Wie wird genau Jahresarbeitsverdienst berechnet?

7 Antworten

Warum sich den Kopf zerbrechen? Arbeitgeber und Finanzämter liefern Dich die Vorlage dazu....

Vielleicht nur noch zur Klarstellung: die letzten 12 Monate vor dem Unfall nehmen, alle Bruttobezüge zusammenzählen, Sonderzahlungen dazuzählen (in aller Regel sind das Urlaubs- und Weihnachtsgeld) und fertig ist der Jahresarbeitsverdienst.

Den Jahresarbeitsverdienst wird übrigens der BG durch den Arbeitgeber bescheinigt. Fallen in dieses Jahr Zeiten ohne Entgelt (z. B. beim Bezug von Krankengeld) wird dieser Zeitraum durch die BG rechnerisch mit dem Durchschnittsentgelt aus diesen 12 Monaten "aufgefüllt" (§ 82 Abs. 2 SGB VII).

Hallo ich habe den Rentenbescheid bekommen und wie befürchtet würde mir nur der Grundgehalt, Urlaubs- und Weihnachtsgeld mitberechnet ohne Zulage. Die Zulage plus Mehrarbeit und Sonderzahlungen machen bei mir 15% Brutto aus. Meine Unfallrente wird aufgrund dessen nur minimal erhöht. Ich weiß besser als nix, aber so viel Aufwand, "Hoffnung" und Wartezeit, hätten die sich für paar Taler sparen können.

Was soll ich jetzt machen? Widerspruch einlegen (Begründung)? Hab keine Rechtschutzversicherung und weiß nicht an wen ich mich sonst wenden könnte.

Hoi.

§ 82 SGB VII Regelberechnung

(1) Der Jahresarbeitsverdienst ist der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 des Vierten Buches) und Arbeitseinkommen (§ 15 des Vierten Buches) des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Zum Arbeitsentgelt nach Satz 1 gehört auch das Arbeitsentgelt, auf das ein nach den zwölf Kalendermonaten abgeschlossener Tarifvertrag dem Versicherten rückwirkend einen Anspruch einräumt.

§ 14 SGB IV Arbeitsentgelt

(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen. Steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nummer 26 und 26a des Einkommensteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen gelten nicht als Arbeitsentgelt.

§ 15 SGB IV Arbeitseinkommen

(1) Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist.

Hier gibt es einen sogenannten "Arbeitsentgeltkatalog":

http://mitgliedschaft.portal.bgn.de/8667

Ciao Loki

Hallo Loki

vielen Dank für die schnelle Antwort. Ich habe schon das gleiche gefunden, nur da steht nicht genau was berechnet wird. So wie ich das verstanden habe, wird alles mitberechnet was ich in der letzten 12 Monaten verdient habe, Bruttogehalt mit allen Zulagen und ohne Abzüge z.b. Krankenkassebeiträge, Rentenbeiträge etc. Habe auch gegoogelt nach Jahresarbeitsverdient mit Beispielrechnungen, hab aber nix genaueres gefunden. Ich hoffe du kennst dich damit gut aus und kannst mir genau erklären.

http://mitgliedschaft.portal.bgn.de/8667 hier steht z.B. Tabakwaren, was hat das mit den Arbeitsentgelt zu tun? Bin kein Raucher, aber das verstehe ich nicht :P

@jimmy888

Ja, es ist so einfach - alles zusammenrechnen.

http://mitgliedschaft.portal.bgn.de/8667&wc_id=19671&wc_p=1

Das Beispiel mit den Tabakwaren bezieht sich wieder auf sogn. Deputate:

"Die kostenlose oder verbilligte Überlassung von Tabakwaren durch den Arbeitgeber an Arbeitnehmer zum Verbrauch im Betrieb stellen Aufmerksamkeiten dar und sind steuer- und beitragsfrei." Wer also bei Reemtsma oder einer anderen Zigarettenherstellung arbeitet und dort billiger oder umsonst was bekommt, muss das nicht angeben.

Bekannter ist das eigentlich im Ruhrgebiet mit der Kohle (/de.wikipedia.org/wiki/Deputatlohn).

Mein Jahresarbeitsverdienst wird momentan berechnet. Mein Sachbearbeiter meinte zu mir, es werden nur der Grundgehalt, also das was ich mindestens in einem Monat verdienen würde und Weihnachtsgeld mit Urlaubsgeld, alles als Bruttobeträge, berrechnet. Ich habe ihn angesprochen, wegen Schichtzulagen, Akkordzulagen und anderen Einmalzahlungen, das macht bei mir 30% mehr Lohn. Daraufhin meinte er, dass das nicht mitberechet wird, aber er sich nicht sicher ist. Die Berrechnugen macht eine andere Abteilung. Ich kann nur mit meinem Sachbearbeiter sprechen, sogar ein Termin kriege ich nicht, obwohl ich in der Nähe wohne.

Ich beziehe schon Unfallrente, aber nur auf mindestens Jahresarbeitsverdienst, und die Rente wird neu berechnet, weil ich mein Ausbildung fertig habe und schon über 12 Monaten in der Firma gearbeitet habe. In den Rentenbescheid ist neben Jahresarbeitsverdienst auch ANPASSUNGSFAKTOR angegeben. Und ich kriege ca. 1000 Euro weniger in Jahresarbeitsverdienst deshalb. Hab ihn auch darauf angesprochen, und gefrag wie das kommt, wie wird das berechnet, der meinte nur, ja so ist das halt bei uns (konnte mir nicht genau sagen). Und ich darf nur mit ihn sprechen. Ich habe mich in Net schlau gemacht, und da steht folgendes "JAV = 45.000 € MdE = 50%

monatliche Unfallrente = ( JAV * 2/3 )* MdE / 12 = ( 45.000 * 2/3 ) * 50% / 12 = 1.250 €" http://www.unfallrente.net/unfallrente-berechnung.html

In dem Fall wäre bei mir der JAV nur 42000-43000.

Ich bedanke mich schon voraus Jimmy888

So, hier ist eine Aufstellung was alles zum Arbeitsentgelt im Sinne der von Lokicorax zitierten Rechtsnormen gehört und was nicht:

Zum Arbeitsentgelt gehören:

Gehalt, Lohn und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Ausbildungsvergütung, rückwirkende tariflich eingeräumte Ansprüche auf Arbeitsentgelt, vermögenswirksame Leistungen, Überstundenvergütungen, Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge, Weihnachts- und Neujahrszuwendungen in voller Höhe, Urlaubsgelder, Urlaubsabgeltungen, Sonderzulagen, Erschwerniszuschläge, Montagezulagen, Auslösungen (nur soweit lohnsteuerpflichtig), Gewinnanteile (außer für Kapitaleinlagen), Ertragsbeteiligungen, Prämien, Tantiemen, Provisionen, vom Arbeitgeber zusätzlich übernommene Lohnsteuer und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, Sachbezüge - nur soweit lohnsteuerpflichtig - (Beköstigung, Bekleidung - nicht jedoch Arbeitsschutzkleidung -, freie Wohnung, Heizung, Licht usw.).

Nicht zum Arbeitsentgelt gehören:

Aufstockungsbetrag nach dem Altersteilzeitgesetz, Umzugskostenentschädigung, Betriebspension, Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) III - Arbeitsförderung - (z. B. Schlechtwettergeld, Kurzarbeitergeld, Wintergeld), Abfindungen wegen Entlassung aus dem Arbeitsverhältnis (§ 3 Ziff. 9 EStG), und soweit nicht lohnsteuerpflichtig: Reisekostenentschädigungen, Trennungsgeld, Auslösungen, Jubiläumsgeschenke (§ 4 LStDV), Heirats-, Geburts- und Notstandsbeihilfen.

Kurzfassung: alles was der Lohnsteuerpflicht unterliegt ist Entgelt im Sinne des SGB VII und wird zur Rentenberechnung herangezogen.

Aber:

Ich beziehe schon Unfallrente, aber nur auf mindestens Jahresarbeitsverdienst, und die Rente wird neu berechnet, weil ich mein Ausbildung fertig habe und schon über 12 Monaten in der Firma gearbeitet habe.

Daraus schließe ich das du zum Zeitpunkt des Unfalles noch in Ausbildung warst, richtig? Darum die Festsetzung nach dem Mindest-JAV. Was jetzt passiert ist anscheinend eine Berechnung nach § 90 SGB VII, diese Vorschrift regelt die Neuberechnung nach Beendigung einer Ausbildung und/oder bei Erreichen einer tarifabhängigen Lebensaltersstufe bis zum 30. Lebensjahr. Hört sich kompliziert an, ist es auch. Nach § 90 wird ein fiktiver Jahresarbeitsverdienst (der aus dem zum Unfallzeitpunkt massgeblichen Tarifvertrag eines vergleichbaren Beschäftigten bestimmt wird) berechnet, übertarifliche Leistungen fallen weg. Dieser JAV wird dem JAV deiner jetzt laufenden Rente gegenüber gestellt, inklusive der jährlichen Anpassungen. Der höhere der beiden JAVe wird der Rentenberechnung zu Grunde gelegt. Wenn das der Fall ist so wird der neue JAV nicht nach einem tatsächlich erzieltem Entgelt (inkl. aller Zuschläge etc.) berechnet sondern einer fiktiven Günstigkeitsprüfung unterzogen, die Höhe orientiert sich allein am Tarifvertrag, nicht an deinem tatsächlichen Verdienst.

Die Richtigkeit eines solchen JAV ist im Vorfeld kaum zu prüfen, das lässt sich erst mit dem neuen Bescheid machen. Bis dahin: Geduld.

@ProfFarnsworth

Ja der Unfall war während meiner Ausbildungszeit. Der Sachbearbeiter hat mich unsicher gemacht, wenn das stimmen sollten (was ich nicht davon ausgehe), würde ich fast das gleiche Jahresarbeitsverdienst kriegen, wie bisher. Aber ich denke er wusste es nicht genau Bescheid und wenn das so sein sollte, Widerspruch einlegen.

Mein aktueller JAV (ab 01.07.2013) beträgt ca. 18000 €, laut der Mindest JAV ab 18 Jahre Tabelle, war sogar das Jahr 2009 um ein paar Euros mehr um genau zu sagen 18144 €. Ab den 01.07.2013 betrug er sogar 19404€. Ab den 01.07.2014 sollte er VORAUSSICHTLICH um 19908 € sein. Das ist aber ein sehr riesen Unterschied, man hört auch dass viele Unfallrenten falsch berechnet werden. Wie soll man das überhaupt prüfen, bei meinem jetzigen Bescheid steht nur JAV, Anpassungsfaktor, Vom Hundertsatz (Med), und ein neuer Monatsbeitrag (wegen Rentenerhöhung). Sonst nichts, man kann gar nicht nachvollziehen wie die das berechnen.

MfG Jimmy888

@jimmy888

Da hilt nur Widerspruch gegen den Rentenbescheid, und sich dann die Unterlagen zuschicken lassen die der Berechnung des JAV zu Grunde gelegen haben. Das Ganze dann vergleichen, am besten mit Lohnabrechnungen.

Im Falle des § 90 SGB VII ist das deutlich komplizierter weil er keine tatsächlichen, sondern nur tarifvertragliche Berechnungsgrundlagen hat. Falls die BG den JAV jetzt neu festsetzt wird er höher sein als 19404 €, aber niedriger als dein jetziger Verdienst. Letzterer ist dafür auch nicht maßgebend, es wird immer auf den Zeitpunkt des Unfalls, im Falle des § 90 auf den Zeitpunkt des voraussichtlichen (oder auch tatsächlichen) Endes der Ausbildung abgestellt.

@ProfFarnsworth

Nach meiner Rechnung komme ich auf 20500€ =Grundgehalt + Urlaubsgeld + Weihnahctsgeld, ohne Zulagen. Ist auf jedenfall gute Erhöhung für mich. Mindestens also 2500€ mehr JAV.

Jetzt bin ich etwas verwirrt. Was heißt denn das hier "es wird immer auf den Zeitpunkt des Unfalls, im Falle des § 90 auf den Zeitpunkt des voraussichtlichen (oder auch tatsächlichen) Endes der Ausbildung abgestellt."? Können Sie mir etwas genauerer erklären? Und das hier "tarifvertragliche Berechnungsgrundlagen", heißt das es wird nach dem Tarif bezahlt und nicht nach meinen Arbeitsentgelt die ich in 12 Monaten nach der Ausbildung verdient habe? Ich habe unterschiedliche Monatseinkommen, nicht nur wegen Schichten und WE Zulagen, sondern auch, weil ich öfters Schichten gewechselt habe, bzw einspringen musste und auch öfters Überstunden geleistet habe. Und dann noch Akkordzulagen, je nach % Zahl kriegt man so und so raus. "tarifvertragliche Berechnungsgrundlagen" das verstehe ich nicht, mein Personalsachbearbeiter von meiner Firma meinte, er hatte nur Grundgehalt, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld ausgefüllt bzw. das haben die nur angefordert. Und ich musste 12 Monatslohnabrechnungen zuschicken. Ich arbeite in der Metallbranche, falls das noch relevant sein sollte. Also wird das nach den IG Metall Tarif berechnet?

@jimmy888

Nach allem was ich bisher gelesen habe wird Ihr Jahresarbeitsverdienst gerade neu festgestellt weil der Unfall in die Zeit Ihrer Berufsausbildung fällt. Wenn ich alles richtig geraten habe wird jetzt eine Prüfung des Jahresarbeitsverdienstes nach der Vorschrift § 90 SGB VII durchgeführt. Und dieser Paragraph stellt nicht auf einen tatsächlichen Verdienst ab.

Der Jahresarbeitsverdienst und damit die Rentenberechnung orientieren sich grundsätzlich immer an einem Zeitpunkt: dem Tag des Arbeitsunfalls. Der Jarhesarbeitsverdienst wird an diesem Tag festgemacht, in Ihrem Falle wurde der an diesem Tage geltende Mindest-JAV für die Rentenberechnung zu Grunde gelegt. Nachdem jetzt die Ausbildung beendet ist, Sie eine Zeit lang in Ihrem Job gearbeitet haben wird dieser JAV geprüft, und zwar nach dem schon genannten § 90. Diese Vorschrift kann, wenn es für Sie günstiger ist, den Zeitpunkt für den JAV ändern, und zwar wird (Zitat)

"der Jahresarbeitsverdienst von dem Zeitpunkt an neu festgesetzt, in dem die Ausbildung ohne den Versicherungsfall voraussichtlich beendet worden wäre. Der Neufestsetzung wird das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, das in diesem Zeitpunkt für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarifvertrag vorgesehen ist; besteht keine tarifliche Regelung, ist das Arbeitsentgelt maßgebend, das für derartige Tätigkeiten am Beschäftigungsort der Versicherten gilt."

Noch komplizierter wird es wenn der JAV nach den Vorschriften für Kinder (wenn Sie also zum Unfallzeitpunkt jünger als 15 bzw. 18 waren) festgesetzt wurde und zusätzlich zu der obigen Prüfung noch weitere Günstigkeitsprüfungen mit der Bezugsgröße in Spiel kommen.

Sie sehen schon, bevor die BG Ihnen eine Neuberechnung zukommen lässt kann man eigentlich unmöglich sagen wie hoch Ihr "richtiger" Jahresarbeitsverdienst ist. Warten Sie einfach den Bescheid ab, dort steht drin nach welchen Vorschriften dieser neu berechnet worden ist und welche Grundlagen dafür verwendet worden sind. Erscheint er Ihnen zu niedrig legen Sie Widerspruch ein und lassen Sie sich alle Berechnungs- und Rechtsgrundlagen in Kopie zuschicken. Damit können Sie dann zur Gewerkschaft, zum VdK etc. gehen und sich beraten lassen.

Die Regelberechnung eines JAV ist noch einfach, Sonderfälle wie Ihrer sind kompliziert und hier nicht wirklich abschließend zu beantworten.