbstbestimmung (und hier letzten Endes auch die körperliche Unversehrtheit) ist ein notwehrfähiges Rechtsgut.

Die Notwehr (§ 32 StGB) kennt keine Verhältnismäßigkeitsprüfung. Entscheidend sind zwei Fragen:

Ist die Handlung geeignet, den gegenwärtigen Angriff abzuwehren? Ja, der Einsatz des Messers ist geeignet, eine unmittelbar bevorstehende oder bereits stattfindende Vergewaltigung zu verhindern bzw. zu beenden.

Ist die Handlung erforderlich, um den gegenwärtigen Angriff abzuwehren? Ja, nach der bisherigen (recht dürftigen) Sachverhaltsschildeurng ist davon auszugehen, dass der Einsatz des Messers erforderlich war, um den Angriff abzuwehren.

prettymofukka1  02.09.2022, 08:51

Du hast Recht mit der Aussage zur Verhältnismäßigkeitsprüfung innerhalb der Notwehr: dennoch gibt es die Putativnotwehr, bei der die Grenzen dieser Überschritten werden. Allerdings erfolgt die Notwehr, beziehungsweise die Rückwirkende Betrachtung unter Beachtung aller Umstände, somit auch dem physischen Verhältnis beider Personen zueinander. Ich bin sehr sicher, dass eine Verteidigung mit dem Messer sich im Rahmen der Notwehr bewegt. Der BGH hat schon einige, zu Gunsten von Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, Urteile gefällt, die rein juristisch so nicht ganz korrekt sind. Dementsprechend genießen Frauen gegenüber Männern in solchen Fällen, in welchen sich die physischen Möglichkeiten gegenüber stehen, etwas mehr Toleranz.

VirageXO  03.09.2022, 11:58
@prettymofukka1
dennoch gibt es die Putativnotwehr, bei der die Grenzen dieser Überschritten werden.

Nein. Bei der Putativnotwehr werden nicht die Grenzen der Notwehr überschritten; bei der Putativnotwehr liegt objektiv schon keine Notwehrlage vor.

prettymofukka1  03.09.2022, 20:04
@VirageXO

Man, wie peinlich. Du hast völlig Recht. Natürlich ist das der Notwehrexzess. Ob das noch was wird mit meinem Examen.😆

VirageXO  03.09.2022, 20:30
@prettymofukka1
Ob das noch was wird mit meinem Examen.😆

Dafür machen wir das ganze hier ja. Um im Saft zu bleiben.

Am besten machen die beiden vorher noch einen Vertrag, in dem der Täter sich verpflichtet, die Frau "nur" zu vergewaltigen. (IRONIE)

Wer einen Menschen angreift, darf damit rechnen, dass dieser in Notwehr auch den Tod des Angreifers billigend in Kauf nimmt. Das ist dann für das Opfer zu recht nicht strafbar!

Ja, wenn es nicht anders abzuwenden ist, dass sie Schaden nimmt. Man soll dem Gesetz zufolge immer das kleinstmögliche Mittel zur Notwehr anwenden, das aber in besonders schlimmen Fällen auch die Tötung des Angreifers sein kann.

NOTWEHR wird geregelt in §32StGB, www.gesetze-im-internet.de/stgb/__32.html

danach darf man alles ! tun was "erforderlich" !!! ist einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Das muß auch kein Angriff auf Leib & Leben sein, alle individuellen Rechtsgüter sind Notwehrfähig.

Lass dir nicht einreden du dürftest erst reagieren wenn der Angriff schon im Gange ist, 

bei einem Angriff mit Tötungsabsicht wäre das eindeutig zu spät.

Im §32StGB steht nichts von verhältnismäßig*. Es kann auch Notwehr sein einen unbewaffneten Angreifer zu töten, wenn kein milderes erfolgversprechende Mittel verfügbar ist.

Es ist zwar grundsätzlich das mildeste der zur Verfügung stehende Mittel anzuwenden aber man muss sich auch keinesfalls auf einen Kampf mit ungewissem Ausgang einlassen. 

(Von wegen Angriff nur mit gleichen Mitteln abwehren).

Selbstverständlich endet das Recht auf Notwehr sobald der Angriff beendet ist.

Andererseits wird jede Körperverletzung nachträglich durch unser Rechtssystem im Einzelfall untersucht und dann werden Unbeteiligte anhand der Fakten und Zeugenaussagen entscheiden ob die Tat "erforderlich" war oder bestraft wird. 

Es gibt kein Rezept und keinen Freibrief für eine Situation die jemand von vornherein ein Recht auf ein bestimmtes Notwehrverhalten zuspricht. 

Wenn du dir einen Überblick verschaffen möchtest was Gerichte für Urteile fällen lies hier: 

https://dejure.org/dienste/lex/StGB/32/1.html

Ein besonders interessantes Urteil weil hier zur Notwehr eine illegale Schusswaffe eingesetzt wurde:

http://www.quellengrun.de/index.php?option=com_content&view=article&id=160

Oder hier mit einer legalen Schusswaffe gegen die Polizei:

http://www.stern.de/panorama/stern-crime/polizist-erschossen-bundesgericht-spricht-hells-angel-frei-3875278.html

Ich möchte aber nicht verschweigen dass man vor Gericht auf das Wohlwollen des Richters angewiesen ist. 

Es kann auch so ausgehen:

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.muenchen-nach-604-tagen-gefaengnis-notwehr-messerstecher-kommt-frei.fe3a5b15-1b55-4ca1-a458-c151986d6bba.html

*In Beiträgen zum Thema Notwehr/Selbstverteidigung wird oft das Wort "verhältnismäßig" benutzt, 

leider meist von Leuten die den Wortsinn missdeuten.

Verhältnismäßig (lt. Duden: 1.im Verhältnis zu etwas anderem, 

verglichen mit oder gemessen an etwas anderem, relativ --

2. einem bestimmten Verhältnis angemessen; entsprechend) würde bedeuten dass 

die Abwehr im "fairen/vergleichbaren" Verhältnis zum Angriff steht 

also wenn der Angreifer unbewaffnet wäre dürfe man nicht schiessen o.ä.

Daß das so nicht stimmen kann erklärt sich schon dadurch dass niemand 

von einer Frau verlangt sie dürfe sich gegen eine Vergewaltigung nur mit einem Penis verteidigen.

Selbstverständlich darf sie den Angreifer notfalls töten 

(sofern eine mildere Verteidigung nicht erfolgversprechend ist) und zwar mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.

Ich glaube kaum, dass sich eine angegriffene Frau noch überlegen kann, ob sie den Täter töten darf oder nicht.

Sie darf den Angriff mit allen Mitteln abwehren. Kommt der Angreifer dabei zu Tode, ist das sein Pech. Liegt er aber schon am Boden und sie kann davonrennen, dann darf sie ihn nicht töten. Das wäre "Notwehrexzess" und ist strafbar.