Welche Gültigkeit haben Verkehrsschilder, die bis zur Unkenntlichkeit zugeschneit sind?

11 Antworten

Es gilt der Sichtbarkeitsgrundsatz

Das OLG Hamm in seinem Beschluss dazu:
Für die Wirksamkeit von Verkehrszeichen gilt der Sichtbarkeitsgrundsatz. Nach diesem Grundsatz sind Verkehrszeichen so aufzustellen oder anzubringen, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhalten der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen kann. Unter diesen Voraussetzungen äußern sie Rechtswirkung gegen jeden von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 – 3 C 18.07 -). Der Verkehrsteilnehmer muss die Anordnung des Verkehrszeichens ohne weitere Überlegung eindeutig erfassen können (vgl. OVG Münster, NJW 2005, 1142, BGH NJW 1966, 1456). Dieses Erfordernis gilt nicht nur bei der erstmaligen Anbringung, sondern damit die Gebote und Verbote fortdauernd die ihnen zugedachte Wirkung haben, muss ihre ausreichende Erkennbarkeit gewahrt und erhalten werden. Werden Verkehrsregelungen aufgrund von Abnutzung oder Witterungsbedingungen derart unkenntlich, dass die Erkennbarkeit im o.g. Sinne nicht mehr vorhanden ist, so verlieren sie ihre Wirksamkeit (vgl. OVG Münster a.a.O.; BayObLG NJW 1984, 2110; König in Jagusch/ Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 39 Rdnr. 32 m.w.N.; Heß in Burmann/ Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 21. Aufl., § 39 StVO Rdnr. 18 a m.w.N.). Dies gilt gleichermaßen, etwa wenn eine Markierung abgenutzt ist oder ein Schild völlig verschneit ist (vgl. BayObLG a.a.O.) oder wenn aufgrund von Zweigen bzw. Gebüsch in der Nähe des Verkehrszeichens eine Wahrnehmbarkeit im o.g. Sinne nicht mehr gegeben ist (vgl. OLG Stuttgart VRS 95, 441). (Quelle: burhoff.de)


...doch wurde ihm angekreidet, dass auch er als ortsunkundiger
Autofahrer wissen müsse, dass innerhalb der Ortschaften ein Tempolimit von 50 km/h gelt. Vor diesem Hintergrund musste sich der Autofahrer am Ende eine Geschwindigkeitsübertretung von 20 km/h vorwerfen lassen.

Einschränkung des Sichtbarkeitsgrundsatzes bei bekannten Verkehrsschildern
Bei Schildern, bei denen man allein schon aufgrund ihrer einmaligen und charakteristischen Form erkennen kann, um welches Verkehrszeichen es sich handelt, wie beispielsweise bei dem bei dem auf der Spitze stehenden dreieckigen Vorfahrt-beachten-Schild oder dem achteckigen Stoppzeichen, wird der Sichtbarkeitsgrundsatz eingeschränkt. Hier kann der Betroffene sich nicht darauf berufen, dass das Schild nicht zuerkennen gewesen
http://www.juraexamen.info/olg-hamm-beschluss-30-09-2010%E2%80%93iii-3-rbs-33609-zugeschneite-verkehrszeichen

vielen Dank für die ausführliche Antwort!

Es fehlt noch der Hinweis auf Ortskunde: Wer ortskundig ist, kann sich nicht darauf berufen das an dem einen Tag das Schild nicht erkennbar gewesen sei; wenn er dort regelmäßig, also zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit, vorbeikommt und daher wissen kann, dass dort z. B. eine Geschwindigkeitsbegrenzung gilt.

@Olokun

Der Taxifahrer war ortsunkundig:
"Jedoch wurde ihm angekreidet, dass auch er als ortsunkundiger Autofahrer wissen müsse, dass innerhalb der Ortschaften ein Tempolimit von 50 km/h gilt."
Wenn er ortskundig gewesen wäre, dann hätte er auch das wissen "müssen".

"...wenn er dort regelmäßig, also zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit, vorbeikommt und daher wissen kann, dass dort z. B. eine
Geschwindigkeitsbegrenzung gilt."

Deswegen ist schweigen häufig besser. Denn wenn man selbst erzählt am besten noch zur Verteidigung, dass man dort jeden Tag selbst langfährt....

... seit wann  sollte denn Schnee so etwas aufheben bzw. ungültig machen?

Merke: Fahrschule 1. Stunde mit Thema: Form der Schilder.

Und ein Stoppschild wird immer zu erkennnen sein, da bin ich mir sicher. Ebenso gilt ja 50, wenn denn das Ortseingangsschild geklaut wurde und nur noch der Rahmen da ist. Schaue einfach einmal in die Urteile.


... siehe z.B.

Autofahrer werden sich selbst nur in wenigen Ausnahmefällen mit Verweis auf ein zugeschneites Verkehrsschild entlasten können. Nicht zuletzt sind Autofahrer Straßenverkehrsordnung zur ständigen Vorsicht und Rücksichtnahme verpflichtet.

Dafür haben die besonders wichtigen Schilder ja auch unterschiedliche Formen. Ein Stop-Schild oder Vorfahrt gewähren Schild ist genauso wie die Vorfahrtsraute auch schneebedeckt erkennbar.

Wenn jetzt ein weniger wichtiges Schild wie ein Halteverbot zugeschneit ist, würde auch nichts passieren, wenn Du dort parkst. Ja und Geschwindigkeitsschilder, da kommt es darauf an. Meistens wird bei Schnee ja ohnehin langsamer gefahren, solltest Du aber als Einheimischer in er 50er Zone mit 70 geblitzt werden, werden sie Dir das vielleicht nicht unbedingt abnehmen, daß Du davon überhaupt keine Ahnung hattest. Auswärts wäre es schon was anderes.

Die haben dann keine mehr. Dann gilt z.B. die allgemeine Höchstgeschwindigkeit in der Stadt, wenn ein Geschwindigkeitsschild unleserlich verschneit ist.

Stop, Vorfahrt gewähren, Vorfahrtsstraßen- und Spielstraßenschilder kann man aber am ihrer Form erkennen und das die durch Schnee unkenntlich wird ist eher unwahrscheinlich.

Das heißt also Freibriefe verteilen eingeschneite Schilder nicht.

Stimmt, aufgrund der form und verkehrslage des Schild kann eingeschätz werden um was es sich handelt

@u8ppee

Die wichtigen Schilder können an ihrer Form ausgemacht werden, wie du sagtes.

Auch §1 StVO gilt weiterhin, sogar in solchen Fällen besonders.

Und das wichtigste: Bei solch einem Wetter sollten die meisten Schilder nicht eine Begrenzung darstellen, da man sowieso so langsam fährt, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen kein Problem sind^^

LG

Geschwindigkeit evtl außer Kraft. Gültig bleiben aber durch die Form erkennbare Zeichen wie Stopschild, Vorfahrt gewähren.

Urteile zu witterbedingter Unkenntlichkeit von Beschränkungen zu Geschwindigkeit, evtl. Fotos machen von zugeschneiten Zeichen