Kündigungsschutz Schwerbehinderte und Abmahnung wegen Arbeitszeit trotz nicht vorhander Zeitschaltuhr?

5 Antworten

Hallo und guten Abend,

So wie sich die ganze Sache liest ist es nur noch eine geraume Zeit bis zur Kündigung. Sie kann und sollte relativ zügig zu einem Fachanwalt gehen.

Von Abmahnungen selbst ist keiner befreit.
Sobald die Kündigung ausgesprochen ist muss vorher das Versorgungsamt befragt werden. Dabei wird sie vom Amt befragt. Sollte es Unstimmigkeiten geben wird das Amt ihr Anraten zum Sozialgericht zu gehen.

Was sie auf jedemfall nicht machen sollte ist ein Aufhebungsvertrag unterschreiben. Das ist die billigste Art Behinderte los zu werden da AG keine lust auf Gericht haben.

Jede Zerüttungsmethode soll sie sich aufschreiben und dem Anwalt mitteilen.

Fakt ist:
Stempeluhr nicht vorhanden also Beweislast des Arbeitgeber.
Sie hat bestimmt in der Vergangenheit auch Mehrarbeit geleistet trotz Behinderung.
Dem AG muss und kann egal sein wie privat
die Verhältnisse sind, aber ein guter Chef ist meist auch sozial eingestellt.🤣

Zukunftsweisend leider nach einer neuen Arbeit Ausschau halten.

Familiengerd  11.10.2017, 20:45

Stempeluhr nicht vorhanden also Beweislast des Arbeitgeber.

Minusstunden können nicht entstehen,

wenn

es mit einem Arbeitnehmer keine Vereinbarung über die Führung eines Arbeitszeitkontos gibt (sei es elektronisch oder händisch/Papier und Bleistift).

Selbst dann, wenn es ein Arbeitszeitkonto gibt, muss es Regelungen
enthalten, wie mit entstandenen Plus- und Minusstunden umzugehen ist.

Ohne diese Voraussetzungen können keine Minusstunden entstehen, die dem Arbeitnehmer zum Nachteil gereichen!

Dem AG muss und kann egal sein wie privat die Verhältnisse sind

Wieso "muss"?!?! Aber gut wenigstens, dass Du das "sozial eingestellt" ergänzt hast

Im Übrigen: Wenn der Arbeitgeber hier sein Direktionsrecht ausüben kann und es in Zusammenhang mit der Erkrankung des Vaters zu Problemen kommt, dann hat der Arbeitgeber zu beachten, dass er seine Weisungsbefugnis nach der Gewerbeordnung GewO § 106 nur "nach billigem Ermessen" ausüben darf - er muss also zwingend die persönlichen Belange des Arbeitnehmers berücksichtigen und mit den betrieblichen Belangen abwägen.

Überwiegen objektiv die persönlichen Belange die betrieblichen, darf der Arbeitgeber seine Maßnahmen nicht durchsetzen (im Streitfall müsste darüber ein Gericht entscheiden).

Ein besonderer Kündigungsschutz für Schwerbehinderte besteht entgegen der landläufigen meinung nicht.

Nach §85 SGB IX gibt es jedoch eine besondere Verfahrensvorschrift zu Beachten. Die Kündigung eines Schwerbehinderten Bedarf der Zustimmung des Integrationsamtes.

Das Integrationsamt prüft nur, ob die Kündigung mit der Behinderung im Zusammenhang steht und daher eine Diskriminierung darstellt. Besteht ein solcher Zusammenhang nicht, wird das Integrationsamt die Zustimmung erteilen.

Dies Bedeutet, ein Schwerbehinderter kann wie jeder andere Arbeitnehmer Betriebs-, Personen-, oder Verhaltensbedingt gekündigt werden.

Unabhängig hiervon kann selbstverständlich eine Abmahnung vorhergehen.

Nach den hier geschilderten Sachverhalt wird anscheinend eine Verhaltensbedingte Kündigung aufgrund der Minusstunden beabsichtigt. Wenn sie die Minusstunden entgegen Ihrer arbeitsvertraglichen Pflicht nicht abgebaut hat, sehe ich eine reelle Chance, das die Kündigung durchgezogen wird.

Auch ist es egal, ob eine Zeituhr existiert. Entscheidend ist, das die niedergeschriebenen Arbeitszeiten der wahrheit entsprechen. Im Falle der Kündigung liegt die Beweispflicht beim Arbeitgeber.

Die Aufgeführten Gründe des langen Arbeitsweges und des Kranken Vaters sind aus meiner sicht keine Rechtfertigung. Dies sind Umstände, die nicht Behinderte Arbeitnehmer genauso treffen könnte.

Familiengerd  11.10.2017, 20:27

Zu den Minusstunden sind Deine Aussagen falsch, wenn es mit einem Arbeitnehmer keine Vereinbarung über die Führung eines Arbeitszeitkontos gibt (sei es elektronisch oder händisch/Papier und Bleistift).

Selbst dann, wenn es ein Arbeitszeitkonto gibt, muss es Regelungen enthalten, wie mit entstandenen Plus- und Minusstunden umzugehen ist.

Ohne diese Voraussetzungen können keine Minusstunden entstehen, die dem Arbeitnehmer zum Nachteil gereichen!

Auch eine Schwerbehinderung schützt nicht vor einer Abmahnung oder Kündigung!

Vor einer Kündigung muss allerdings das Integrationsamt hinzu gezogen werden 

https://www.hensche.de/Schwerbehinderung_schwerbehinderter-Mensch_Schwerbehinderung_schwerbehinderter-Mensch.html#tocitem10

Die Minusstunden haben NICHTS mit ihrer Schwerbehinderung zu tun.

Ihr kranker Vater ist ihr privates Problem.

Eine Fahrzeit von 45 Minuten ist nicht ungewöhnlich. Jeder Arbeitnehmer hat dafür zu sorgen, dass er pünktlich zur Arbeit erscheint! Ob schwerbehindert oder nicht!

Arztbesuche, die durch den Arzt bestätigt werden, werden angerechnet und zählen mit Attest nicht als Minus 

Der Arbeitgeber kommt deiner Freundin sehr entgegen! Sie sollte das Angebot mit 30 Stunden annehmen - sonst hat sie bald gar keine Stelle mehr!

Familiengerd  11.10.2017, 20:38

Die Minusstunden haben NICHTS mit ihrer Schwerbehinderung zu tun.

Das ist zwar richtig, aber (zu Minusstunden) ...

Zu Minusstunden kann es nur kommen, wenn es mit einem Arbeitnehmer Vereinbarung über die Führung eines Arbeitszeitkontos gibt (sei es elektronisch oder händisch/Papier und Bleistift).

Selbst dann, wenn es ein Arbeitszeitkonto gibt, muss es Regelungen enthalten, wie mit entstandenen Plus- und Minusstunden umzugehen ist.

Ohne diese Voraussetzungen können keine Minusstunden entstehen, die dem Arbeitnehmer zum Nachteil gereichen!

Ihr kranker Vater ist ihr privates Problem.

Das ist zwar einerseits grundsätzlich richtig, andererseits kann man arbeitsrechtlich das Problem nicht so plump-platt mit dem Verweis auf "privat" abtun!!!

Wenn der Arbeitgeber hier sein Direktionsrecht ausüben kann und es in Zusammenhang mit der Erkrankung des Vaters zu Problemen kommt, dann hat der Arbeitgeber zu beachten, dass er seine Weisungsbefugnis nach der Gewerbeordnung GewO § 106 nur "nach billigem Ermessen" ausüben darf - er muss also zwingend die persönlichen Belange des Arbeitnehmers berücksichtigen und mit den betrieblichen Belangen abwägen.

Überwiegen objektiv die persönlichen Belange die betrieblichen, darf der Arbeitgeber seine Maßnahmen nicht durchsetzen (im Streitfall müsste darüber ein Gericht entscheiden).

Auch Schwerbehinderte müssen sich an den Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag halten. Können sie dauerhaft die geforderte Arbeitsleistung nicht erfüllen, kann auch rechtwirksam gekündigt werden. auf die Fahrzeit oder familiäre Verhältnisse muss kein Arbeitgeber eingehen.

Ohne Zustimmung der Hauptfürsorgestelle / Integrationsamt kann der AG bei Schwerbehinderung nicht kündigen. Selbst einer Vertragsänderung muß die Arbeitnehmerin nicht zustimmen.

http://www.wernerschell.de/Rechtsalmanach/Behindertenrecht/sonderrecht_fuer_schwerbehinderte.php

siehe dort Kündigungsschutz

......in all unseren Arbeitsverträgen steht nur... 40 Stundenwoche und die Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten. Eine derartige Klausel ist so nicht zulässig, da sie den Arbeitnehmer einseitig benachteiligt.

Schwerbehinderte sind auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freizustellen.

https://www.verdi-bub.de/service/praxistipps/archiv/arztbesuch_waehrend_der_arbeitszeit/

Ob hier möglicherweise sogar ein Anspruch auf Lohnfortzahlung bestand, weil Arzttermine zwingend während der Arbeitszeit notwendig waren, sollte eine entsprechende Sozialberatungsstelle beantworten können. Deine Kollegin ist hoffentlich Mitglied im   https://www.sovd.de/  oder     https://www.vdk.de/deutschland/ ---- einer vergleichbaren Vereinigung.

kugel  11.10.2017, 19:58
Wie sind schwer­be­hin­der­te Ar­beit­neh­mer vor Kündi­gun­gen geschützt? 

Schwer­be­hin­der­te sind nicht ge­ne­rell (or­dent­lich) unkünd­bar. Viel­mehr kann der Ar­beit­ge­ber ei­nem Schwer­be­hin­der­ten „im Prin­zip“ eben­so kündi­gen wie ei­nem nicht be­hin­der­ten Ar­beit­neh­mer auch. Der be­son­de­re Schutz, den Schwer­be­hin­der­te ge­genüber Kündi­gun­gen ge­nießen, liegt im Ver­fah­rens­recht. Der Ar­beit­ge­ber braucht nämlich, be­vor er ei­nem schwer­be­hin­der­ten Ar­beit­neh­mer kündigt, die Zu­stim­mung des In­te­gra­ti­ons­am­tes zu der ge­plan­ten Kündi­gung. Das er­gibt sich aus § 85 SGB IX. Die­se Vor­schrift lau­tet:

„Die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ei­nes schwer­be­hin­der­ten Men­schen durch den Ar­beit­ge­ber be­darf der vor­he­ri­gen Zu­stim­mung des In­te­gra­ti­ons­am­tes.“

BEISPIEL: Ein schwer­be­hin­der­ter Ar­beit­neh­mer war be­reits ein­mal we­gen un­ent­schul­dig­ten Feh­lens ab­ge­mahnt wor­den. Ei­ni­ge Wo­chen nach die­ser Ab­mah­nung kommt er er­neut oh­ne Ent­schul­di­gung nicht zur Ar­beit. Der Ar­beit­ge­ber kündigt dar­auf­hin or­dent­lich aus ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen, al­ler­dings oh­ne zu­vor die Zu­stim­mung des In­te­gra­ti­ons­am­tes ein­ge­holt zu ha­ben. Die Kündi­gung wäre an sich rech­tens, ist aber we­gen § 85 SGB IX un­wirk­sam.

Das In­te­gra­ti­ons­amt prüft auf der Grund­la­ge ei­nes An­trags des Ar­beit­ge­bers, ob die ge­plan­te Kündi­gung mit der Be­hin­de­rung in Zu­sam­men­hang steht oder nicht. Be­steht kein sol­cher Zu­sam­men­hang wie ins­be­son­de­re bei be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen und bei ver­hal­tens­be­ding­ten Kündi­gun­gen, wird die Zu­stim­mung er­teilt, wo­bei mit Be­ar­bei­tungs­zei­ten von et­wa drei bis vier Wo­chen ge­rech­net wer­den muss.

Der be­son­de­re Kündi­gungs­schutz schwer­be­hin­der­ter Men­schen ist nach § 90 Abs.1 SGB IX in ei­ni­gen Fällen aus­ge­schlos­sen, so z.B. dann, wenn das Ar­beits­verhält­nis des Schwer­be­hin­der­ten zum Zeit­punkt der Kündi­gungs­erklärung noch nicht länger als sechs Mo­na­te be­stan­den (§ 90 Abs.1 Nr.1 SGB IX). Die­ser Zeit­raum ent­spricht der sechs­mo­na­ti­gen War­te­zeit, die al­le Ar­beit­neh­mer zurück­le­gen müssen, be­vor sie nach Kündi­gungs­schutz nach dem Kündi­gungs­schutz­ge­setz (KSchG) in An­spruch neh­men können (§ 1 Abs.1 KSchG).

https://www.hensche.de/Schwerbehinderung\_schwerbehinderter-Mensch\_Schwerbehinderung\_schwerbehinderter-Mensch.html#tocitem10

kugel  11.10.2017, 20:01
@kugel

Die Abmahnung erfolgte wegen der Minusstunden.

Diese entstanden durch Arztbesuche und kranker Familienangehöriger und Stau.

Die letzten beiden Gründe haben mit der Schwerbehinderung nichts zu tun 

wilees  11.10.2017, 20:03
@kugel

Habe ich irgendetwas gegenteiliges behauptet? Meine Aussage ist - vor Kündigung ist die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen. Das heißt doch nicht das ein Arbeitnehmer unkündbar ist.

Wobei ich im obigen Fall die Vermutung ! habe, dass die Minusstunden durch Arztbesuche entstanden sind. Vielleich kann der/die FS etwas dazu Näheres sagen.

Familiengerd  11.10.2017, 20:47
@kugel

Die Abmahnung erfolgte wegen der Minusstunden.

Nur scheint es hier so zu sein, dass wohl - arbeitsrechtlich gesehen - überhaupt keine Minusstunden entstanden sind (siehe dazu meine Kommentare)!!